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Arabische Nächte

Arabische Nächte

Titel: Arabische Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Parker
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allerdings auch nicht den Mut, in seinen Aufenthaltsraum zurückzukehren.
    Auch die Shrewsbury— Schwestern schienen von dem Hausherrn beeindruckt. Seine unsichtbare, aber einschüchternde Anwesenheit bewirkte eine merkliche Abnahme ihrer Streitigkeiten. Leider frönten sie, befreit von Lord Sinclairs Nähe, heute wieder alten Gewohnheiten.
    »Was meinen Sie, M-Miss?« Peony hatte sich entschlossen, ihre Stiefmama >Miss< zu nennen, während ihre Schwestern ihr aus dem Weg gingen, um eine Anrede zu vermeiden. Das Kind wirbelte vor ihr um die eigene Achse und führte ihr hellrosa Kleid vor, dessen hohe Taille von einem blauen Band betont wurde.
    »Es steht dir«, sagte Japonica. »Aber du musst dir den Hals waschen, ehe du es anziehst.«
    »Ja, aus deinen Ohren wachsen Rüben und auf deinen Locken tanzen Läuse«, zog Cynara sie auf.
    »Ist n-nicht wahr!« Peonys Unterlippe fing zu zittern an. »Wenigstens habe ich nicht P-pickel groß wie Beulen im ganzen Gesicht.«
    »Fratz!«
    »Rosinenvisage!«
    »Mädchen!«, rief Japonica scharf aus. Sie legte eine Hand an die Stirn, da ihr Kopf plötzlich dröhnte. Zwar hatte sie geschworen, sich nicht in das Leben der Schwestern einzumischen, egal was diese sagten oder taten. Aber zwei Stunden Einkäufe mit ihnen weckten in ihr den Wunsch, sie wäre zu Hause geblieben zum Teppichklopfen. »Es wird allmählich Zeit für uns!«
    Madame Soti, in deren Laden sie sich befanden, wählte diesen Moment, um dieses unglückliche Bild aristokratischen Familienlebens zu stören. »Je suisprete! Das Beste habe ich mir für den Schluss aufgespart.« Sie klatschte in die Hände und zwei Näherinnen erschienen aus der hinter einem Vorhang verborgenen Werkstätte mit einem Ballkleid. »Enfin! Meine neueste Kreation!«
    Es war ein Kleid aus indischem Musselin, so seidenfein, dass es im Luftzug schwang, als es hochgehalten wurde, damit der Schnitt zur Geltung kam. Goldspitze schmückte das tief dekolletierte Oberteil und die kurzen Ärmel des Kleides, das eine hohe Taille hatte. Den Rock, der mit Goldflitter in Form von winzigen Zweigen besetzt war, zierte eine klassisch gemusterte Goldborte. Ein weißes Band betonte den Saum. Festlicher Glanzpunkt war eine breite, an den Schultern befestigte Schleppe. »Ach, genau das stellte ich mir vor!«, rief Laurel aus und griff danach.
    »Das wäre vielleicht un peu vieux für Mademoiselle Abbott«, deutete die Modistin mit einem leichten Lächeln an.
    »Sie meint, dass du zu fett dafür bist«, warf Cynara ein.
    »Vogelscheuche«, fauchte Laurel zurück.
    Hyacinthe schniefte ungeduldig. »Madame Soti meint damit, dass das Kleid nur einer reiferen Dame steht.«
    »Es ist für die verheiratete Lady.« Die Modistin sah Japonica mit wissendem Blick an. » Cela fait beaucoup, mais non ?«
    Widerstrebend ließ Laurel das Kleid los.
    Die dunklen Augen der Modistin richteten sich wieder auf die neue Viscountess. Sie hatte von der kompletten mesalliance zwischen der Bürgerlichen aus den Kolonien und dem alten Viscount Shrewsbury munkeln gehört; bisher aber hatte noch keine ihrer vornehmen Kundinnen die Braut zu Gesicht bekommen. Was für ein Glück, dass die Viscountess ausgerechnet ihren Laden für ihre Einkäufe gewählt hatte. Das bedeutete nicht nur ein hübsches Sümmchen für die Garderobe von sechs Weiblichkeiten - sondern zusätzliche Kundschaft, wenn es sich herumsprach, dass sie die geheimnisvolle Fremde bedient hatte. Sämtliche Klatschbasen Londons würden den Weg zu ihr finden, um interessante Einzelheiten von ihr zu erfahren. Aber zuerst musste sie auf ihre neue Klientin gebührend Eindruck machen, damit die Geschäftsverbindung sich günstig entwickelte.
    Obwohl die neue Viscountess völlig unmodisch in braunen Serge gekleidet war und ihr Haar jeder Beschreibung spottete, besaß sie das Auftreten einer Dame und bewegte sich mit einer gewissen Noblesse. Man musste dies alles nur zur Geltung bringen. Sie schwang das Kleid vor Japonica hin und her. »Ist es nicht schön? So elegant! Und nur für eine vollendete Figur gedacht. Vielleicht möchte Lady Abbott es uns vorführen?«
    »Ich?«, meinte Japonica ein wenig erstaunt. »Nein, nein, ich habe keine Verwendung für ein Abendkleid!«
    Die Modistin lüftete eine Braue. »Keine Verwendung? Aber die Saison steht vor der Tür. Sie werden ein halbes Dutzend Kleider dieser Art in vierzehn Tagen brauchen.«
    »Ich werde nicht ... ich werde nicht viel ausgehen«, schloss Japonica errötend. Fast hätte sie

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