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Aratani

Aratani

Titel: Aratani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Preuss
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darauf Platz finden, so schien es Aran. Das Floß war
offensichtlich aus mehreren Stämmen dieser gigantischen Bäume gebaut worden und
mit Sitzbänken, Geländern und Stangen zum Festhalten, mehreren Schränken und
sogar einer kleinen Kochstelle ausgestattet. Jeder einzelne der hölzernen Gegenstände
war durch kunstvoll geschnitzte Ornamente verziert, poliert, und offensichtlich
mit viel Liebe zum Detail hergestellt worden. Die Arbeit musste Jahre gedauert
haben. Aran war sprachlos. Unwillkürlich musste er an den unvermeidlichen
Prozess der Witterungseinflüsse denken, dem dieses Kunstwerk Tag für Tag
ausgesetzt war. Aran musterte den Mann, der mit seinem struppigen langen Haar
und dem wild wachsenden Bart, der ihm ungepflegt in krausen Locken bis auf die
Brust hing, den Eindruck erweckte, zu den Zwergen zu gehören. Aber ein Zwerg
würde seinem Bart wesentlich mehr Aufmerksamkeit widmen. Auch war er genauso
groß wie Aran, als er ihm in die Augen sah, während er den Mann begrüßte. Aber
was scherte ihn das, Hauptsache er würde sie mit dem Floß heil über den See
bringen.
    Ihnen würde viel Zeit verloren gehen, wenn sie die Strecke, auf der sie
hierher gelangt waren, bis zum Vasbary zurückreiten müssten, um den südlichen
Zugang nach Arabat zu nutzen. So war die Überfahrt mit dem Floß eine
willkommene Abkürzung, um zu dem Pass zu gelangen, der sie über die
Kristallberge führen würde. Wenn sie diese hinter sich gebracht hätten, wären
sie mitten in der Wüste. Aran war noch nie auf einem Floß unterwegs gewesen. Er
konnte zwar gut schwimmen, aber ein wenig mulmig war ihm schon, zumal die
Pferde auch mit übersetzen sollten. Letztlich siegte seine Überzeugung, dass
bei der Größe, der stabilen Bauart des Floßes und auch bei dem guten Wetter kaum
mit einem Kentern zu rechnen war. Die beiden Männer stiegen von ihren Tieren und
betraten den Zugang. Aran war überrascht, trotz der sich wie wild gebärdenden
Pferde, die das unbekannte Gefährt nur widerwillig betraten, nicht das
geringste Schwanken der Plattform zu spüren. Der Preis für die Überfahrt
überstieg ihre Vorstellungen bei weitem, aber dieses Mal ließ Aran es sich
nicht nehmen und übergab dem Fährmann den geforderten Betrag aus seinem eigenen
Geldbeutel. Die Fahrt dauerte bis zum frühen Nachmittag. Durch die in der Sonne
glänzenden hohen Kristallberge auf der anderen Seite, kam Aran der See viel
kleiner vor, als er es in Wirklichkeit war. Das Floß war zwar mit einem
Segelmast ausgestattet, das vorhandene Segel aber zusammengerollt an diesem
befestigt. Der Fährmann saß auf einer Bank am Ende des Floßes und bediente zwei
lange Holzstangen, an deren Ende je ein großes Paddel angebracht war. Aran und
Tilgrem genossen die Überfahrt und die Aussicht, die sich ihnen bot. Das leise Plätschern
des Wassers und die Geräusche des sanften Windes umspielten ihre Ohren. Fast
zärtlich wehte ihnen eine nach Blüten duftende Brise durchs Haar und Aran sog
tief die frische Luft in seine Lungen. Hin und wieder wurde die Stille
unterbrochen. Und die Männer hielten Ausschau nach den zwei Mannslängen großen
Fischen, die immer dichter an das Floß heranschwammen und versuchten, mit ihrem
riesigen Maul die Umrandung des Floßes zu fassen zu kriegen. Die spitzen
unzähligen Zähne dieser Bestien waren angsteinflößend und Aran wollte sich
lieber nicht vorstellen, wie es wäre, hier ein paar Runden zu schwimmen. Der
Fährmann hatte ihnen mit einigen Geschichten über unvorsichtige Leute, die es
sich nicht nehmen ließen, ein Bad zu nehmen, die Zeit verkürzt. Die schlimmsten
Unfälle seien aber bei Unwettern geschehen. Deshalb halte er den Fährbetrieb
nur bei flauem Wind und Sonnenschein aufrecht. Zu viele Menschen seinen schon
spurlos in den Tiefen versunken und nie wieder aufgetaucht. Die Legende über
ein Ungeheuer, das am Seegrund seine Höhle haben sollte, war in ganz Basab
bekannt, und niemand von den Bewohnern zweifelte an ihrer Wahrheit.
    "Uff! Endlich!", sagte Tilgrem. "Was bin ich froh, wieder
festen Boden unter den Füßen zu haben, ich wär doch glatt untergegangen, wie
ein volles Bierfass, wenn wir gekentert wären. Ha ha ha !"
    "Sag bloß Du kannst nicht schwimmen?"
    "Du sagst es, Kleiner!"
    Aran lächelte. Er hatte sich inzwischen an den Kosenamen, der ihm von
Tilgrem gleich zu Beginn ihres Kennenlernens in Arant gegeben wurde, gewöhnt, auch
wenn eigentlich eher Tilgrem der Kleine war.
    Vor Ihnen lag der steil ansteigende Weg über

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