Arabische Nächte
Madame Soti hatte darauf bestanden, da niemand sie den Laden in einem simplen tabakbraunen Laufkleid verlassen sehen sollte. Die Farbe, ein gewagter Ton für eine Rothaarige, wie Laurel bemerkte, machte sie trotz des elenden Wetters glücklich.
Als sie in die Kalesche stieg, hörte sie von weitem Rufe einer Menschenmenge. Neugierig fragte sie den Postillion: »Was ist hier los?«
Erstaunt, dass sie ihn angesprochen hatte, beeilte der junge Mann sich zu antworten: »Der persische Botschafter befindet sich in London, Mylady. Er erregt Aufsehen in der ganzen Stadt.«
Kaum hatte er geendet, brandete Jubel auf, und alle blickten zum Ende der Straße. Japonica hatte zwar in der Times von der Ankunft des persischen Botschafters gelesen, bis jetzt aber nicht mehr daran gedacht. Heimweh erfasste sie. Zu schade, dass sie ihm keinen Besuch abstatten konnte.
»Sieht aus, als würde die Menge in diese Richtung strömen, Mylady. Wir sollten ihr zuvorkommen«, riet der Mann.
»Ich möchte den P-perser sehen«, bettelte Peony. »Bitte, könnten wir nicht auf die P-prozession warten?«
»Eigentlich schon«, sagte Japonica, wiewohl nicht besonders erbaut, im Regen stehen zu müssen, nachdem sie sich erst vor kurzem von ihrer Halsentzündung erholt hatte. »Ich warte im Wagen am Ende der Straße.« Sie stieg ein und gab dem Kutscher das Zeichen loszufahren.
Als die Kalesche sich in Bewegung setzte, sah sie, dass ihre Schutzbefohlenen in die Richtung der jubelnden Menge eilten.
Der Kutscher bog von der Oxford Street in die stille Mansfield Street in Marylebone ein, wo sie sich in Geduld üben wollte, bis die Prozession vorüber war. Stattdessen aber wurde der Lärm der Menge immer lauter, sodass ihre Neugierde sie bewog, das Wagenfenster hinunterzuschieben und hinauszuspähen.
Eine Reisekutsche fuhr in flottem Tempo vorüber. Das reich verzierte Fahrgestell und die Räder waren vom Schmutz einer langen Fahrt bespritzt. Auf halber Höhe der Straße blieb die Kutsche vor einem schönen, unverkennbar von dem berühmten Architekten Adam erbauten Haus stehen. Zweifellos in Erwartung seiner Ankunft sprangen Diener die Stufen des von weißen Säulen getragenen Portikus herunter, um die eintreffenden Gäste mit Schirmen zu empfangen.
Als der Wagenschlag geöffnet wurde, sah sie einen stattlichen, noch jugendlichen Mann aussteigen, ein auffallender Perser - sehr groß, mit einem Brokatturban auf dem langen, schwarzen und gelockten Haar, das ebenso üppig war wie sein dichter Bart. Seine farbig bestickten Gewänder hätten an Pracht jeden Pfau in den Schatten gestellt. Einen Mann wie ihn hatte sie noch nie gesehen - auch in Bushire nicht, da Frauen der Zutritt zum persischen Hof verwehrt war. Von den Palästen des Schah wusste sie nur aus Erzählungen ihres Vaters. Der Mirza passte in diese Geschichten wie eine Figur aus Tausendundeiner Nacht.
Wie auf ein Stichwort entdeckte sie die Menge, die von dort, woher die Reisekutsche gekommen war, nachdrängte. Die Menschen jubelten dem Botschafter wie einem Kriegshelden oder einem Mitglied der königlichen Familie zu. Fähnchen tauchten wie von Zauberhand auf, Taschentücher und andere Textilien, an Stöcke und Stäbe gebunden, wurden über den Köpfen geschwenkt.
Japonica studierte die Begleiter, die ausstiegen, und suchte nach einem Gesicht aus Bushire, konnte aber keinen der Offiziere erkennen. Zwei waren sehr jung. Die anderen trugen die Uniformen der Königlichen Leibgarde. Außerdem gab es nicht uniformierte Fremde im Gefolge. Bis auf den Mirza schienen alle über den Empfang erfreut. Er stand ein paar Augenblicke steif da, ehe er sich ins Haus geleiten ließ.
Schließlich fiel ihr ein großer, hagerer Mann mit schwarzem Haar und Falkenblick auf, der die Zaungäste nicht aus den Augen ließ. Im letzten Moment kapitulierten ihre Nerven, und als sein Blick in ihre Nähe glitt, schob sie den Vorhang vor das Kutschenfenster.
Lord Sinclair war also wohlauf und befand sich in Gesellschaft Abul Hassan Khans. Sie hatte sich nicht geirrt hinsichtlich des Hind Div.
Als sie bebend einatmete, wurde ihr klar, dass sie den ersten Schritt tun musste. Dieses Spiel mit den Nerven, falls es das war, was Lord Sinclair trieb, hatte ihre Ruhe so nachhaltig gestört, dass sie im Dunkeln Angst hatte und bei jedem Geräusch zusammenfuhr. Sogar sie konnte Furcht nicht unbegrenzt ertragen. Also gut, sie würde es mit dem Löwen in seiner Höhle aufnehmen. Sollte sie gefressen und ausgespuckt werden, war es
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