Arche
Bernsteinbrocken mit kleinen Insekten. Baumharz, der vor Jahrmillionen erstarrt war.
Die Stücke am Rand der Säule waren vollständig durchsichtig und gänzlich ohne Einschlüsse. Das Amulett des Sem hingegen enthielt das Skelett eines fünf Zentimeter großen Frosches. Es schwamm in einer Blase, die die Form eines lebenden Frosches hatte und anscheinend mit einer zähen Flüssigkeit gefüllt war.
Nachdem Dilara Fotos gemacht hatte, nahm Tyler die Bernsteinkugel in die Hand. Die Flüssigkeit bewegte sich, und die Knochen schienen langsam im Kreis zu schweben.
»In diesem Bernstein befindet sich der Ursprung der Seuche«, sagte er. »Das ist Ulrics Rohmaterial. Der Frosch wurde in dem Harztropfen gefangen und löste sich auf, weil er krank war. Deshalb hat er einen Hohlraum in Form eines Frosches hinterlassen. Das Prion muss noch entwicklungsfähig sein, weil es durch den Bernstein geschützt war. Als Ulric das Amulett des Jafet sah, ahnte er, dass es die tödliche Seuche bergen musste, vor der Noah sich und die Seinen in Sicherheit gebracht hatte.
»Ulric ist durch einen Frosch an das Arkon gekommen?«, fragte Grant. »Wie in Jurassic Park, nur klebriger?«
Tyler nickte.
Grant nahm das Amulett in die Hand und besah sich die schwimmenden Knochen. »Armer Frosch! Genauso ist es denen in Haydens Flugzeug ergangen.«
»Wenn der aufgelöste Frosch das Arkon enthält, muss die Seuche aus der Zeit stammen, in der er lebte. Noch wissen wir nicht, wann das war. Vielleicht war das Tier grade dabei, sich vor den Plattfüßen eines Tyrannosaurus Rex in Sicherheit zu bringen, als das Harz heruntertropfte.«
»Du meinst, dieses Zeug könnte auch für den Tod der Dinosaurier verantwortlich sein?«, fragte Grant.
»Das Arkon wäre mit Sicherheit virulent genug dafür gewesen. Aber wirklich wissen werden wir das wohl nie.«
Inzwischen hatte Dilara den Text an der Wand gelesen.
»Hallo, Jungs«, sagte sie und machte ein Foto.
»Hier steht, was passiert ist. Noah hat die Bernsteinstücke in einem Flusslauf entdeckt. Sie waren das erste Zeichen Gottes, dass er die Arche bauen sollte.«
Sie wandte sich an Tyler und Grant. »Bernstein war wegen seiner Farbe und seines Glanzes ein hochgeschätzter Schmuckstein. Solche Funde waren ein Vermögen wert.«
»Wie kam es dazu, dass das Prion freigesetzt wurde?«, erkundigte sich Tyler.
Dilara fuhr mit dem Finger an der Schrift entlang. »Wenn ich mich nicht täusche, heißt es hier, dass Noah einen Traum hatte. Die Bernsteinstücke, von denen die drei größten Froschknochen enthielten, waren eine besondere Gabe Gottes allein für ihn. Eines Tages sah sie ein reisender Händler, der behauptete, man könne die Flüssigkeit als Arznei verkaufen. Noah ahnte, dass er gegen Gottes Willen verstoßen würde, wenn er dem Händler den Bernstein überließ. Deshalb versteckte er ihn, aber der Händler stahl eines der Stücke und verschwand.«
Sie sprach stockend und machte Pausen an den schwer übersetzbaren Stellen.
»Noah hatte einen weiteren Traum. Der Dieb sei ein Beispiel für die Bosheit der Menschen, die selbst vor Gottes Dienern nicht haltmache. Eines Tages hörte Noah von einer ungewöhnlichen Krankheit im Land des Händlers. Sie breitete sich immer weiter aus. Noah verstand die Seuche als ein Zeichen des göttlichen Zorns. Wieder hatte er einen Traum. Darin gab Gott ihm die Anleitung, wie er die Arche zu bauen habe. Er und seine Söhne machten sich an die Arbeit und versuchten auch andere davon zu überzeugen, dass sie umkommen würden, wenn sie sich ihm nicht anschlössen. Aber niemand hörte auf ihn.«
»Dann begann es zu regnen«, sagte Tyler.
Dilara nickte. »Der Regen brachte die Flut, wie die Seuche im ganzen Land genannt wurde. Noah schloss den Eingang zu seiner Arche aus Angst, dass Infizierte bei ihm Zuflucht suchen würden. Und dann warteten sie.«
»Hier ist es staubtrocken«, sagte Grant. »Wie haben sie sich mit Wasser versorgt?«
»Das wird in diesem Text nicht erwähnt. Es könnte aber sein, dass in der Nähe der Spalte, durch die wir in die Arche gelangt sind, Gletscherwasser herunterlief.«
»Und der Schatz?«
Dilara las weiter: »Nach der Flut waren alle Lebewesen ausgemerzt. Es gab keine Tiere, keine Vögel und auch keine Menschen mehr.«
»Alles auf Erden war tot?«, fragte Grant.
»Wahrscheinlich nicht«, meinte Tyler. »Noah ist sicher nicht allzu weit umhergereist. Deshalb dürfte es ihm so vorgekommen sein, als sei das Leben auf der ganzen Welt
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