Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)
Autobauer noch darauf beharren, daß ihre Fahrzeuge unter allen Umständen ohne einen weltumspannenden Datensatz der Verkehrswege klarkommen sollen, hat Google für sich entschieden, daß wir alle im Datenzeitalter leben und demzufolge auch unsere Autos davon profitieren können. Die sich daraus ergebende Einschränkung, daß Googles autonome Autos nur dort funktionieren, wo entsprechende Daten vorhanden sind, ficht den Datenkonzern nicht an. Der postulierte Geschäftszweck für die autonomen Fahrzeuge ist schließlich nicht in erster Linie, Autos zu verkaufen. Vielmehr geht es darum, das Zeitbudget für die Internetnutzung zu vergrößern.
Die Zeit, die ein Nutzer mit Googles Angeboten verbringen kann, ist notwendigerweise limitiert: Beim Schlafen und Autofahren sind wenig Werbeklicks zu erzielen. Gelingt es jedoch, die zum Teil beträchtlichen Fahrzeiten in Autos als Internetnutzungszeit zu erschließen, kann der Werbekonzern mit angeschlossener Suchmaschine seine Umsätze noch ein wenig steigern. Google zielt daher – anders als die Autobauer mit ihren Projekten – nicht auf eine schrittweise Einführung von immer intelligenteren Fahrerassistenten, sondern gleich auf das ganz große Ziel: das sich von Anfang an autonom bewegende Fahrzeug. Google es ist dabei egal, ob seine Autos auch noch auf dem letzten Feldweg autonom fahren können. Viel interessanter sind Straßen, auf denen viele Menschen möglichst oft unterwegs sind.
Ein Auslöser für den Boom der Forschung an selbstfahrenden Autos war die sogenannte DARPA-Challenge. Die DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency), eine Behörde des US-Militärs, kümmert sich um besondere Forschungsprojekte, die ein hohes Risiko aufweisen, aber im Erfolgsfall Kräfteverhältnisse grundlegend ändern können. Die Wettbewerbe, die diese Institution veranstaltet, stehen neben den militärischen auch zivilen Teams offen.
Der rapide Fortschritt bei autonomen Autos wurde bei den Testfahrten der DARPA-Challenge deutlich. Innerhalb von vier Jahren änderte sich das Bild vom unbeholfenen und wenig erfolgreich durch einen Wüstenkurs irrenden Roboterfahrzeug zu einem breiten Wettbewerberfeld von fast serienreif wirkenden Projekten, die relativ souverän durch einen simulierten Stadtverkehr mit einigen Hindernissen und Überraschungen navigieren. Um sein Autoprojekt möglichst schnell voranzutreiben, heuerte Google die besten Forscher aus den Gewinnerteams der DARPA-Challenge an. Besonderes Augenmerk lag dabei auf denen, die ihre Fahrzeuge mit Hilfe möglichst detaillierter Datensätze der Umgebung über den Testkurs steuerten.
Das Ziel beider Ansätze – Googles datenzentriertes Modell und das eher langsame und konservative Vorgehen der traditionellen Autobauer – ist es in erster Linie, Autos zu bauen, denen der Nutzer Vertrauen entgegenbringt. Bei der Probefahrt im Universitätstestwagen stellt sich dieses Vertrauen erstaunlich rasch ein. Nachdem der für das Projekt umgebaute VW Passat mehrere Minuten lang auf öffentlichen Straßen kein anderes Auto gerammt, keinen Radfahrer gestreift, sogar den tollkühnen Pizzaboten auf dem Moped hat leben lassen, lockert sich die anfangs etwas verkrampfte Hand der neugierigen Mitfahrer am Haltegriff.
So wie man sich beruhigt, sobald man als Beifahrer bei jemand Unbekanntem ins Auto gestiegen ist und sich nach kurzer Zeit an dessen Fahrstil gewöhnt, so gewöhnt man sich auch an die Fahrweise des autonomen Fahrzeugs. Es gibt jedoch durchaus Momente, in denen eine gewisse Unsicherheit zurückkehrt. Die Radarsensoren lassen sich etwa von Pflanzen am Fahrbahnrand verwirren, manchmal werden sie auch von anderen Funksendern – zum Beispiel Radarbewegungsmeldern – gestört. Dann steht das autonome Fahrzeug beispielsweise an der roten Ampel an einer Kreuzung und ruppelt wild mit dem Lenkrad. Auf dem Laptop des Beifahrers kann man erkennen, warum es das tut: Die Vorausplanung der Fahrtroute, für die sich die Algorithmen entschieden haben, sobald die Ampel auf Grün springt, ändert sich permanent, weil die Radarsensoren das Auftauchen und Verschwinden eines Hindernisses in schneller Folge melden. Da die Algorithmen das Auto möglichst effizient bewegen sollen, wird das Lenkrad in der Rotphase der Ampel schon in die Stellung gebracht, die es beim Losfahren haben soll. Solche Effekte sind jedoch eher Kleinigkeiten, die im Laufe der Entwicklung nach und nach ausgemerzt werden.
Es bleibt jedoch die spannende Frage, wie sicher
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