Arabellas Geheimnis
Gegend an der nördlichsten Grenze Englands ihnen bieten konnte.
Ein größeres Problem war es gewesen, Pflanzerde zu finden. Doch eines Nachmittags war Simon mit Picke und Schaufel aufgetaucht und hatte unter der gefrorenen Oberfläche nach Erde gegraben. Arabella hatte sich überschwänglich bei ihm bedankt. Sie war sich zwar noch immer nicht ganz sicher, was sie von dem Ritter halten sollte, nachdem sie damals mit angehört hatte, wie er ahnungslose Mädchen in sein Bett locken wollte. Simon aber versicherte ihr, er wollte sich bei ihr dafür bedanken, dass sie Maria gerettet und von ihrer Krankheit geheilt hatte. Und der zärtliche Blick des kraftvollen Ritters erschütterte Arabella dabei bis ins Mark. Was für lüsterne Absichten er einst hinsichtlich der Mädchen des böhmischen Gefolges auch gehegt haben mochte, Arabella war überzeugt, dass er diese Begierde aus Liebe und Respekt vor einer einzigen Frau aufgegeben hatte.
Diese Erkenntnis verstärkte aber noch ihre Sorge, die Ehe täte ihnen beiden, Tristan und ihr selbst, nicht gut. Tristan verdiente eine Frau, die ihn rückhaltlos liebte, etwas, was sie sich wohl nie erlauben würde, fürchtete Arabella. Jedenfalls nicht, ohne ein klein wenig Hoffnung, auch er könnte sie eines Tages lieben.
„Arabella.“
Tristans Stimme schreckte sie auf und sie ließ eine Handvoll Samen fallen, die sie in einer Reihe hatte aussäen wollen.
„Oh!“ Innerlich ärgerte sie sich über ihre Schreckhaftigkeit und wünschte, sie könnte in seiner Gegenwart ruhiger bleiben. So wie es war, musste sie sich unendlich Mühe geben, eine Kühle vorzutäuschen, die sie nicht empfand. Sicher hatte Tristan schon bemerkt, dass sie ihm gegenüber nur dann mit gelassener Distanziertheit auftreten konnte, wenn sie hellwach war. Des Nachts in ihrem Bett hatte Tristan sie einige Male geweckt, als sie gerade von ihm träumte. Dann war sie unfähig gewesen, Gleichgültigkeit vorzugeben.
„Was machst du hier?“ Wie immer in diesen Tagen zeigte er ein schroffes Benehmen, und sie sah, dass er ihre Kräuter misstrauisch betrachtete.
„Ich sähe Kräuter aus, weil meine Vorräte zur Neige gehen.“ Sie pickte sorgfältig die Samen auf und versenkte sie in regelmäßigen Abständen in der Erde.
Durch seine Schritte auf den Steinen konnte sie hören, dass er näher kam, bis er sich in den Lichtkreis auf ihrem Arbeitstisch beugte.
„Du säest? Im Winter?“ In seiner Stimme lag eine Müdigkeit, die sie zuvor nicht wahrgenommen hatte. Aber da sie andererseits damit beschäftigt war, eine gewisse Distanz ihm gegenüber zu bewahren, achtete sie auch nicht so sehr auf so etwas.
„In kalten Ländern ist das nicht unüblich.“ Ihre Großmutter hatte sie vieles gelehrt. In Böhmen war es ihnen gelungen, einige Pflanzen zu ziehen, die ursprünglich in einem viel wärmeren Klima wuchsen. Auch wenn Luria über die Erdhaufen im Haus nicht gerade begeistert gewesen war. „Ich brachte eine Menge Samen mit, denn meine Großmutter besitzt ausgedehnte Gärten mit vielen Blumen, die ich anderswo nicht so leicht finden werde. Ich muss sorgsam mit ihnen umgehen.“
Eine lange Zeit sah er ihr schweigend bei der Arbeit zu, und Arabella fragte sich, ob er nach ihr gesucht hatte, um sie in sein Bett zu holen. Wie so oft, wenn sie sich seiner Gegenwart bewusst war, begann ihre Haut zu prickeln. Mit jedem Mal, da sie ihn zu sich ließ, wurde es schwieriger, die kalte Mauer um ihr Herz aufrechtzuerhalten.
„Ich hörte, dass du in diesen Tagen viel Zeit hier verbringst.“ Er hob einen Kerzenleuchter hoch und schritt durch das Vogelhaus, schaute zum Dach empor und in die Ecken, als suchte er irgendetwas.
„Meine Tage widme ich der Verschönerung des Burgsaals und der Küche.“ Sie hatte keine Ahnung gehabt, dass es im Leben einer hochgeborenen Edeldame so viel harte, den Rücken belastende Arbeit geben würde. Doch die letzten Wochen hatten sie gelehrt, dass sie – im Vergleich zu hier – in Böhmen ein müßiges Leben geführt hatte. „Erst nach Sonnenuntergang gehe ich meinem Vergnügen nach.“
Sie warf ihm einen raschen Blick zu, still entschlossen, ihm beim kleinsten Anzeichen des Missfallens zu trotzen. Während sie ihm auf dem Weg nach Ravenmoor nicht widersprochen hatte, hielt sie es hier und jetzt für ihr gutes Recht, ihm sehr genau zu sagen, was sie von seinen Kontrollversuchen hielt.
Doch er schalt sie nicht, und Arabella stellte fest, dass ihre Pflanzen sie nicht mehr interessierten,
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