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Arcanum – Das Geheimnis

Arcanum – Das Geheimnis

Titel: Arcanum – Das Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Geist
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ein Naturforscher zwischen 1873 und 1875 entfernt hatte, um sie akribisch zu beschriften und zu katalogisieren. Mit der C14 Methode konnte man sie ungefähr auf das Jahr 700 datieren. Das bedeutete, dass der Wall zur Zeit der heiligen Odilie umfangreich restauriert worden war. Warum? Musste man das Kloster in dieser Zeit besonders schützen? Gab es lange vor dem Besuch Leos einen Schatz, nach dem auch andere Mächte ihre Hand ausstreckten?
    Christopher grübelte noch, als ihr Chauffeur den Wagen geschickt in eine Parklücke manövrierte. Heinrich öffnete die Türe, sprang ohne sichtbare Steifigkeit schwungvoll aus seinem Sitz und forderte sie mit einem knappen Kopfnicken auf, ihm zu folgen. Sie mussten sich beeilen, um mit ihm Schritt zu halten. Seiner Zielstrebigkeit nach zu urteilen, wurden sie bereits erwartet. Die Dämmerung erreichte nun auch den Gipfel des Odilienbergs und die großen, uralten Bäume, die in der kalten Brise ächzten, nahmen geradezu menschliche Züge an. Waren durch einen längst vergessenen Zauber die Seelen der weißbärtigen Druiden in sie geschlüpft, die diesen heiligen Ort beschützten? Sie blickten stumm auf Christopher hinab, und es erschien ihm, als wollten sie ihn warnen.
    Er fröstelte und beschleunigte seinen Schritt. Sie näherten sich von Norden der Klosteranlage. Als sie die Merowingergräber passierten, gingen allmählich die Lichter in den Ortschaften des Rheintals an, kleine zerbrechliche Inseln in einem unergründlichen Meer der Dunkelheit. Er riss sich nur schwer von dem faszinierenden Anblick los. In der Ferne jenseits des Rheins konnte man die dunklen Gipfel des Schwarzwaldes ausmachen. Christopher erinnerte sich an das Belchensystem, das ein pensionierter Lehrer und ein Naturwissenschaftler vor wenigen Jahren entdeckt hatten.
    Sie wunderten sich berechtigterweise, warum es fünf Berge in Jura, Vogesen und Schwarzwald gab, die alle denselben Namen trugen. Sie erklärten, dass Belchen von Belenus, dem Sonnengott der Kelten, abgeleitet sei, und die Berge dieses Namens zu einem natürlichen, gigantischen Stonehenge der keltischen Druiden gehörten. Die Messungen der beiden Hobbyforscher führten zu einem verblüffenden Ergebnis. Immer vom Elsässer Ballon d'Alsace aus gesehen ging die Sonne zum Äquinoktium am 21. März und 23. September über dem ostwärts gelegenen Schwarzwald-Belchen und am 22. Dezember, der Wintersonnenwende, über dem südostwärts gelegenen Jura-Belchen auf. Sonnenaufgangspunkt am 21. Juni, dem längsten Tag des Jahres, war der Petit Ballon . Zu diesem System gehöre auch der benachbarte Große Belchen , über dessen Gipfel sich die Sonne am ersten Mai erhob, nach jener Nacht, in der die Kelten Beltaine , das Feuerfest zu Ehren des Belenus, feierten. Dann öffnete sich für sie, ähnlich wie bei den Maya an den fünf unglücklichen Tagen, die Geisterwelt, ein Umstand, der im Tanz der Hexen um die Feuer der Walpurgisnacht weiterleben sollte.
     
    Wenig später erreichten sie ein Seitenportal der Kapelle der Tränen und schlüpften hinein. Es dauerte einige Augenblicke, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Auf dem abgewetzten Buntsteinblock im Ostchor der Kirche brannten Opferkerzen, deren rötlicher Schein von den goldenen Fresken der Wände zurückgeworfen wurde. Die Stille, das flackernde Kerzenlicht und der Geruch nach Bienenwachs zauberten lebendige Bilder seiner Kindheit aus einem verschütteten Winkel seines Gedächtnisses. Diese Zeit kannte nicht nur die bigotte Strenge seiner Erziehung, sondern auch die geheimnisvollen Stunden weihraucherfüllter Christmetten, deren schwache Spur sich als Erinnerung an das seltene wie tief empfundene Gefühl von Wärme und Geborgenheit durch sein Leben zog.
    Plötzlich war alles wieder da in einer Intensität, die ihm die Tränen in die Augen trieb. Er hoffte, dass keiner seiner Begleiter seine sentimentale Anwandlung bemerkte, die ihn so unverhofft und heftig traf.
    Er schluckte den Kloß im Hals hinunter und bemerkte, dass sie nicht mehr allein waren. Eine Gestalt in einer schwarzen Kutte trat aus der Dunkelheit auf Heinrich zu und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Das Gesicht verschwand im Schatten der übergestreiften Kapuze und Christopher konnte nicht sagen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte. Da die Schwestern vom heiligen Kreuz Kloster und Hotel führten, musste es eine Ordensschwester sein. Er hatte das unbestimmte Gefühl, die Gestalt zu kennen. Als er näher herantrat,

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