Arcanum – Das Geheimnis
hatte seine Gedanken erraten und lächelte.
„Komm rein. Kann ich Dir einen Kaffee anbieten?“ Er trat ein und sie dirigierte ihn zur Couch im Wohnzimmer, von wo er den herrlichen Blick über die Stadt genoss. Die Saeco Kaffeemaschine schnurrte und zauberte einen Cappuccino, der vom italienischen Original kaum zu unterscheiden war. Er nahm ihn dankbar aus ihrer Hand entgegen, und für einen Augenblick trafen sich ihre Blicke.
„Ich zieh mich rasch an“, sagte sie verlegen und verschwand im oberen Stock, um wenige Minuten später mit einem unaufdringlichen Make-up zurückzukehren, das die Spuren der Tränen und einer schlechten Nacht überdeckte. Sven stellte die Tasse auf den Tisch.
„Was ist passiert?“
Carolin setzte sich zu ihm und holte tief Luft.
„Das ist schnell erzählt. Herr Wallinger hatte am Donnerstag einen ersten Termin zur Behandlung bei Christopher. Anscheinend war das aber ein Vorwand, um ihm ein archäologisches Fundstück aus seinem Wald zu übergeben. Es handelte sich um eine wertvolle, goldene Scheibe, die ihren Ursprung wahrscheinlich in Mittelamerika hat.“
Sven pfiff durch die Zähne.
Carolin beeilte sich hinzuzufügen: „Christopher hat sofort seinen alten Freund Herbert Mendelsohn kontaktiert, der Chef der Archäologie in Tübingen ist. Jetzt brüten sie beide über den rätselhaften Zeichen auf der Scheibe.“
Sven spürte, dass sie noch mehr erzählen wollte und schwieg, um ihr die Möglichkeit zu geben, Ordnung in ihre Gedanken zu bringen.
Sie fuhr fort: „Was mich dabei beunruhigt ist, dass Christopher sich immer weiter verschließt und eine Besessenheit an den Tag legt, die mir…“, sie suchte nach einem passenden Wort, „…unheimlich wird“.
Sven runzelte die Stirn. „Die Wallingers wurden ermordet, aber behalt das bitte für Dich.“
Carolin erbleichte. „Und das hat etwas mit dieser goldenen Scheibe zu tun?“, fragte sie ängstlich.
„Das weiß ich nicht. Bisher hatten wir keinen Anhaltspunkt, warum jemand die beiden in ihrer Scheune gefesselt haben sollte, um sie zu töten und die Leichen schließlich zu verbrennen. Von den Fesseln und den Körpern ist zwar wenig übrig geblieben, aber die Spurensicherung hat Verbrennungen an einem Handgelenk gefunden, die von einem Nylonseil stammen müssen. Kannte Christopher die Wallingers schon vor diesem Tag?“, fragte Sven.
Carolin erschrak.
„Glaubst Du, dass Christopher etwas mit der Geschichte zu tun hat?“ Aus ihrer Stimme sprach eher Angst als Empörung, sodass Sven vermutete, dass Carolin nicht gänzlich von der Unschuld ihres Mannes überzeugt war.
„Nein, bestimmt nicht“, beruhigte er sie, „dennoch muss ich wissen, ob es schon früher einen Kontakt gab“.
„Nein, er hat mir erzählt, dass er zwar den Namen Wallinger kannte, die beiden aber nie persönlich getroffen hätte, und ich glaube ihm. Da könntest Du eher mich verdächtigen. Ich kannte Frau Wallinger schon länger aus meiner Pilatesgruppe“, ergänzte sie bestimmt.
„Ich verdächtige niemanden. Ich bin als Freund hierher gekommen, bitte glaube mir das. Ich hatte am Telefon das Gefühl, dass Du Hilfe brauchst.“
Er sah sie mit einem schiefen Lächeln an, und Carolin entspannte sich.
„Ich bin Dir auch sehr dankbar. Weißt Du, Christopher war immer verschlossen. Als ich ihn kennenlernte, war er wie eine Betonmauer, an der ich mir eine blutige Nase holte beim Versuch, mich ihm zu nähern. Wir hatten diese Phase überwunden, doch jetzt…“, sie beendete den Satz nicht. Eine Träne rann ihr über die Wange. Er wollte aufstehen und sie in seine Arme schließen. Stattdessen blieb er sitzen und gab ihr sein Taschentuch. Sie schaute ihn dankbar an und er spürte, dass der magische Moment vorüber war. Er sehnte sich einerseits nach ihrer Liebe, doch wollte er seinen Anstand und die Freundschaft zu Christopher nicht einfach einem romantischen Augenblick opfern. Andrerseits war ihm klar, dass aus dieser Begegnung ein gefährliches Spiel werden konnte. Es war Zeit, den Rückzug anzutreten.
„Ich werde jetzt gehen und Christopher einen Besuch abstatten. Mach Dir bitte keine Sorgen, es ist wirklich reine Routine. Ich bin auf jede Hilfe angewiesen, um ein Motiv für diese abscheuliche Tat zu finden.“
Er war wieder dienstlich geworden und verabschiedete sich knapp. Sie begleitete ihn noch zur Tür und er ging zu seinem Wagen, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Er suchte sich einen freien Platz im Wartezimmer. Sven war in der Stadt
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