Arabische Nächte
wahr ist ...«
»Einen Sohn namens Jamie«, bekräftigte Laurel. »In einem der Briefe, die sie bekam, las ich alles über ihn. Er ist knapp ein halbes Jahr alt und lebt mit seiner Kinderfrau in Portugal. Ich hatte ihre Post abgefangen.«
Verzagt schloss Hyacinthe die Augen und ließ den Kopf gegen die Wagenwand sinken. »Das bedeutet das Ende von allem!«
»Es bedeutet das Ende für sie. « Laurel lächelte wieder voller Selbstzufriedenheit. »Stell dir vor, wenn es überall bekannt wird: Die Dowager Viscountess Shrewsbury hat einen Bastard geboren.«
»Aber dann ...« Hyacinthe schnappte nach Luft. »Wir haben einen Bruder!«
»Unsinn. Das Kind muss einer schmutzigen Verbindung entsprossen sein. Wahrscheinlich ist es halb persisch. Ich habe an Mr. Simmons geschrieben, er solle uns Beweise verschaffen.«
Hyacinthe schlug die Augen wieder auf und starrte ihre Schwester böse an. »Du dummes Ding! Bist du so schwer von Begriff? Wenn sie einen Sohn gebar - ein halbes Jahr soll er alt sein? Damit müsste er genau neun Monate nach der Hochzeit zur Welt gekommen sein und könnte mit Fug und Recht das Shrewsbury-Erbe antreten.«
Laureis Lächeln gefror, als ihr die volle Bedeutung dieser Feststellung aufging. »Das kann nicht sein! Wenn sie den Titel wollte, hätte sie nur mit dem Kind an der Brust in London aufzutauchen brauchen.«
»Sie wird ihre Gründe haben, ihn zu verstecken«, murmelte Hyacinthe.
»Das sagte ich doch! Er ist ein Bastard. Wenn wir sie also bloßstellen ...«
»Halt den Mund, Laurel! Wir müssen den Nachforschungen ein Ende machen, ehe sie uns völlig entgleiten. Wen hast du noch eingeweiht?«
»Niemanden.« Laurel war so beschämt wie jemand, der einen Scherz macht und entdecken muss, dass er sich gegen ihn selbst richtet. »Ach, es könnte sein, dass ich es in einem Schreiben an Lord Shrewsbury flüchtig erwähnte.«
»Was?«, kreischte Hyacinthe, sich halb von ihrem Sitz erhebend. »Er ist derjenige, der am meisten zu verlieren hätte - und dem an einer öffentlichen Bloßstellung unserer Stiefmama als Ehebrecherin mit einem Bastard gelegen sein könnte. Alle Achtung, Schwesterherz! Du bist das Häkchen, an dem unser endgültiger Ruin hängt!«
Laurel, die das Gefühl hatte, Hornissen würden aus allen Richtungen auf sie einstechen, plusterte sich auf und begegnete dem wütenden Blick ihrer Schwester mit derselben Feindseligkeit. »So also lohnst du meine Bemühungen! Sehr schön, muss ich sagen. Nie hätte ich gedacht, meine eigenen Schwestern würden sich gegen mich wenden. Schließlich habe ich es für uns getan. Hättest du es nicht auf diesen Fernlow abgesehen, wärest du zugegen gewesen und hättest erlebt, wie sie auf unsere Kosten um Gunst buhlte. Ja, jetzt sehe ich es ganz klar! Ich bin die Einzige, die es kümmert, was aus der Familie wird!«
Der Knall, der zu hören war, als Hyacinthes Handfläche die Wange ihrer Schwester traf, weckte die Aufmerksamkeit von Postillion und Kutscher; beide glaubten aber, sich in der Richtung des Geräusches geirrt zu haben. Schließlich waren es zwei Damen, die sie durch die Straßen von Mayfair kutschierten.
Japonica war dankbar für die persische Sitte des Kaffeetrinkens, da sie ihr wärmender und anregender erschien als der übliche englische Tee. Durchnässt von den großen Schneeflocken und dem Wasser der eisigen Pfützen, das ihre Lederschuhe durchdrang, war sie den Tränen nahe gewesen, als eine fremde Kutsche in Pall Mall neben ihr anhielt. Ihre Insassen, der Mirza Hassan und Sir Ouseley, luden sie großzügig ein, mitzufahren.
Sie konnte sich nicht genau erinnern, wie sie es begründete, dass man sie von der Straße auflas. Irgendetwas hatte sie von Einkaufsbummel und Verlaufen gemurmelt; doch waren ihre Retter so entsetzt über ihren erfrorenen Zustand, dass sie ihre Erklärungen als unwichtig übergingen und sie in Sir Ouseleys Mantel und die Zobelreisedecke des Mirza hüllten.
Galant boten sie ihr an, einen Umweg zu machen und sie nach Hause zu bringen - schlugen dann aber vor, erst zur Residenz des Mirza zu fahren, da diese näher gelegen war und Japonica sich dringend aufwärmen musste. Dankbar nahm sie an. Im Stadthaus der Shrewsburys erwarteten sie nur ihre Stieftöchter, denen sie im Moment nicht gegenübertreten wollte. Im Domizil des Mirza angelangt, wurden ihr Mantel, Hut und Schuhe abgenommen, damit die Dienerschaft sie reinigte beziehungsweise trocknete.
Als sie sich im Salon behaglich auf den Kissen, die der Mirza
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