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Aratani

Aratani

Titel: Aratani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Preuss
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das Gebirge. Sie konnten
froh sein, wenn sie bis zum Abend das Reisehaus auf der anderen Seite erreichen
würden. Mühsam machten sie sich an den Aufstieg. Schneewehe und Feuerhuf
schienen jeden Schritt auf dem mit Geröll übersäten Pass genauso vorsichtig wie
ihre Herren zu setzen. Aran blickte mürrisch herüber zu Tilgrem. Hatte er noch
vor kurzem angenommen, den Pass auf den Rücken ihrer Pferde überqueren zu
können, wurde er nun eines Besseren belehrt. Der Anblick der Kristallberge
allerdings entschädigte ihn für die Qual jedes einzelnen Schrittes. Sie
schienen wie aus Glas und funkelten silbern und aquamarinblau in der Sonne.
Fast wie aus blankem Eis schienen sie direkt in den Himmel zu führen. Aran
prägte sich auch diesen Anblick, wie schon so viele davor, fest ein. Noch in
Jahren würde er die Bilder seiner Reise vor sich sehen. Das hieße …, wenn er je
wieder heil nach Hause käme. Auf der Stelle erinnerten ihn diese Gedanken wieder
einmal an seine getöteten Eltern und seine Schwester. Er dachte an Kirana. Und er
dachte an Marela … Rasch zwang er sich, konzentriert auf den Weg zu achten. Schnaufend
und nach Atem ringend auf dem höchsten Punkt am Pass angekommen, machten Aran
und Tilgrem eine Rast und konnten sich kaum sattsehen. Ab jetzt würden sie
nicht mehr bergauf gehen müssen, sondern abwärts direkt in die Wüste. Der
Ausblick, der sich Ihnen von hier oben bot, ließ beide andächtig verstummen.
Schiere Endlosigkeit breitete sich vor ihnen aus. Aran, der früher höchstens
eine zwei Tages Reise nach Arant auf den Markt unternommen hatte, war
überwältigt von der Größe des Landes mit seiner unendlichen Vielfalt. Innerhalb
weniger Tagesreisen fand man die verschiedensten Vegetationen mit ihren jeweils
dort lebenden Tieren und ihrer typischen Pflanzenwelt vor. Erst war es
bitterkalt und nass, dann heiß und trocken. In anderen Zonen wiederum wuchsen
saftiges Gras und die ungewöhnlichsten Blumen in einem gleichbleibenden Klima. Es
gab hier Büsche und Bäume, die Aran noch nie vorher gesehen hatte. Der Ausblick
nun versprach nur Trockenheit und Sand. Noch fand sich hin und wieder ein
ausgedörrter Busch oder eine Kakteenpflanze in der beginnenden Wüste, weiter
hinten aber schien nur noch das Nichts zu regieren. Am Ende des Weges, der nach
unten führte, konnten sie ein Haus ausmachen. Dies musste ihr Ziel sein.
Dahinter nichts als Sand, Sand, Sand ... Am Horizont sah Aran Sonne und Sand zu
einem Einzigen verschmelzen. Er musste den Blick abwenden; das Flimmern und
Funkeln tat seinen Augen weh und ließ ihn blinzeln.
    Er hoffte, dass ihnen die Wirtsleute aus dem Reisehaus mit einigen Tipps
für ihren Weg durch die Unendlichkeit helfen würden. Nicht auszudenken, wenn
sie beide sich hier verirren würden. Trockene, heiße Luft brannte in Arans
Lungen, als sie den Abstieg begannen. Auch jetzt mussten sie zu Fuß weiter. Auf
dem Geröll hinabzugehen, war fast noch anstrengender als bergaufwärts. Einmal
ins Rutschen gekommen, konnte man sich nirgends festhalten. Vorsichtig und
aufmerksam mit jedem Schritt, sprach niemand ein Wort. Auch die Pferde gerieten
gelegentlich ins Rutschen, hatten sich aber immer wieder fangen können.
Erschöpft und durstig sanken die beiden so unterschiedlichen Männer neben
Schneewehe und Feuerhuf auf die kleine Holzbank, die am Fuß der Berge ihren
Abstieg beendete. Nachdem sie gierig zwei ihrer Wasserschläuche geleert und
auch den Pferden zu trinken gegeben hatten, lachten sie beide und stiegen
frohen Mutes in ihre Sättel. Jetzt war es nicht mehr weit. Das Reisehaus von
Arabat lag vor ihnen und auch die Sonne begann linkerhand unaufhörlich ihren
Abstieg. Als sie ihr Ziel erreicht hatten, schmerzte Aran jeder einzelne
Knochen im Leib und sein Magen knurrte laut. Nachdem die Pferde abgeladen und
dem Stallburschen übergeben waren, gingen sie, ihr Gepäck auf den Schultern durch
den offenen Eingang in ihr neues Asyl. Die überdachte Terrasse bot mehreren
Tischen und Bänken Platz. Einige Gäste saßen über ihren großen mit duftendem
Braten gefüllten Tellern und Aran lief das Wasser im Mund zusammen. Die
Wirtsleute empfingen sie freundlich und offen. Nachdem Aran und Tilgrem ihre
Sachen abgelegt und tief durchgeatmet hatten, nahmen sie auf einer der Bänke
Platz. Rasch wischte der Wirt Sand und Staub vom Tisch vor ihnen.
    "Das mache ich ungefähr dreißig Mal am Tag", sagte er. "Willkommen!
Was führt die edlen Herren in mein bescheidenes Haus?"
    "Das ist

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