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Arche Noah | Roman aus Ägypten

Arche Noah | Roman aus Ägypten

Titel: Arche Noah | Roman aus Ägypten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chalid al-Chamissi
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Geld in Projekte zu stecken, die Arbeitsplätze schaffen, kauften sie für Milliarden von Pfund Zement und Eisen. Ein paar Jahre wurde gebaut wie blöd, und dann war Schluss. Man hatte massenhaft Häuser hochgezogen, die nichts einbrachten.
    Bei unserem Treffen errechneten wir, dass die Firma Aussenstände von fünfzehn bis zwanzig Millionen Pfund hatte. Wenn einem in solch einer Situation alle Kredite gestrichen werden, fühlt es sich an, als würde man mit zwanzig Millionen Stundenkilometern gegen die Wand rasen.
    Am 1. Mai sollten die Fazilitäten für Bankkredite erneuert werden. Wir zahlten bereits eine bis eineinhalb Millionen Pfund Zinsen monatlich. Wie sollten wir das angesichts der jüngsten Regierungsbeschlüsse bewerkstelligen? Auf der einen Seite wurde einem das Geschäft ruiniert, auf der anderen Seite musste man fleissig Kredite tilgen. Das war das Todesurteil. Ein funktionierender Kreislauf wurde mir nichts, dir nichts zerschlagen. Wie um alles in der Welt soll man zig Millionen Pfund bezahlen, wenn einem die Arme gebunden sind, wenn man lahmgelegt ist und nicht agieren kann?
    »Sämtliche Dollarreserven im Land sind aufgebraucht, und was macht die Regierung? Sie schiesst sich ins eigene Knie. Mitdiesen Beschlüssen wird sich die Regierung um Hunderte Millionen Dollar bringen«, vermutete Gamâl bei unserem Treffen. »Die Geschäftsleute werden die Bankkredite nicht zurückzahlen können und sich ins Ausland absetzen – allen voran ich.«
    Genauso kam es dann auch. In Scharen wanderten die Geschäftsleute ab. Daraufhin stimmten die Medien das alte Lied an: von Verrätern und niederträchtigen Bankenplünderern, die mit dem Landesvermögen durchbrennen. Doch keiner fragte sich, warum sie alle auf einen Schlag das Weite suchten. Keiner fragte sich, warum Leute, die hierzulande in Saus und Braus lebten, plötzlich abhauten. Keiner fragte sich, warum die Regierung solche idiotischen Beschlüsse fasste. Ich persönlich bin mir nicht sicher, ob sie es in böser Absicht oder aus reiner Dummheit getan hatte.
    E nde Mai 1999 begann die Firma mit der Rückzahlung. Anfang September 1999 hatte sie die Schulden zu hundert Prozent beglichen und die Zinsen zu dreissig Prozent abbezahlt. Die Firma verfügte zwar noch über Vermögenswerte, doch die waren bei der wirtschaftlichen Flaute nicht zu liquidieren. Der Fall kam vor den Staatsanwalt. Gamâl ging am 3. September nach London, Anwar flog samt Familie am darauffolgenden Freitag in die USA. Talaat blieb allein in Kairo zurück.
    B ring mich heim, so weit weg von zu Haus
    bricht in mir das Feuer der Sehnsucht aus.
    Ergreifend melancholisch sang Abdallatîf Awad Umm Kulthûms Lied. Talaat, Schaukat und ihre drei Kompagnons applaudierten begeistert. Dann eilte Tîfa in dieKüche, um dem Abendessen den letzten Schliff zu geben. Die köstlichste Ente ihres Lebens bekämen sie in Kürze serviert, versprach Talaat seinen Gästen stolz. Er schätzt sich glücklich, Tîfa bei sich in Kuwait zu haben. Begegnet war er ihm bei Akram al-Mungi, und auf der Stelle hatte er eine Entscheidung gefällt, die er keine Minute bereute. Talaat war zum Abendessen bei Akram eingeladen gewesen, mit dem er seit etwa zwanzig Jahren befreundet war. Nachdem sie ein fürstliches Mahl genossen hatten, liess Akram die Bemerkung fallen, dass er dem Meisterkoch am nächsten Morgen den Laufpass geben werde.
    »Grossartig, Akram, wenn du ihn loswerden willst, nehme ich ihn.«
    »Hol dir lieber eine Philippinerin, mit der fährst du besser. Der hier bildet sich ein, bei mir eine Stelle als Chefkoch zu haben. Irgendwann wird er noch das Streikrecht einfordern.«
    »Ich will aber einen Ägypter.«
    »Du führst dich auf wie meine Tochter, die isst auch nur ägyptische Kost.«
    »Hast du ein Problem damit? Lass mich mit ihm reden, wir werden uns schon einigen.«
    »Hör zu, Talaat, ich will dir was sagen. Seit ich in Amerika lebe, ist mir klargeworden, dass die Leute hier auf einer höheren Stufe stehen als wir. Nimm es mir nicht krumm, aber das ist die Wahrheit. Das hat mit Herkunft und Rasse zu tun, sie sind einfach intelligenter und tüchtiger als wir. Unsereins gehört einer minderwertigen, schmutzigen Rasse an. Das ist kein Grund, beleidigt zu sein, es ist einfach eine Tatsache.«
    »Meinst du das ernst?«
    »Bitterernst. Selbst die gelbe Rasse ist uns überlegen, schau nur, was die Japaner und Chinesen auf die Beine stellen. Und schau, wo wir stehen. Aber so weit braucht man gar nicht zu gehen.

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