ARALORN - Der Verrat (German Edition)
anstelle meines eigenen.«
»Aha«, sagte Wolf. »Danke.«
Kisrah nickte und wandte sich zum Gehen. Alles an ihm deutete auf einen Mann, der sich auf der Flucht befand.
»Uriah«, sagte der Bussard, nachdem Kisrah fort war. Er war auf einem Spalier gelandet, an dem im Sommer die Kletterrosen rankten. »Menschliche Opfer. Allmählich fange ich an zu glauben, was du mir heute Morgen gesagt hast, Aralorn. Vielleicht hab ich die Menschenmagier ja doch unterschätzt.« Er starrte ausdruckslos auf Wolf herab.
»Woher wusstest du, was die Uriah sind?«, fragte Aralorn.
»Menschenmagier sind gut darin, das Natürliche unnatürlich zu verdrehen«, sagte Halven. »Ein Gestaltwandler braucht einen Uriah nur anzusehen, um die wahre Natur zu erfassen, die der Menschenmagier pervertiert hat. Nur ein Menschenmagier könnte so blind sein, sein eigenes Werk nicht zu erkennen. Warum hast du ihm nicht gesagt, dass er dir deine Aufgabe noch schwieriger gemacht hat?«
»Mir wäre es lieber, das Geheimnis ihrer Erschaffung wäre mit meinem Vater gestorben«, sagte Wolf. »Ich schätze, Kisrah wäre nichts als abgestoßen – aber er könnte anderen davon erzählen oder gar etwas darüber niederschreiben.«
»Ah«, sagte Halven. »Manchmal ist es gut, dass die Menschenmagier so blind sind und so manches Wissen verloren geht. Aber Kisrahs Ignoranz hat dir Ärger bereitet.« Halven seufzte. »Ich helfe dir besser, deine Magie zu kontrollieren, Neffe. Viele deiner Zauber erfordern Gleichgewicht – wovon Kisrah ein bisschen besitzt, du aber verschwindend wenig. Gerem hat gar keines und Nevyn sogar noch weniger als das.«
»Er ist in schlechterer Verfassung als ich?«, fragte Wolf. Er klang überrascht, doch Aralorn vermutete, es lag daran, dass Halven ihn »Neffe« genannt hatte.
Halven lachte. »Nevyn wurde gebrochen und aufs Schändlichste verbogen. Dein Geist ist stark wie eine Eiche, Wolf-Zauberer. Vielleicht ein wenig erschüttert, aber solange du ihn nicht in die falsche Richtung lenkst, wird alles in Ordnung sein.« Er wandte sich zu Aralorn um. »Etwas hat sich seit deiner Heirat geändert. Du hattest wohl recht.«
»Sie hatte recht womit?«, fragte Wolf.
»Du hältst dich da raus, Onkel«, schnappt Aralorn. »Wolf, können wir später darüber reden?«
Sie hätte schwören können, dass sie in seinen Augen ein verschmitztes Funkeln wahrgenommen hatte, aber als sie genauer hinsah, war es verschwunden. Was konnte ihn bloß so amüsiert haben?
»Wie du wünschst«, sagte Wolf.
»An der Natur des Opfers kann ich nichts ändern«, sagte Halven. »Und ich kann nichts an Nevyn ändern. Aber ich denke, ich kann dir mit dem Magie-Problem helfen. Aralorn, hast du ihm nicht beigebracht, sich zu zentrieren?«
»Ich kann mich selbst nicht zentrieren«, erwiderte sie gereizt. »Wie sollte ich’s da jemand anderem beibringen? Darüber hinaus ist das sich Sammeln mehr eine Übung in …« Sie brach ab, als ihr klar wurde, was sie im Begriff gewesen war, zu sagen.
»Kontrolle.« Die Stimme ihres Onkels klang ein wenig selbstgefällig. »Wird Zeit, dass wir uns ein warmes, verschwiegenes Eckchen suchen.«
»Wir können auf meinem Zimmer arbeiten«, schlug Aralorn vor. »Dort ist es sowohl warm als auch abgeschieden.«
»Dann treffen wir uns dort«, sagte der Bussard und flog davon.
»Wolf«, sagte Aralorn, als ihr Onkel fort war.
»Ja?«
»Du hast doch keine schwarze Magie mehr gewirkt, seit du die Burg deines Vaters verlassen hattest, oder?«
»Nein.«
Aralorn wandte ihr Gesicht der Sonne zu, fühlte jedoch auf ihrer Haut keine Wärme. »Ich weiß nicht viel über Menschenmagie, aber ich weiß, dass das Gute nur selten aus dem Schlechten erwächst. Ich möchte nicht, dass dir irgendwas geschieht bei dem Versuch, meinen Vater zu retten.«
»Aralorn«, sagte Wolf, »du machst dir zu viele Sorgen. Ich habe durchaus Erfahrung mit dieser Art von Magie.«
»Aber du hast sie seither nicht mehr gewirkt. Bis heute.« Mit der Spitze ihres Stiefels drehte sie einen Stein um und trat ihn dann in den tiefen Schnee.
»Das ist nicht dein Werk, Aralorn. Es ist die Tat meines Vaters.«
»Würdest du schwarze Magie wirken, wenn es nicht mein Vater wäre?«, wollte sie wissen.
»Wäre er denn überhaupt verzaubert worden, wäre er nicht dein Vater?«, fragte er zurück. »Wir sollten deinen Onkel nicht warten lassen. Alles wird gut, Aralorn.«
Wolf ist der einzige Experte, den ich habe, dachte sie. Wenn er sagt, es bestehe für ihn keine
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