Arbeit - Leben - Glueck
Arbeit und Familie?
|139| Ohne Arbeit leben
Zu viel Arbeit ist ein Problem, zu wenig oder gar keine Arbeit auch. Immer mehr Menschen sind arbeitslos und eine Rückkehr zur Vollbeschäftigung hält heute niemand mehr für möglich. Zwar sind Menschen, die eine gute Ausbildung haben, von Arbeitslosigkeit seltener betroffen als andere, doch das gilt nicht in jedem Fall. Deshalb geht es im Kapitel »Ohne Arbeit leben« um das Thema Arbeitslosigkeit.
»Ohne Arbeit leben« – dieser Satz hat zwei Aspekte: Er weist darauf hin, dass man in unserem Land auch dann genug zu essen und ein Dach über dem Kopf hat, wenn man kein Geld verdient. Man kann hier
leben,
ohne zu arbeiten. Der zweite Aspekt ist eher eine Frage: Wie kann ein Leben
ohne
Erwerbsarbeit aussehen? Dies sollte eigentlich nur ein Thema für Rentner sein, es betrifft aber auch alle, die für eine längere Zeit arbeitslos sind.
In diesem Kapitel geht es um die Finanzierung der Sozialleistungen, um die Arbeitslosigkeit und die Gründe dafür. Und es geht um die Arbeitslosen selbst. Die meisten von ihnen wollen möglichst schnell wieder eine möglichst gute Stelle finden. Einige riskieren es auch, sich mit einer Geschäftsidee selbstständig zu machen. Doch nicht alle, die eine neue Arbeit suchen, finden auch eine oder schaffen den Sprung in die Selbstständigkeit. Sie brauchen Geduld, oft mehrere Anläufe, immer mit ungewissem Ausgang. Jede abgelehnte Bewerbung, jede gescheiterte Geschäftsidee führt Arbeitslose tiefer in die Krise. Sie müssen zwar nicht verhungern, aber die existenzielle Verunsicherung wächst mit jedem Misserfolg. Ohne Arbeit leben – das ist für die meisten von uns keine Alternative.
|140| Warum wir ohne Arbeit leben können
Im Jahr 2003 waren in Deutschland mit seinen rund 82 Millionen Einwohnern nur etwa 36 Millionen erwerbstätig: als Beamte, als Angestellte, als Freiberufler oder Unternehmer. Sie alle ermöglichen den restlichen Einwohnern ein Leben ohne Arbeit. Sie ernähren eine Familie, sie zahlen Steuern und Abgaben. Den größten Beitrag leisten dabei die etwa 26 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten:
Sie zahlen in die Rentenkassen ein. Daraus beziehen die heutigen Rentner, die auch alle eingezahlt haben, ihr Einkommen.
Sie zahlen in die gesetzlichen Krankenkassen ein. Aus dieser Geldquelle erhalten alle Arbeitnehmer eine Lohnfortzahlung, wenn sie längere Zeit krank sind.
Sie zahlen Arbeitslosenversicherung. Aus diesem Topf erhalten Arbeitslose das Arbeitslosengeld I, welches ein Jahr lang ausgezahlt wird und sich an der Höhe des früheren Nettoeinkommens orientiert.
Sie zahlen Lohn- und Einkommenssteuer. Von diesen und anderen Steuereinnahmen werden die so genannten Transferleistungen finanziert, zum Beispiel Sozialhilfe, Wohngeld, Kindergeld und das neue Arbeitslosengeld II (früher: Arbeitslosenhilfe), das nur bei Bedürftigkeit gewährt wird und sich nicht mehr am früheren Einkommen, sondern an den einheitlichen Regelsätzen der Sozialhilfe orientiert.
Sie zahlen den Solidaritätsbeitrag für den Aufbau Ost.
Und wenn sie dann noch Lust haben, etwas von ihrem Geld abzugeben, spenden sie für wohltätige Organisationen, die sich ebenfalls um Bedürftige kümmern.
|141| Der Grundgedanke ist der, dass eine wohlhabende und christliche Gesellschaft auch denen die Existenz sichern sollte, die es selbst nicht können. Eine weitere Rolle spielt die Überlegung, dass man in einem Land nur dann gut leben kann, wenn alle ihr Auskommen haben, wenn Hunger und Elend beseitigt sind. Der »soziale Frieden« gehört seit Otto von Bismarck (deutscher Reichskanzler von 1871 bis 1890), der die ersten Sozialgesetze auf den Weg brachte, zu den wichtigsten Zielen der deutschen Politik. Auch in anderen europäischen Ländern läuft alles auf die Wahrung des sozialen Friedens hinaus. Niemand braucht aus Verzweiflung über seine hoffnungslose Lage auf die Barrikaden zu gehen oder das Kanzleramt in die Luft zu sprengen, denn im Notfall hilft ihm der Staat. Die drei großen Risiken des Daseins – Krankheit, Arbeitslosigkeit und Alter – existieren zwar nach wie vor, sind aber sozial abgesichert.
Alle sozialen Wohltaten werden über die Arbeitseinkommen und aus Steuermitteln finanziert. Auch beim Steueraufkommen leisten die Arbeitnehmer den größten Beitrag: Von den rund 442 Milliarden Euro Steuereinnahmen im Jahr 2002 waren rund 140 Milliarden Lohn- und Einkommenssteuer, das ist fast ein
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