Arams Sündenbabel
sind tot. Ich weiß nicht wie sie starben, aber es muss hier mit dem Haus Zusammenhängen.«
Aram de Fries wusste, dass ich auf eine Antwort wartete. »Ja«, sagte er, »ja. Es sind schlimme Dinge geschehen, über die ich am liebsten nicht reden möchte. Wenn ich die Schreie hörte, dann hatte ich immer das Gefühl, Todesschreie zu erleben. Hier im Hotel sind Menschen ums Leben gekommen. Und sie haben keinen natürlichen Tod erlitten, das kann ich Ihnen auch sagen. Das Blut dringt nicht nur einfach so aus den Wänden. Da steckt schon mehr dahinter. Für mich ist der Grund einfach die nackte und böse Gewalt. Dass Sie vom Teufel sprechen, daran habe ich nicht gedacht. Aber ich kann es mir gut vorstellen. Ja, ich glaube, dass der Satan seine Fäden gezogen hat.« Aram räusperte sich verlegen. »Ich weiß nicht, wie ich reagieren soll. Flucht wäre am besten, aber ich komme hier nicht weg, das spüre ich.« Als wollte er es mir demonstrieren, trat er zur Seite und ging die wenigen Schritte auf das Fenster zu. Er schaute nach draußen und sagte mit leiser Stimme: »Es wird dunkel. Der Abend bricht an, und danach kommt die Nacht.«
Obwohl er damit etwas Bestimmtes ausdrücken wollte, blieb ich realitätsnah. »Das ist eben so üblich, Mr. de Fries. Da sollten Sie sich keine grauen Haare wachsen lassen.«
»Normalerweise nicht. Aber heute ist es anders. Ganz anders sogar. Es ist oder es wird eine entscheidende Nacht.«
»Wissen Sie das genau?«
Er nickte. Ich sah es zweimal. Einmal normal und dann als schwaches Spiegelbild in der Scheibe.
»Auch wenn es banal klingt, ich meine trotzdem, dass wir darüber reden sollten.«
»Das ist schwer.«
»Haben Sie kein Vertrauen gefasst?«
Aram de Fries drehte sich jetzt wieder um. Er strich über sein Haar mit dem rötlichen Schimmer. »Doch, aber ich möchte Sie und Mrs. Helder nicht da hineinziehen. Nein, das auf keinen Fall. Verstehen Sie, Mr. Sinclair. Ich habe mir das eingebrockt und...«
»Ja, ja, aber ich bin gekommen, um Ihnen zu helfen. Das ist der Unterschied.«
»Können Sie gegen Geister oder Tote kämpfen?« Er hatte sich überwunden, die Frage zu stellen. De Fries stand direkt unter der Lampe. Das gelbe Licht ließ ihn krank aussehen.
»Das kann ich.«
Die schlichte Antwort verblüffte ihn. Er musste sich erst fassen. Es war zu sehen, wie er nachdachte. Dann entspannten sich seine Gesichtszüge. »Komisch, Mr. Sinclair, es ist verdammt komisch, aber ich glaube Ihnen sogar.«
»Danke.«
»Ach, hören Sie auf.« Er räusperte sich. Fahrig wischte er über seine Stirn. »Die letzte Nacht war schlimm. Sehr schlimm. Sie war die Vorbotin dessen, was noch kommt. Und das ist eben dieser Horror. Es wird alles noch viel schlimmer kommen. Für mich ist die folgende Nacht entscheidend, und für Sie ebenfalls. Es wird sich dann alles entscheiden.«
»Das hoffe ich auch.«
»Hört sich an, als würden Sie es sich herbeiwünschen.«
»Das entspricht den Tatsachen. Mr. de Fries. Ich wünsche mir die Nacht herbei, um dem verdammten Spuk endlich ein Ende bereiten zu können. Und keine Sorge, das schaffe ich.«
Aram de Fries starrte ins Leere. »Aber... aber«, flüsterte er dann, »wie wollen Sie das machen?«
»Lassen Sie das meine Sorge sein. Ich denke schon, dass ich die Brut zurücktreiben kann.« Da seine Skepsis nicht weichen wollte, sprach ich weiter. »Sie allerdings, Mr. de Fries, müssen ebenfalls mitspielen und dürfen Ihre Rolle nicht verändern.«
»Was meinen Sie denn damit?«
»Sage ich Ihnen sofort. Ich möchte auf keinen Fall, dass Sie allein bleiben.«
Er überlegte. »Wie soll ich mir das vorstellen? Spielen Sie so etwas wie meinen Leibwächter?«
»Nein, das nicht. Sie wissen, dass ich nicht allein zu Ihnen gekommen bin. Ich habe Mrs. Helder mitgebracht, und ich denke, dass Sie beide zusammenbleiben sollten. Wäre das in Ihrem Sinne? Könnten Sie sich damit abfinden?«
Aram runzelte die Stirn. »Ich weiß es nicht. Aber bleibt mir eine andere Chance?«
»Nein.«
»Dann werde ich...«
In diesem Augenblick hörten wir aus dem unteren Bereich den Knall. Da war eine Tür heftig zugeschlagen worden. Beide schraken wir zusammen, und Aram sprach nicht mehr weiter. Ich ging vor bis zur Treppe und drückte den Mann zurück.
»Janine?«, rief ich halblaut.
Wenn sie es war, musste sie mich in der Stille verstanden haben, doch sie gab keine Antwort.
»Janine, bitte!«
Das Kichern klang schrill und sirenenhaft. Es verstummte sehr bald. Dafür
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