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Arche Noah, Touristenklasse

Arche Noah, Touristenklasse

Titel: Arche Noah, Touristenklasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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geweiteten Augen starrte Tola'at Shani mich an:
    »Liebe? Ich liebe Boris? Dieses Schwein? Diesen Verbrecher? Ich halte ihn für die widerwärtigste Figur, die ich je geschaffen habe!«
    »Das glauben Sie nur«, wies ich ihn zurecht. »Lassen Sie sich von mir gesagt sein, daß Sie sich im innersten Kern Ihres geheimen Ich mit ihm identifizieren.«
    Tola'at Shani erbleichte.
    »Was Sie da sagen, trifft mich wie ein Keulenschlag«, murmelte er tonlos. »Als ich das Buch zu schreiben begann, habe ich Boris gehaßt, das weiß ich genau. Aber dann, als er in den Streit zwischen Peter und dem Marine-Attache verwickelt wird und trotzdem seiner Mutter nichts davon erzählt, daß er Abigail vergewaltigt hat ... Sie erinnern sich doch?«
    »Und ob ich mich erinnere! Er erzählt seiner Mutter nichts ...«
    »Richtig. Da fragte ich mich also: ist dieser Boris, mit all seinen Verirrungen und Unzulänglichkeiten, nicht immer noch ein wertvollerer Mensch als der Zoologe?«
    »Wir alle sind Menschen«, bemerkte ich tolerant. »Manche sind so, manche sind anders, aber im Grunde sind wir alle gleich.«
    »Eben darauf wollte ich ja hinaus. Haarscharf.«
    Sollte ich das Buch am Ende doch gelesen haben? Sozusagen unterbewußt, ohne es zu merken?
    »Man versichert mir von vielen Seiten«, sagte Tola'at Shani zögernd, »daß dieses Buch, zumindest was die Handlung betrifft, mein bisher stärkstes ist.«
    Ich sah nachdenklich zur Decke hinauf, als wollte ich die bisherige Produktion des vielversprechenden jungen Autors mit einem einzigen Blick umfassen. Dabei habe ich noch keine Zeile von ihm gelesen. Wozu auch? Wer ist dieser Tola'at Shani überhaupt? Warum schickt er mir seine Bücher? Es galt, die Dinge an ihren Platz zu rücken.
    »Ich würde nicht direkt sagen, daß es Ihr stärkstes Buch ist. Aber es ist bestimmt Ihr spannungsreichstes.«
    Tola'at Shani zuckte zusammen. Kein Zweifel, ich hatte ihn an seinem empfindlichsten Punkt erwischt. Tut mir leid. Oder soll ich vor Ehrfurcht zusammenknicken, wenn er seinen Dilettantismus ins Kraut schießen läßt?
    »Ich wußte es. So wahr mir Gott helfe, ich wußte es.« Die ganze Bitterkeit des Nichtskönners, der sich von einem überlegenen Geist durchschaut weiß, schwang in seiner Stimme mit.
    »Sie meinen das Abendessen in der Wohnung des Sturmtruppenkommandanten, nicht wahr. Ich hätte schwören können, daß Ihr Chauvinismus an dieser Szene Anstoß nehmen würde. Hätte ich vielleicht die ganzen Ereignisse in diesem von der Flut heimgesuchten Gebirgstal in Saccharin verpacken sollen, damit sie sich angenehmer lesen? Wenn Sie - erinnern Sie sich.«
    »Stottern Sie nicht«, ermahnte ich ihn. »Meine Geduld hat Grenzen.«
    »Erinnern Sie sich an die Schilderung des nächtlichen Kamelwettrennens um den Harem des Scheichs? Das hat Ihnen doch gefallen, oder nicht?«
    »Sogar sehr gut. Das war eine farbige Szene.«
    »Und daß Jekaterina die Tischlampe am Kopf des Richters zerschlägt - auch damit sind Sie einverstanden?«
    »Unter Umständen.«
    »Dann können Sie unmöglich etwas gegen das Schicksal einzuwenden haben, das ich Meir-Kronstadt und seinesgleichen bereite!«
    Heftiger Widerspruch stieg in mir auf. Hoppla, mein Junge, dachte ich. Du kannst begeifern, wen du willst - aber Meir- Kronstadt laß mir ungeschoren! Der ganze Verlauf des Gesprächs widerstrebte mir. Viel zu vage und unsachlich war das alles. Jetzt sollten die Funken stieben. Jetzt ging es mit meiner Zurückhaltung zu Ende.
    »Hören Sie, Tola'at Shani! Ich an Ihrer Stelle wäre auf diese Sache mit Meir-Kronstadt nicht so stolz!«
    »Ich bin aber stolz auf ihn!«
    Das Blut schoß mir in den Kopf. Unglaublich! Der Kerl wagt mir zu widersprechen!
    »Kronstadt ist ein Schwindler«, sagte ich scharf. »Was er tut, überzeugt keinen Menschen. Mehr als das: er ist überflüssig. Sie könnten ihn ohne Schaden für das Buch vollkommen weglassen.«
    »Und wie, wenn ich fragen darf, soll ich dann den eigentlichen Konflikt vorbereiten?«
    »Nun - wie? Was glauben Sie wohl?«
    »Sie denken wahrscheinlich an den Zoologen.«
    »An wen denn sonst.«
    »Und Jekaterina?«
    »Soll mit dem Richter durchgehen!«
    »Im neunten Monat?«
    »Nachher.«
    »Stellen Sie sich das nicht ein wenig zu einfach vor? Außerdem scheinen Sie zu vergessen, daß Jekaterina von einem Auto überfahren wird!«
    »Muß sie denn unbedingt überfahren werden? Gerade sie? Wenn schon jemand überfahren werden muß, dann Abigail.«
    »Lächerlich. Was soll das für

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