ARALORN - Der Verrat (German Edition)
Halven gebeten hatte, so viel zu riskieren.
»Er sagt, er hätte mit Vaters augenblicklichem Problem nichts zu tun. Seine Hilfe bei der Züchtung des Roggenfuches ist hier im Dorf offenbar auf wenig Zustimmung gestoßen. Dem Verhalten von Tante Kessenih nach scheint sich die Lage jedenfalls so sehr zugespitzt zu haben, dass die Menschen davon wissen sollten. Es könnte sein, dass sie sogar bereit wären zu töten, um einen Bund mit den Menschen zu verhindern.« Aralorn setzte ihr liebreizendstes Lächeln auf. »Es wäre fatal, wenn die Gestaltwandler an dieser Sache beteiligt wären. Falls die Menschen hier zu der Überzeugung gelangen sollten, dass der Zustand meines Vaters das Werk der Gestaltwandler war, bedeutet das Krieg.«
»Wir müssen dafür sorgen, dass das nicht passiert.« Er machte eine Pause. »Falls nötig, liefern wir ihnen einen Sündenbock. Ich wüsste da auch schon einen.«
Sie sah ihn einen Augenblick an. Dann sagte sie scharf: »O nein, das wirst du nicht tun. Dein Ruf ist auch so schon nicht der beste. Ich halte es für ratsam, wenn der ruchlose Sohn des verblichenen ae’Magi nach dem Tod seines Vaters erst mal eine Weile aus dem Blickfeld verschwindet.«
Sie setzte sich in Richtung des Wasserfalls in Bewegung. »Vielleicht kann mein Onkel ja irgendwas gegen die Kreatur, die den Löwen bewacht, unternehmen. Er ist wesentlich älter, als er aussieht – und mächtig. Zumindest sollte er uns sagen können, was dieses Schattending eigentlich ist.«
Hinter dem Wasserfall schaute Wolf sich noch ein letztes Mal um. Verblüfft blieb er stehen und stellte die Ohren auf. Aralorn folgte seinem Blick und sah, dass die ebene Schneefläche so glatt und unberührt dalag, als hätten sie sie nie überquert.
»So ist es immer«, raunte Aralorn. »Es gibt nie irgendwelche Spuren – nicht mal von Wildtieren. Ich hab keine Ahnung, warum die Steine sich die zusätzliche Mühe machen, wo doch sowieso niemand herkommen kann, ohne erst das Labyrinth zu passieren. Allerdings sind sie uralt und haben wahrscheinlich ihre eigenen Vorstellungen davon, was der Mühe wert ist und was nicht.«
Sie gingen weiter bis zu der Stelle, an der sie die Grotte betreten hatten und wo das Dickicht lichter geworden war. Den Hohlweg hinauf war es noch beschwerlicher als hinunter – zumindest war Aralorn beim Abstieg, wenn sie den Halt verloren hatte, in die richtige Richtung geschlittert. Da war es auch wenig tröstlich, dass Wolf nicht die geringsten Schwierigkeiten hatte, da er die meiste Zeit auf sie warten musste, während sie sich durchs Unterholz kämpfte.
Schließlich kamen sie an einem flachen Wiesengrund heraus. Graziös durchstießen vereinzelte Grashalme den Schnee rings um die fünfzehn mannshohen, im Kreis angeordneten grauen Monolithen. Nichts ähnelte auch nur annähernd dem Ort, an dem sie ihren Abstieg vor einigen Stunden begonnen hatten.
»Hier stehen die Labyrinthsteine auf dieser Seite des Labyrinths«, erklärte Aralorn. »Möchtest du sie dir näher ansehen?«
Ohne etwas zu erwidern trat Wolf in den Kreis.
»Man sagt, dass jeder der Steine einmal ein Gestaltwandler war. Sie gaben ihr Leben hin, um die Letzten ihres Volkes zu beschützen«, sagte sie.
Hoch über ihnen schrie ein Rotschwanzbussard.
Aralorn schaute hinauf in den Himmel. »Da, mein Onkel. Wir sollten uns besser auf den Weg machen.«
»Du weißt, wo wir sind?«, fragte Wolf. Nach einem letzten nachdenklichen Blick verließ er den Kreis wieder.
Sie schüttelte den Kopf. »Nachdem wir den Mittelpunkt der Labyrinthsteine überschritten haben, bildet sich außerhalb des Kreises eine Barriere. Die müssen wir überwinden. Hier ist sie, spürst du sie?«
Ein kurzes Frösteln durchfuhr den Wolf, als er weiterging, um die Schwelle zu durchschreiten. Rasch krallte Aralorn eine Hand in seinen Pelz und hängte sich an ihn dran.
»’tschuldigung«, sagte sie und ließ sein Fell wieder los. »Wenn wir getrennt durchgehen, kommen wir an zwei verschiedenen Orten wieder heraus.«
»Ach ja?« Wolf blieb stehen und schaute sich um. Hinter ihnen befand sich weder eine Lichtung noch ein Kreis aus monolithischen Steinen, nur dichter Wald. »Ein Teleportationszauber? Hat sich gar nicht so angefühlt.«
Stirnrunzelnd strich Aralorn das Fell glatt, das sie auf seinem Rücken zerzaust hatte. »Ich hab keine Ahnung, wie ähnlich es deinem Teleportationszauber ist. Mit grüner Magie ist es möglich, von einem magiereichen Ort zum anderen … Pfade zu
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