Arche Noah, Touristenklasse
politische Situation praktisch zu regeln, wies als erster der sowjetische Außenminister Gromyko hin, der die Abhaltung einer Fünfmächte-Konferenz in Kairo »unter Teilnahme aller interessierten Parteien« vorschlug. In einer weiteren Manifestation ihres guten Willens richtete die Sowjetregierung an Nasser das Ersuchen, für die Evakuierung der israelischen Flüchtlinge keine übertrieben hohen Schadenersatzansprüche zu stellen. Dieser humane Schritt des Kreml machte allseits den günstigsten Eindruck.
Überall waren die israelischen Flüchtlinge Gegenstand größter Zuneigung und Bewunderung. Die Wogen der Begeisterung für den Staat Israel gingen höher als jemals während seines Bestehens. Zahlreiche Städte beschlossen, eine ihrer Hauptstraßen in »Israel-Straße« umzunennen. Eine Gedächtnissitzung der Vereinten Nationen billigte nahezu einstimmig (!) den Vorschlag, die israelische Flagge nicht von ihrem Mast einzuholen und den Sitz des israelischen Delegierten leer zu lassen. Die Tagung erreichte ihren Höhepunkt, als der sowjetische Delegierte vollkommen unerwartet die Abhaltung eines »Israel-Tages« beantragte. Einverständnis und Eintracht waren so allgemein, daß man sich endlich begründete Hoffnungen auf den lang ersehnten Weltfrieden machen durfte.
Eine schönere, glücklichere Zukunft schien sich anzubahnen.
Israel war zum Symbol der Gerechtigkeit und der Moral geworden.
Leider beging Israel den Fehler, eine solche Wendung der Dinge nicht abzuwarten. Es ist ihr durch den Sinai-Feldzug von 1956 bis auf weiteres zuvorgekommen und hat damit eine einzigartige Gelegenheit versäumt, sich die Sympathien der Welt zu sichern. Gott allein weiß, wann man uns diese Gelegenheit wieder bieten wird.
Was die Finessen der Weltpolitik betrifft, so haben wir die anderen Völker noch nicht ganz eingeholt. Hingegen ist es uns gelungen, den Mann einzuholen, der die Vernichtung unseres eigenen Volkes durchzuführen hatte, und ihn vor Gericht zu stellen. Der Fall hatte etwas Surrealistisches an sich. Man konnte im Gerichtssaal beinahe plastisch die Gedankengänge einer überwirklichen Ratte verfolgen.
2X2 = SCHULZE
Ein avantgardistisches Fragment (Die Szene spielt in einem imaginären Gerichtssaal)
STAATSANWALT: Wieviel ist Ihrer Ansicht nach zwei mal zwei?
ADOLF: Herr Staatsanwalt, ich bin kein Mathematiker.
STAATSANWALT: Ich möchte trotzdem wissen, wieviel Ihrer Ansicht nach zwei mal zwei ist.
ADOLF: Ich habe mich mit solchen Dingen nie beschäftigt.
Wenn ich es mit Problemen dieser Art zu tun bekam, habe ich sie an die zuständige Abteilung weitergeleitet. Die Entscheidungen wurden in jedem Fall von Schulze getroffen.
STAATSANWALT: Sie wissen also nicht, wieviel zwei mal zwei ist?
ADOLF: Ich kann darüber keine Angaben machen, Herr Staatsanwalt.
STAATSANWALT: Und wenn ich Ihnen auf den Kopf zu sage, daß Sie es wissen?
ADOLF: Ziffern waren die Sache von Schulze.
STAATSANWALT: Immer, wenn Sie wissen wollten, wieviel zwei mal zwei ist, haben Sie nach Schulze geschickt?
ADOLF: Nicht immer. Manchmal konnten die betreffenden Fragen auch telephonisch geklärt werden. Ich möchte bei dieser Gelegenheit bemerken, daß Schulze Ende 1943 in das Salzkammergut versetzt wurde und daß ich ihn erst dort zusammen mit Lehmann getroffen habe.
STAATSANWALT: Wußte auch Lehmann, wieviel zwei mal zwei ist?
ADOLF: Daß weiß ich nicht. Danach habe ich ihn nie gefragt. Mein Vorgesetzter war, wie schon erwähnt, Schulze.
STAATSANWALT: Wußte Schulze die richtige Antwort auf die Frage: »Wieviel ist zwei mal zwei?«
ADOLF: Das kann ich nicht sagen. Ich hatte keine Möglichkeit, in sein Inneres zu sehen.
STAATSANWALT: Aber Sie durften sicher sein, daß er die Antwort wußte?
ADOLF: Ich habe mir niemals ein Urteil über meine Vorgesetzten angemaßt.
STAATSANWALT: Wieso wissen Sie dann, daß Schulze für diese Dinge zuständig war? Er kann doch nur dann zuständig gewesen sein, wenn er wußte, wieviel zwei mal zwei ist? Woher wissen Sie, daß er das nicht wußte? Oder daß er es wußte?
ADOLF: Ich wußte es nicht. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich sogar daran gezweifelt. Ich bin kein Mathematiker.
STAATSANWALT: Dann erklären Sie mir, wieso das Dokument Nr. 6013 in Ihrer Handschrift den Vermerk »2x2= 4« trägt.
ADOLF: Das ist unmöglich.
STAATSANWALT: Hier. (Reicht ihm ein Dokument) Haben Sie das geschrieben?
ADOLF: (nach sorgfältiger Prüfung des Dokuments)
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