Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen (German Edition)
blitzen, Funken fliegen, surrende Geräusche sind zu hören. Kein Mensch ist zu sehen, nirgends.
Dieses Bild der Automatisierung ist fest in unseren Köpfen verankert, implizit gehen wir davon aus, daß es fast überall in der Industrie so aussieht, wenn Roboter im Einsatz sind. Interessanterweise ist dies jedoch nur zum Teil richtig. Immer wenn Blech gebogen, gestanzt, gefalzt und geschweißt wird, sieht es tatsächlich meist so aus, wie die Fernsehbilder suggerieren. In den »dreckigen« Teilen der Werkshallen gehören Roboter seit zwanzig Jahren zum festen Inventar.
Pioniere der Entwicklung und des Einsatzes waren die Autoproduzenten und ihre Zulieferer. Einer der weltweit führenden Hersteller von Industrierobotern ist daher nicht zufällig die Augsburger Firma Kuka. Mit einem Jahresumsatz von 1,7 Milliarden Euro und etwa siebentausend Mitarbeitern weltweit ist es wieder einmal ein großes mittelständisches Unternehmen, das große Teile seines Gewinns in Forschung und Entwicklung investiert und für sich die Technologieführerschaft beanspruchen kann.
Die Geschichte der Firma Kuka ist wechselvoll und beginnt lange vor der Erschaffung der ersten Industrieroboter. Der Name geht auf die Initialen der ursprünglichen Unternehmensgründer zurück: die Familien Keller und Knappich aus Augsburg. Das Geschäft begann mit der Herstellung von Acetylenlampen, die nach dem Siegeszug des elektrischen Lichts durch Acetylenschweißgeräte abgelöst wurden. Die Schweißgeräte waren der Beginn der bis heute andauernden Entwicklung von Maschinen. Zwischenzeitlich widmete sich die Firma so unterschiedlichen Produkten wie Strick- und Schreibmaschinen, Hochdruckstahlflaschen und Müllautos. Immer blieb jedoch die Herstellung von Schweißgeräten Teil des Portfolios: Die ersten elektrischen Punktschweißzangen in Deutschland wurden in Augsburg entwickelt und gebaut.
Die Schweißgeräte führten schließlich zu den Produkten der heutigen Roboterfirma, nicht zuletzt, da der Mikroprozessor und billigere Regelungstechnik verfügbar wurden. Bevor Roboter das Schweißen der Automobilkarossen übernahmen, wurde viel von Hand geschweißt, aber auch mit Hilfe von festen mechanischen Vorrichtungen, die speziell für das jeweilige Automodell (oder auch Waschmaschinen und Kühlschränke) konstruiert wurden. In der metallverarbeitenden Industrie – mit Ausnahme der Rüstungssparte, in der die Entwicklung bereits ein Jahrzehnt früher einsetzte – begann die Welle der Automatisierung und Roboterisierung Mitte der siebziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts in großem Umfang.
Kukas Experimente mit einem der ersten Industrieroboter aus den USA, um eine Schweißanlage zu schaffen, die sich durch einfache Programmierung auf ein neues Auto umstellen ließ, verliefen eher unerfreulich. Man lernte daraus aber genug, um einerseits zu erkennen, daß Roboter die Zukunft der Schweißtechnik sein würden, und sich zum anderen durchaus in der Lage zu sehen, einen auf die spezifischen Anforderungen des Karosserieschweißens zugeschnittenen Roboter selbst zu bauen.
Im Jahr 1976 war das erste Modell marktreif: ein orangefarbenes Ungetüm, das seine sechzig Kilogramm schwere Schweißzange computergesteuert bewegen konnte. Schon zwei Jahre später wagte Daimler den großen Schritt ins industrielle Robotikzeitalter und nahm die ersten roboterbetriebenen Schweißstraßen in Betrieb.
Die Umstellung der Karosserieproduktionsstraßen auf Schweiß roboter in den folgenden Jahren verlief rapide und nahezu vollständig. Eine Reihe von Gründen kam zusammen, die diese Umstellung begünstigten: Die Autohersteller wollten mit kürzeren Produktzyklen und einer größeren Vielfalt von Modellen ihren Absatz erhöhen, die durch die Roboter wegrationalisierten Arbeitsplätze waren schmutzig, gefährlich und anstrengend, und das heraufdämmernde Computerzeitalter mit seinen andauernden Buzzword-Predigten von computergestütztem (»computer-aided«) Design (CAD) und computergestütztem Manufacturing (CAM) machte die Roboter zu einem Sinnbild für die Zukunft, das man jetzt kaufen und einsetzen konnte.
Für Kuka wurde die Roboterherstellung über die Jahre immer wichtiger, der Geschäftszweig entwickelte sich zur dominierenden Wachstumssparte. Andere unternehmerische Aktivitäten wurden nach und nach ausgegliedert oder abgestoßen: Die Kuka-Müllautos etwa sind heute unter der Marke Faun bekannt. Selbst die Schweißtechnik, die einst den Ursprung der Firma und ihren
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