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Arams Sündenbabel

Arams Sündenbabel

Titel: Arams Sündenbabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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nicht!
    Ich hatte es mir gedacht. Jetzt erst stellte ich es hundertprozentig fest. Kein Hauch floss gegen mein Gesicht. Weder warm noch kalt. Ich hielt mit den Armen eine Tote umschlungen. An ihrem Rücken drückten meine Hände gegen die Haut, die zwar fest und trotzdem weich war. Sie hatte auch eine andere Temperatur. Ich wollte sie nicht unbedingt als totenkalt bezeichnen, aber weit davon entfernt war es nicht.
    Ich spürte, wie sie ihren Körper und dabei vor allem die Brüste an mir bewegte. Die Kunst der Verführung zeigte allerdings keine Wirkung, weil etwas anderes eintrat.
    Die Nackte hatte sich zu hart gegen mich gepresst. Sie hatte dabei den Gegendruck mitbekommen, aber nicht allein durch mich, sondern durch das, was vor meiner Brust hing.
    Es war das Kreuz!
    Ihr Gesicht verzerrte sich. Das Zucken konnte nicht normal sein. Es erfasste zuerst ihre Lippen, danach die Wangen, und plötzlich drang ein widerlicher Geruch in meine Nase.
    Es roch nach verbranntem Fleisch, und das Gesicht der Nackten veränderte sich. Von den Augen herab graute die Haut ein. Zuerst sah es aus, als hätte sie Falten geworfen, dann, als ich genauer hinblickte, entdeckte ich, dass sie sich aufribbelte und ungefähr die gleiche Farbe erhielt wie die Lippen.
    Ich schüttelte mich. Die Haut sackte in Streifen nach unten. Ich hob das rechte Bein an und drückte den Körper mit einem Kniestoß zurück. Hände rutschten von mir ab. Die Arme schlenkerten vor und zurück, und auch ihre Haut hatte sich verändert. Sie fiel ab. Aber ich sah kein Blut. Die Frau, die jetzt die Wand erreicht hatte und dort zusammengesackt war, verfaulte vor meinen Augen.
    Sie glich dabei fast einem alten Vampir, aber sie zerfiel nicht zu Staub. Nur die grau und schwarz gewordene Haut sackte in Streifen nach unten. Aus ihrem Gesicht war ein hässliches Gebilde aus altem Fleisch und Knochen geworden. Letztere hatten ebenfalls einen grauen Farbton angenommen.
    Es war das Ende ihrer Existenz.
    Als ich sie als halb verweste Leiche auf dem Boden hocken sah, konnte ich mir kaum vorstellen, als was sie mir noch vor zwei Minuten gegenübergestanden hatte. Der Kontakt mit dem Kreuz musste sie zu dem gemacht haben, was man als eine lebende Tote oder einen Zombie betrachtete. Obwohl es dort auch verschiedene Variationen gab.
    Der eklige Geruch schwebte noch immer durch die Etage. Parfümduft durchweht von einer alten Fäulnis.
    Ich trat an sie heran. Das Haar hatte seine Farbe ebenfalls verloren. Ich griff in die grau gewordene Wolle und brauchte so gut wie nicht zu ziehen, um einige dieser Strähnen in der Hand zu halten. Wie Würmer quollen sie zwischen meinen Fingern durch.
    Sie fiel nicht hin. Ich ließ sie auch sitzen. Ein erstickt klingender Laut sorgte dafür, dass ich mich drehte. Gegenüber wurde eine Tür vorsichtig weiter aufgezogen. Ich sah nicht mehr nur das Gesicht des Aram de Fries, sondern seine gesamte Gestalt. Er traute sich noch nicht, über die Schwelle zu treten. Starr blieb er stehen. Schließlich schüttelte er den Kopf. Den Mund konnte er nicht mehr schließen, und der Atem drang stoßweise hervor.
    »Ich habe alles gesehen. Es war so schlimm. Ich... ich... hätte das niemals geschafft.«
    »Das glaube ich Ihnen.«
    Aram starrte den Rest an. Er trat noch nicht über die Schwelle. Er wollte mir noch etwas sagen und brachte die Worte nur stockend hervor.
    »Sie hat auch gesprochen. Nur einen Satz. Den von der Sünde. Da hörte ich auch ihre Stimme...«
    »Und weiter?«
    Für einen Moment schloß er die Augen, als müsste er noch darüber nachdenken. »Sie war so fremd. Trotzdem habe ich sie gekannt. Das ist der Wahnsinn, aber ich kannte sie. Verstehen Sie das?«
    »Nein...«
    »Ha.« Aram wischte über seinen Mund hinweg. »Das... das... ist auch kaum zu glauben. Ich kannte die Stimme, denn ich habe sie schon einmal in meinen Träumen gehört. Ja, Mr. Sinclair!« Er starrte mich an. Ich erkannte, dass er noch immer unter seiner Angst litt. »In meinen Träumen. Da hörte ich die Stimmen. Sie flüsterten, sie nahmen Kontakt zu mir auf. Sie waren einfach immer da, und auch ihre Stimme war dabei. Da bin ich ganz sicher.«
    So deutlich hatte er sich mir gegenüber noch nicht geöffnet. Es konnte sein, dass ich jetzt einen Schritt weiter kam. »Waren es viele Stimmen?«, fragte ich leise.
    »Manchmal.« Er deutete auf die Gestalt. »Aber ihre, also ihre ist auch dabei gewesen.«
    »Und gesehen haben Sie keinen dieser Sprecher?«
    »Nein, eigentlich nicht.

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