Arabische Nächte
nachdenklichen Blick auf Japonica. »Aber kommen Sie, wir betrüben die Dame mit unserem Gerede von Feind und Notlage. Es ist die Pflicht jedes wackeren Gentleman, einer lieblichen Dame zu guter Laune zu verhelfen.«
Er wandte sich an den Herren zu seiner Rechten, einen Offizier der Leichten Infanterie. »Colonel, berichten Sie mir mehr über dieses Taschenuhr genannte Ding. Ich sehe, dass in England jeder Mann, ob hoch oder niedrig, eine solche trägt. Ich möchte eine erwerben, damit ich besser beurteilen kann, wie wichtig es ist, alles, von Essen und Trinken bis zu Verabredungen, zu regulieren. Ich vermute nämlich, dass dieses strikte Einhalten von Stunden der Konstitution nicht zuträglich ist.«
Japonica fuhr fort, respektvoll zuzuhören und zu lächeln, sogar ein paar Worte beizusteuern, wenn es erforderlich war - während sie die ganze Zeit über das Gefühl hatte, als wäre das Feuer, das mehr als ein Jahr in ihr gebrannt hatte, erloschen. Kein Aufwand an Zobel oder duftender Wärme aus Kohlebecken oder sogar das wohlwollende Lächeln eines stattlichen persischen Würdenträgers konnten es wieder zum Leben erwecken.
Als nach einer Stunde ihre getrockneten und wieder präsentablen Sachen gebracht wurden, war ihre Erleichterung, der Gesellschaft des Mirza zu entfliehen, ähnlich groß wie jene, die sie empfunden hatte, als er sie einlud. Ohne diesen Besuch hätte sie immer noch nicht gewusst, wohin Devlyn verschwunden war - auch nicht, dass sie ihre Hoffnungen und Träume nun endgültig begraben konnte. Welchen Vorwand er auch für seine Abreise geliefert haben mochte, sie kannte den wahren Grund. Nun musste sie ihren neuen Plan rasch in die Tat umsetzen. Hatte sie Jamie endlich bei sich, würde der Schmerz über Devlyns Verlust erträglich sein.
Als sie wieder in die Kutsche des Mirza einstieg, musste sie sich dem Urteil des Botschafters anschließen, der England als kaltes und düsteres Land beseichnete, in dem einem nie so ganz warm werden konnte.
»Sie erwarten Sie im vorderen Salon«, meldete Bersham, als Japonica das Stadthaus betrat.
»Ich bin zu müde, um mich jetzt mit den Abbott-Schwestern zu befassen. Sagen Sie ihnen, dass ich zum Dinner herunterkomme. Dann können sie mich nach Herzenslust quälen.«
»Sie sind nicht allein«, ergänzte Bersham in einem Ton, der Japonica mit einem Fuß auf der untersten Stufe innehalten ließ. »Mr. Simmons ist bei ihnen.«
»Der Anwalt?«
»Ja, Mylady.«
»Sie haben sich etwas Neues ausgedacht, um mich in peinliche Verlegenheit zu bringen«, murmelte sie. »Also gut.«
Ohne zu zögern, betrat sie den Salon, um sich dem Feind zu stellen.
»Guten Abend, Hyacinthe. Laurel. Mr. Simmons«, begrüßte sie die drei, die momentan wie erstarrt um den Teetisch saßen. »Sollte dies ein erneuter Versuch sein, mich in einen Hinterhalt zu locken, werde ich sehr böse. Kommt also rasch zur Sache, wenn ihr müsst - ehe ich euch die Tür weise.«
Hyacinthe sprang auf und trat mit dem Ausdruck tiefer Verzweiflung auf ihrem länglichen Gesicht vor. Zu Japonicas Verwunderung rang sie sogar die Hände. »Ich ... wir haben dir etwas zu sagen. Laurel hat etwas ... Schreckliches getan.«
Interessant, dachte Japonica flüchtig, dass Verzweiflung Hyacinthes herbe Züge fast Mitleid erregend aussehen ließ.
»Ich wusste nichts davon und hätte Laurel daran gehindert. Trotz unserer - meiner früheren Feindseligkeit bitte ich dich, mir zu glauben ... dass ich sie davon abgehalten hätte.«
»Das bezweifle ich«, sagte Japonica mit einiger Schärfe. »Was lastet man mir jetzt an? Dass ich das Haushaltsgeld für Juwelen ausgebe?«
Hyacinthe warf einen Blick über die Schulter, ehe sie fortfuhr: »Wir haben Grund zu der Annahme, das heißt, Laurel hatte Grund zu der Annahme ... besser gesagt, sie hat einen deiner Briefe entwendet ...«
»Bismallah!« Japonicas spontaner Ausruf ließ Hyacinthe zwei Schritte zurückweichen.
»Gestatten Sie!« Mr. Simmons kam näher, errötend, während Hyacinthe aschfahl war. »Würden Sie so gut sein, sich zu setzen und mir zuzuhören, Lady Abbott.«
»Sie werden nicht lange genug bleiben, als dass ich es mir bequem machen müsste.« Japonicas Blick glitt an ihm vorüber zu Laurel, die wie eine dicke Medusa, in der Erwartung zu versteinern, dasaß. Das Mädchen hatte keine Ahnung, dass Japonica nach all den schockierenden Erkenntnissen des Tages nun gegen ihre boshaften Winkelzüge immun war.
»Also«, setzte Mr. Simmons von neuem an. »Wenn
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