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Aratani

Aratani

Titel: Aratani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Preuss
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waren versorgt, einige hatten sich bereits
auf ihr Zimmer zurückgezogen, so dass die Zeit für ein Schwätzchen günstig war.
    "Gern, ich hol mir nur auch einen Krug Bier", sagte er.
"Bin gleich bei Euch."
    Es war bereits spät in der Nacht als Aran und Tilgrem sich auf ihre
Zimmer zur Ruhe begaben. Trotz des vielen Weines gingen Aran die Worte der
Wirtsleute nicht aus dem Kopf. Sie hatten sich lange unterhalten. Der Wirt
hatte von seinen Geschäften erzählt und von Reisenden. Er hatte hier in der
Wüste ein gutes Auskommen mit seinem Reisehaus und führte dieses nun schon seit
etlichen Jahren mit seiner Frau zusammen. Seit langer Zeit hatten sie einen Stallburschen
und eine Magd in ihren Diensten. Aran hatte wieder einmal seine Geschichte
erzählt, nun, nach ihren Erkenntnissen aus Basab, um ein paar Details reicher.
Der Wirt hatte ihm aufmerksam zugehört und dann um eine genaue Beschreibung seiner
Schwester gebeten. Aran beschwor das Bild seiner Schwester vor seinen Augen und
erzählte fast schwärmerisch:
    "Ihr Name, wie gesagt, ist Rincipea. Sie hat das schönste Gesicht,
das ich je gesehen habe, ist groß, knabenhaft schlank und kräftig. Ihr schwarzrotes
Haar fällt bis auf ihre Hüften, meist ist es zu einem Zopf geflochten, aber sie
trägt es auch gern offen und lässt es im Wind wehen. Die Augen sehen aus, als
würde einen geradewegs ein Reh anschauen, neugierig und hellbraun mit langen
Wimpern blicken sie aufmerksam und intelligent, gleichzeitig so, dass man sie
am liebsten sofort in den Arm nehmen und beschützen möchte. Ihr Wesen ist nicht
ganz so einfach. Unsere Eltern hatten ihre liebe Not, sie zu bändigen.
Widerspenstig und wie ein Wildfang gebärdete sie sich als Kind. Später bestach
sie durch ihre diplomatische Art, unangenehme Dinge in etwas Positives zu
verwandeln. Sie weiß ganz genau, was sie will und was nicht. Sie kann sehr gut
mit Dolch und Bogen umgehen. Darauf hat unser Vater bestanden. Gleichzeitig war
sie ihrer Familie gegenüber immer großherzig und liebevoll. Am liebsten hielt
sie sich in unserem kleinen Garten auf. Sie hatte ein Händchen für die
schönsten Blumen und die dicksten Früchte und Knollen. Gerade achtzehn ist sie
geworden, kurz bevor sie entführt wurde. Ich bete täglich zu Isuryon, dass sie
noch lebt und es ihr gut geht."
    Der Wirt strich sich immer wieder übers Kinn und zog hin und wieder die
Brauen zusammen. Grüblerisch nahm er seinen Krug und ging zu dem Bierfass
hinter dem Tresen, um sich nachzuschenken. Nach einem tiefen Schluck sagte er:
    "Ich kenne Eure Schwester. Sie kam vor fast einem Jahr hierher. Ich
kann mich nicht nur aufgrund ihrer Schönheit so gut an sie erinnern. Die
Umstände, die sie zu uns geführt haben, waren mehr als ungewöhnlich. Sie
tauchte eines Abends hier auf, mit zerrissenem Kleid und halb verdurstet. Sie
hatte weder Gepäck noch einen einzigen Kupfertaler bei sich. Wir haben sie dann
erst einmal notdürftig versorgt, ehe sie überhaupt in der Lage war, zu
berichten, was sie allein in diese Einsamkeit verschlagen hatte. Sie hatte
offensichtlich hohes Fieber und erzählte, wie wir annehmen mussten, wirres Zeug
von einem Überfall und der Ermordung ihrer Eltern. Die Mörder hätten sie
entführt und ließen kein Zweifel daran, nachdem sie ihren Spaß mit ihr gehabt
hätten, auch sie zu töten. Nun wäre sie auf der Flucht vor den Verbrechern.
Nach Hause könne sie nicht zurück. Wir haben ihren Bericht zuerst nicht ernst
nehmen wollen, sie in einem Zimmer untergebracht und gesund gepflegt. Die
Götter haben uns leider nicht mit eigenen Kindern gesegnet und mein Weib war
mit ganzem Herzen bei der Sache, als sie sich des Mädchens annahm. Wie sich
herausstellte, nachdem das Fieber abgeklungen war, und Rincipea, ja so hieß sie,
immer noch die gleiche Geschichte erzählte, schienen ihre Berichte doch der
Wahrheit zu entsprechen, und wir waren nunmehr ziemlich besorgt. Wir konnten
sie doch nicht einfach so weiter ziehen lassen, nur mit dem Hemd auf dem Leib. Sie
wusste allerdings selbst nicht genau, wohin sie wollte. Wir konnte sie
jedenfalls etwas beruhigen und ihr versprechen, dass sie bei uns erst einmal in
Sicherheit wäre. Sie hat dann eine kurze Zeit hier ausgeholfen, sich ein paar
Silberlinge verdient. Meine Frau hat ihr ein paar Kleider, die ihr selbst nicht
mehr passten, geschenkt, bis…, ja bis sie eines Tages unbedingt fort
wollte."
    Aran schnaufte inzwischen aufgeregt. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals
und er trank mehr, als

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