Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)
bearbeitet, um die Passungen für die Gelenke, Getriebe und Lager, die Führungen für Kabel, Achsen, Druckluftschläuche und Sensoren und alles, was sonst noch in einem Roboter nötig ist, absolut präzise auszuarbeiten. Bevor die bearbeiteten Teile in die Montage wandern, durchlaufen sie noch eine große Waschanlage, um alle Reste von Kühlmitteln, Schmierstoffen und Metallsplittern zu entfernen.
Wenn der Roboterarm mechanisch fertig zusammengebaut ist, werden alle empfindlichen Teile abgeklebt, und der Arm wird in die Lackierkammer gerollt. Auch hier steht überraschenderweise noch ein Mensch mit der Lackierpistole. Gerade für Lackierarbeiten sind vor allem in der Autoindustrie Roboter schon seit vielen Jahren fast flächendeckend im Einsatz, um zum einen gesundheitlich problematische Arbeitsplätze zu ersetzen und zum anderen konsistentere Lackierergebnisse zu erhalten. Daß ausgerechnet hier, im Herzen der Automatisierung, noch ein Mensch die Roboter lackiert, ist aber einfach zu erklären: Die Stückzahlen sind zu klein, die Anzahl der Varianten zu hoch, daß sich ein Roboter lohnen würde.
Einen Lackierroboter zu programmieren, damit er die richtigen Bewegungen vollführt, um einen gleichmäßigen Farbauftrag zu erzielen und dabei möglichst wenig Farbe zu verschwenden, ist immer noch ein relativ hoher Aufwand, der sich allerdings definitiv lohnt, wenn man Zehn- oder Hunderttausende gleichartige Karosserien zu lackieren hat. Für die wenigen hundert Exemplare jeweils eines Robotertyps, die jedes Jahr die Kuka-Werkshallen verlassen, rechnet sich das aber noch nicht.
Etliche weitere Montageschritte folgen, bevor der Roboter als lieferfertig gilt. Am Schluß wird jede Maschine vor der Auslieferung eingefahren und kalibriert. Dies geschieht in einer separaten Halle, die an ein Fitneßstudio für Roboter erinnert. Große gelbe Stahlhanteln liegen an den Rändern von Maschendrahtkäfigen, in denen jeweils ein Roboterarm montiert ist. Surrend vollführt der Arm präzise Bewegungen, eine gelbe Hantel in eleganten Kurven durch die Luft schwenkend, mit beeindruckender Geschwindigkeit.
Es gibt zusätzlich einen Teststand für Roboterarme, die unter der Decke hängen. Denn Menschen ziehen zwar das Arbeiten auf dem Boden stehend vor, für Roboter aber besteht dazu keine Notwendigkeit. Die hängenden Maschinen sind konstruktiv nicht viel anders als ihre stehenden Kollegen, müssen jedoch aufgrund der anderen Ausrichtung der Gravitation genau umgekehrt kalibriert und vermessen werden. Das Ergebnis der Tests, die jeweils rund eine dreiviertel Stunde dauern, ist ein sogenannter Kalibrationsdatensatz, der in die Elektronik des Arms eingebrannt wird.
Die beschriebene mechatronische Konstruktionsweise erlaubt es, Toleranzen und Abweichungen von der Norm, insbesondere bei der Positioniergenauigkeit, in der Software nachzuregeln. Alle Bauteile haben gewisse Fertigungstoleranzen, die sich bei einem derart riesigen Gerät wie etwa dem »Titan«-Roboterarm, das aus so vielen Komponenten besteht, zu nicht mehr akzeptablen Fehlern addieren können. Wenn etwa jeder Sensor in einem der sechs oder sieben Gelenke des Roboters nur ein Grad Winkelabweichung hätte, würde sich der Fehler schlimmstenfalls in einigen Bewegungsrichtungen auf sechs oder sieben Grad addieren – der Roboter würde danebengreifen.
In der Praxis sind die Abweichungen kleiner, aber auch sie müssen korrigiert werden. Wenn sie sich bei der Messung innerhalb enger Toleranzen befinden, wird bei den Testfahrten ermittelt, mit welchen Korrekturparametern für Sensorausgaben und Motoransteuerung in welcher Kombination die gewünschte Zielpräzision trotzdem erreicht werden kann. Wiederholgenauigkeit, also wie präzise der Roboter einen Punkt immer und immer wieder anfahren kann, ist ein für die Massenfertigung entscheidender Wert bei der Beschaffung von Industrierobotern. Andere sind Tragkraft, nach der die verschiedenen Modelle konzipiert werden, außerdem Geschwindigkeit, Energieverbrauch und Ausfallraten.
Gerade in der Autoherstellung, wo die Kosten- und Effizienzoptimierung bis hinunter zu einzelnen Cents geht, die pro Auto eingespart werden, wird sehr genau darauf geachtet, welche Garantien der Hersteller über die Dauerbetriebszeiten machen kann und wieviel Strom die Geräte verbrauchen. Wenn man ein paar tausend Roboter in seinen Produktionsanlagen im Einsatz hat, summieren sich Stillstandszeiten durch Ausfälle und die Energiekosten schnell zu
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