Arbeit und Struktur - Der Blog
Unterschrift.
12.6. 2012 19:21
Mit den letzten Umzugskartons Zeichnungen und Bilder eingetroffen, die Ölbilder fast alle beschädigt von vielen anderen Umzügen und jahrelanger unsachgemäßer Lagerung, Dellen, dicke mit dem Firnis unauflösbar verbundene Dreck- und Staubschichten. Würde ich am liebsten alles wegschmeißen. C. dagegen.
Während C. badet, stehe ich am Waschbecken und versuche, wenigstens eines der Selbstporträts zu retten, schreiend. Ich tobe, ich beruhige mich, dann tobe ich wieder, angetrieben und aufgedreht von der immer wieder sofort in Motorik übersetzten Erkenntnis, daß alle in diese Bilder und Zeichnungen gesteckte Energie, daß zehn oder fünfzehn Jahre einsamer Arbeit sinnlos waren. Und daß noch einmal genauso viele Jahre, die ich seitdem – mit vielleicht etwas mehr Erfolg – ins Schreiben investiert habe, am Ende genauso sinnlos gewesen sein werden.
Egal. Allein das Bild zeigt jemanden, dem es einmal nicht egal war.
Während ich mit dem Teppichmesser auf die Leinwände losgehe, sitzt C. einfach da. Verzieht keine Miene, sagt nichts, vor allem nichts Beruhigendes, wartet, bis ihre Ruhe sich von selbst auf den Rasenden zurückübertragen hat. Dann bin ich ruhig und heule ihre Schulter voll.
Ein staubverkrustetes Triptychon, das D. darstellt und das sie haben wollte, postfertig eingepackt, aus den Augen, belastet mich, weg damit, weg mit allem, freies Schußfeld, ich muß weiterarbeiten.
14.6. 2012 11:12
Lektüre: Naters, Königinnen. Lügen fand ich noch besser als Königinnen, aber Königinnen auch toll. Die ganze Atmosphäre Mitte, Ende der 90er, die mir gleich wieder so schön erscheint. Wobei sie es wahrscheinlich gar nicht war. Damals wußte ich ja keine Sekunde, wohin mit mir und meinem Leben, lief immer so mit und kam mir vor wie der letzte Mensch neben all den anderen, die unaufhörlich mit großen Projekten beschäftigt waren. Heimlich vor mich hin geschrieben und dann nachts von Ulrike in irgendwelche Kellerclubs im Osten geschleift worden, oder man mußte auf das Dach eines verlassenes Hauses steigen. Meine Erinnerung verklärt das alles wahrscheinlich stark. Jahrtausendwende dann die größte Katastrophe überhaupt, und vielleicht war ich auch die ganzen 90er besoffen und verzweifelt. Ich weiß es nicht mehr, die Tagebücher habe ich ja weggeschmissen.
Und jetzt kann man die Torstraße kaum noch betreten. Zweimal ist es uns nach dem Fußball zuletzt passiert, daß wir nicht bedient wurden. Verschwitzt draußen gesessen, hundert Mal die Bedienung gerufen und ignoriert worden, erst eine Stunde lang im Spaghetti Western und dann im Lokal etwas weiter noch eine Stunde lang, und ich war kurz davor, im original Naterstonfall den Leuten entgegenzuschreien, daß ich schon fünfzehn Jahre hier wohne, daß ich genauso lange mit meiner Mannschaft auf der Torstraße nach dem Fußball etwas essen und trinken gehe, daß ich trotz meiner zerfetzten Sporthosen nicht ärmer bin als die beschlipsten Nullen am Nebentisch und daß sie mich alle mal kreuzweise können.
Überflüssig zu erwähnen, daß die kleinen Thais und Vietnamesen alle längst plattgemacht wurden, die traurigen Spätfolgen von Moebel Horzon und White Trash I.
17.6. 2012 13:41
Things will turn to the bright side, sagt der Glückskeks.
22.6. 2012 20:45
Fußball gespielt. Ball ins Gesicht bekommen, umgefallen. Hingesetzt, gewartet. Weitergespielt, wieder umgefallen. Aufgehört. Mit dem Fahrrad nach Hause, nicht umgefallen. Gebadet mit Ausblick über Berlin und auf den Sonnenuntergang. Der Rechner auf der Waschmaschine zeigt Deutschland – Griechenland. Mein Leben, immer noch mein Leben.
22.6. 2012 21:10
Linker Fuß taub. Mildes Schwanken.
Neunundzwanzig :
25.6. 2012 13:59
Mosebach endgültig verrückt geworden.
Rätselhafterweise wurde ich wegen des von Mosebach so vehement geforderten, seit Zeiten des Deutschen Reichs allerdings immer im Strafgesetzbuch existiert habenden Blasphemieparagraphen sogar mal angezeigt. Langweilige Geschichte, Kurzversion: Im Auftrag eines Satiremagazins Zeichnungen zum Kruzifixurteil gemacht, Witz mau, ich brauchte das Geld. Dann Behörden unfähig, den V.i.S.d.P. zu ermitteln, also Zeichner und Layouter geladen, deren Namen zufällig drunterstanden. Ich verteidigte mich mit den Worten: “Ich habe doch nur meine Pflicht getan”, das Verfahren wurde niedergeschlagen. Amtsgericht Tiergarten, 1995.
Irgendwas ist da fundamental schief gelaufen in den
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