Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)
komplett außerhalb jeglicher Verkehrsregeln. Tiere, Fußbälle oder kleine Kinder können plötzlich und ohne Vorwarnzeit vor dem Auto auftauchen, Fahrradfahrer sich kurz vor dem Abbiegen neben das Auto quetschen. Zudem ist eine Vielzahl von Verkehrsschildern zu befolgen, und etliche der schwer zu erkennenden Ampeln sind korrekt zu beachten. Vorfahrtregeln, insbesondere an Kreisverkehren und gleichberechtigten Einmündungen, erschweren zudem die ungestörte Fahrt.
Die meisten dieser Probleme lassen sich in einem Satz zusammenfassen: Das autonome Fahrzeug muß mit komplexen Regeln und einer Fülle von Ereignissen klarkommen, die auf die Unberechenbarkeit menschlichen Verhaltens zurückgehen. In einer Umgebung, in der ausschließlich computergesteuerte Fahrzeuge unterwegs sind, die womöglich sogar noch miteinander kommunizieren, wäre das vollautomatische Fahren sehr viel einfacher denkbar. Solche Idealzustände gibt es jedoch heute nur in Computersimulationen, im Labor oder auf Werksgeländen, die extra Spuren für automatische Fahrzeuge vorgesehen haben.
In der Industrie sind dennoch quasiautonome Fahrzeuge mit adaptiven Systemen, die zum Beispiel Karosserieteile oder andere unhandliche Gegenstände durch Werkshallen fahren, vielerorts schon lange üblich. Diese unbemannten rollenden Roboter können problemlos automatisch abbremsen, wenn sich ein Hindernis in ihren Weg bewegt, und sie können sogar anderen Fahrzeugen, die zum Beispiel ein Teil transportieren, das eiliger benötigt wird, den Vortritt auf ihrer Fahrspur lassen. Die Steuerung und Positionsermittlung dieser Roboterfahrzeuge in den Werkshallen findet in der Regel durch in den Boden eingelassene Magnetspuren oder optische Markierungen sowie Laserscanner statt. Dadurch ist zum einen ein Abkommen von der vorgesehenen Fahrspur praktisch unmöglich, zum anderen weiß der Roboter immer präzise, wo er sich gerade befindet.
Die Befürworter automatischen Fahrens spielen natürlich schon seit langer Zeit mit dem Gedanken, eine ähnliche Infrastruktur aus Magnetschleifen, Ampeln, die ihren Schaltzustand auch per Funk übertragen, Radarreflektoren in Straßen, Begrenzungspfosten und elektronischen Fahrspurmarkierungen auch auf öffentlichen Straßen zu installieren. Dies scheitert jedoch vor allem an zwei Hürden: Zum einen müßten sich die Hersteller mehr oder minder weltweit oder zumindest doch innerhalb der Europäischen Union auf einen Standard einigen, welche Modifikationen und Zusatzeinrichtungen die Straßen zugänglicher für automatische Fahrzeuge machen würden. Zum anderen müßte der nötige Investitions- und Installationsaufwand so gering sein, daß er nebenbei mit den normalen Straßenreparaturmaßnahmen erledigt werden kann. Derzeit sieht es jedoch nicht so aus, als ob diese beiden Voraussetzungen in absehbarer Zeit erfüllt werden könnten.
Google, auf dessen Projekt zum autonomen Fahren die Forscher aus der Autoindustrie und den Universitäten mit Neid schauen, geht einen anderen Weg. Was lange als halber Witz in der Branche kursierte, wird methodisch und effizient umgesetzt: die Erfassung der Welt in einer Form, die zu den Algorithmen paßt, damit künftig autonome Google-Autos durch sie hindurchfahren können.
Die Street-View-Autos, die in den letzten Jahren alle Straßen der westlichen Welt und darüber hinaus befuhren, um Hausfassaden und Straßenbilder zu erfassen, dienten ursprünglich einem ganz anderen Zweck. Zusätzlich zu den Kameras waren auf den Autos 3-D-Scanner montiert, welche die gesamte Umgebung mit Laserscannern abtasteten, um die Google-Karten mit 3-D-Modellen der Gebäude anzureichern. Sie erfaßten dafür die Straßen und Häuser, allerdings anders als der Laserscanner auf Googles selbstfahrendem Auto.
Deshalb reichen die Street-View-Daten allein nicht aus, die Datenart und -qualität genügt nur zur Verdichtung und initialen Planung der eigentlichen Meßfahrten, die dann mit Googles autonomen Fahrzeugen selbst vorgenommen werden. Die verbauten Sensoren, insbesondere der Laserscanner, sind zu verschieden. Nutzbar sind jedoch die Kamerabilder der Street-View-Erfassungsfahrten. Denn die Kameras, welche die Bilder für Street View aufnehmen, erfassen auch die Straße vor und hinter dem Google-Auto.
Aus diesen Bildern lassen sich die Informationen über die Anzahl der Spuren, die Fahrbahnmarkierung, vorhandene Abbiegespuren, kreuzende Schienenwege oder Ampeln und vieles mehr extrahieren. Während einige deutschen
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