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Arabische Nächte

Arabische Nächte

Titel: Arabische Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Parker
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zugleich.
    Während sie ihre neueste Kundin bearbeitete, überlegte Madame Soti schon, wie sie ihr Urteil für bestimmte bevorzugte Klientel formulieren sollte, die in den nächsten Tagen ihren Salon aufsuchen würden. >Die Viscountess ist wie geschaffen für meine Kreationen. Zierlich, aber mit schönen Schultern und einem Busen, wie jedes junge Mädchen ihn vom Himmel erfleht. Unter meinen Händen blüht sie auf! Sie erblüht wahrhaftig! So jung und schon Witwe! Man kann sich freilich denken, dass diese tragische Situation nur eine Episode bleiben wird. Denn wer könnte diesen roten Locken widerstehen?<
    Schließlich trat sie befriedigt zurück. »Voliä! Jetzt sind Sie fertig.«
    Als Japonica den Verkaufsraum betrat, waren alle Blicke auf sie gerichtet.
    »Donnerwetter!« Ein Herr, der in einer Ecke gesessen hatte, sprang auf.
    Damen, die sich nach geeigneten Objekten umschauten, blickten in ihre Richtung, und es blieb ihnen der Mund offen vor Staunen.
    »Ach, bist du hübsch!«, rief Alyssum aus, als hätte sie Japonica noch nie gesehen.
    »Perfekt, Madam«, sagte d i e Modistin hinter ihr. In jeder Äußerung schien ein Kompliment mitzuschwingen.
    Vor Verlegenheit errötend drehte Japonica sich um und erhaschte einen Blick auf ihr Spiegelbild. Sie trat näher und starrte das an, was eine Geistererscheinung sein musste - dies konnte unmöglich sie sein! Und doch waren es ihr Gesicht und ihre Haare, die sich unter den geschickten Händen einer Expertin verändert hatten. Zum ersten Mal im Leben sah sie aus, wie sie es nie für möglich gehalten hätte. Sie war schön!
    Peony trat zu ihr. Ihre Augen glänzten, als hätte sie eine Vision vor sich. »Ach, Miss, Sie sind die schönste Dame in ganz London.«
    »Nun, so weit würde ich nicht gehen.« Laurel hatte erwartet, das exquisite Kleid würde die Heuchlerin in ihrer Mitte entlarven; doch bewirkte es eine unerklärliche Verwandlung und machte Japonica Abbott umwerfend attraktiv. War es die Farbe oder das raffiniert geschnittene Oberteil, das ihrem Busen unerwartete Wölbungen verlieh, oder ihre Frisur, die das herrliche Rot des Haares hervorhob? Da sie es nicht beurteilen konnte, war sie umso ärgerlicher. »Nun, für eine Bürgerliche ist das Ergebnis recht nett...«
    »Sie sieht aus wie eine M-märchenprinzessin!«, rief Peony.
    Cynara und Alyssum nickten zustimmend. Nur Hyacinthe schnaubte und blickte weg, sichtlich verstimmt wie Laurel.
    »Ich werde es für die Viscountess einpacken lassen«, sagte die Modistin.
    »Ja, ich nehme es«, hörte Japonica sich sagen, während sie noch eine Sekunde zuvor das Kleid ablehnen wollte.
    »Du hast doch gar keine Gelegenheit, es zu tragen«, bemerkte Laurel spitz.
    »Vielleicht nicht - aber man fühlt sich besser, wenn man weiß, dass etwas im Schrank hängt«, gab Japonica zur Antwort. »Nun, was habt ihr euch ausgesucht?«
    »Meinst du, es sind noch ein paar Pennys übrig, die man für uns ausgeben könnte?« Hyacinthes Stimme schallte durch den ganzen Verkaufsraum. »Offensichtlich verbrauchst du unser Geld für dich selbst.«
    Diese Beleidigung entlockte der unerschütterlichen Madame Soti ein leises Luftschnappen.
    »Krämergör!«, flüsterte Laurel, sich nahe zu Japonica beugend.
    Als sie sich umdrehte, erwischte Japonica Laureis Ellbogen. »Du kannst von mir denken, was du willst. Aber solltest du jemals wieder ein Wort gegen meine Herkunft äußern, erntest du von mir eine saftige Ohrfeige!« Ihr schriller Ton erschreckte sie, doch es reichte ihr allmählich.
    »Also«, sagte sie und trat einen drohenden Schritt auf die größere Hyacinthe zu. »Du wirst dich entschuldigen.«
    Hyacinthe plusterte sich auf, ihre Nasenflügel bebten. »Ich werde mich niemals bei dir entschuldigen.«
    »Dann wirst du zu Hause sofort auf dein Zimmer gehen und dort bleiben, bis dein Anstand dich dazu bringt, dich herzlich zu schämen.«
    Die Wangen der jungen Dame standen in Flammen, doch hielt sie den Mund.
    Keine gab einen Mucks von sich; aber Japonica bebte vor Wut, als sie wieder in den Probierraum ging.
    Als die Modistin ihr das Kleid über die Schultern streifte, begegnete sie Japonicas stummer Miene. »Die Viscountess hat das Aussehen eines Lammes und das Herz einer Löwin. Bravo, Madam!«
    Wenig später traten die Shr ewsbury-Blumen und ihre Stiefma ma hinaus auf die Bond Street und in den Regen, während ihre Einkäufe auf der Kalesche festgeschnallt wurden.
    Japonica trug bereits einen neuen Reisemantel aus grünem Sarsenett.

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