Arche
wollte mich vielmehr darauf hinweisen, dass die Verfasser des Originals eine Vertauschungschiffre verwendeten.«
»Nun mach doch die Sache nicht so spannend«, protestierte Grant. »Sag uns, was drinsteht.«
»Übersetzt lautet es: ›Lass der Nische Steine fünf und acht verschwinden. Die Steine vier und sieben hol hervor.‹«
»Hast du eine Ahnung, was damit gemeint sein könnte?«, fragte Tyler.
Dilara zuckte mit den Schultern, denn sie hatte sich bereits den Kopf darüber zerbrochen. Sie hatte gehofft, auf einen Einfall zu kommen, wenn sie mit ihren Freunden darüber sprach, aber sie wusste noch immer nicht, wie die Aufforderung zu interpretieren war.
»Vermutlich fällt es uns ein, wenn wir davorstehen.«
Tyler zuckte mit den Schultern. »Schauen wir also nach, was uns in Chor Virap erwartet.«
Es erstaunte Dilara, wie Tyler sich an jede Situation anzupassen verstand. Was auch geschah, er wusste, dass er einen Ausweg finden würde. Vermutlich machte ihn dieses Talent zu einem guten Ingenieur. Dass sich dieses Selbstvertrauen auch in anderen Bereichen seines Lebens zeigte, fand sie so anziehend an ihm. Sie wusste nicht, wohin die gemeinsam verbrachte Nacht führen würde, aber sie kostete die Erinnerung voll aus.
Der Firmenjet landete in Eriwan. Um möglichst unauffällig zu bleiben, hatte Tyler dafür gesorgt, dass ein Dolmetscher mit einem Fahrzeug am Flughafen auf sie wartete. Im Auto reichte er dem Mann ein Bündel amerikanischer Dollar. Der riss weit die Augen auf, denn so viel verdiente er sonst in einem halben Jahr.
»Damit unser Ausflug unter uns bleibt«, lächelte Tyler.
»Gewiss, Dr. Locke«, stotterte der Mann in einwandfreiem Englisch. »Mein Name ist Barsam Chirnian. Ich helfe Ihnen gern, so gut ich kann.«
»Wie lange brauchen wir nach Chor Virap?«
»Das Kloster liegt dreißig Kilometer südwestlich von hier. Wir dürften es in einer Stunde erreichen.«
Das würde etwa gegen fünf Uhr Ortszeit sein, überlegte Tyler.»Gut«, stimmte er zu. »Unterwegs können Sie uns vielleicht etwas darüber erzählen.«
Sie stiegen in einen alten Toyota-Geländewagen und wanden sich durch die Straßen der Stadt. Dann nahmen sie eine Landstraße in südlicher Richtung. Westlich von ihnen erhob sich der Berg Ararat mit seinem kleinen Bruder. Der fünftausendeinhundert Meter hohe Berg war das Nationalsymbol der Armenier. Er lag auf der türkischen Seite der Grenze.
Auf der Fahrt hielt ihnen Chirnian einen Vortrag über das Kloster und die alte Stadt Artaschat, die bis zum fünften Jahrhundert die Hauptstadt Armeniens gewesen sei. Wann genau das Kloster errichtet wurde, sei nicht bekannt. Man wisse nur, dass es zu den ersten christlichen Klöstern überhaupt gehöre. Es liege auf der einzigen Erhebung der Ebene und diene als Festung. Da in der Klosterkirche der Schrein von Gregor dem Erleuchter aufbewahrt werde, sei sie eine Stätte besonderer Verehrung.
Ihr Dolmetscher hatte gerade die Lebensgeschichte des größten Heiligen der armenischen Geschichte beendet, als sie in Artaschat eintrafen. In der Oktobersonne breitete sich eine wie mit Gold überzogene Ebene vor ihnen aus. Scheinbar endlose Reihen von Rebstöcken erstreckten sich, von einzelnen Gehöften unterbrochen, bis hin zu den Ausläufern des Araratgebirges. Am Berg hingen Wolkenfetzen, als wollten sie den blauen Himmel verzieren.
Das alte Kloster Chor Virap lag auf dem südlichen Ausläufer eines karstigen Hügels und war eine Touristenattraktion. Der Toyota fuhr die Hangstraße hinauf und durch das äußere Klostertor. Obwohl es kurz vor Feierabend war, stand ein Dutzend
Autos auf dem Klosterparkplatz. Die drei Freunde und der Dolmetscher stiegen aus und schritten durch einen Steinbogen, der in die wuchtige, steinerne Umfriedung eingelassen war. Sie erklommen einige Stufen.
Im Innenhof erhob sich die Kirche. Der Dolmetscher erzählte, dass sie oft für Hochzeiten genutzt werde. Es fand gerade keine Trauung statt, aber Männer und Frauen, einige in westlicher, andere in armenischer Kleidung, machten Fotos von dem Gotteshaus vor dem berühmten Berg. Die Mönche hatten das Kloster vor langer Zeit verlassen. Nun wurde es von der armenisch-orthodoxen Kirche verwaltet.
»Wir müssen den obersten Priester sprechen«, wandte sich Tyler an den Dolmetscher.
Dieser nickte und machte sich auf den Weg. Es dauerte nicht lange, und ein freundlich aussehender Geistlicher trat aus der Kirche. Er sprach kein Englisch, sondern ließ sich durch
Weitere Kostenlose Bücher