Arche
Panik.
»Bitte! Es tut mir leid!«, schrie er von Hustenkrämpfen geschüttelt. »Bitte! Hilfe!« Sein Blick fiel auf Dean, der ihn mit großen Augen ansah.
Das Rinnsal, das aus seinem Mund lief, wurde zu einem Schwall. Entsetzt zogen die Zuschauer die Luft ein. Erstickte Schreie waren zu hören. Seine Haut hob sich, erst in Flocken, dann in Fetzen. Er löste sich auf.
Pinter stöhnte im Todeskampf. Seine Hand flog zur Kehle. Er rang nach Luft. Seine Lunge hatte sich gefüllt. Er ertrank im eigenen Blut.
Es dauerte noch dreißig Sekunden, bis er tot war. Mit einem letzten Gurgeln erlosch er, die Augen auf Dean gerichtet. Sein Kopf fiel nach hinten gegen die Wand. Ein großes Stück Haut löste sich dabei. Ein blutiger Fleck blieb zurück, als sein Leichnam zu Boden sackte.
Einige Zuschauer heulten auf, andere weinten vor Ekel und Angst. Ulric beschwichtigte sie mit einer Handbewegung. Das Schauspiel war noch nicht beendet.
Pinters Körper löste sich langsam weiter auf. Es war, als würde man ihn im Zeitraffer vermodern sehen. Die Wunden
wurden zu Löchern, Blut und Lymphe sickerten heraus. Das Blut an der Wand verdampfte, als wäre es ein Wasserfleck.
Sebastian Ulric sah sich um. Alle starrten entsetzt auf den sich auflösenden Körper. Einige Zuschauer schienen am Rand einer Ohnmacht zu sein. Eine Frau übergab sich in einen Abfallkorb. Mit der Wirkung seiner Vorführung konnte der Herr der Diluvianer zufrieden sein. Niemand, der mit dem Gedanken gespielt hatte, in Sam Watsons Fußstapfen zu treten, würde noch einen einzigen Gedanken daran verschwenden.
Jede Körperzelle Pinters wurde angegriffen, und innerhalb von drei Minuten war nichts mehr von ihm übrig. Nur sein Skelett lag da, als wäre es von einem Schwarm heißhungriger Piranhas abgenagt worden. Sein Schädel, der noch keine fünf Minuten zuvor ein menschliches Gesicht gewesen war, schien höhnisch das Observationsfenster anzugrinsen.
Wieder drückte der Laborant auf den Knopf. Das Zischen verstummte.
»Und somit sind wir fertig«, ließ sich Sebastian Ulric vernehmen. »Mit Sicherheit war dieses Erlebnis instruktiv.«
Einige sagten gleich »ja«, andere nickten beflissen.
Befriedigt fuhr Ulric fort: »Damit wären wir fertig.« Die Frau, die sich übergeben hatte, forderte er auf, den Papierkorb mitzunehmen.
Der Raum leerte sich. Alle waren wie vor den Kopf gestoßen angesichts der Szene, deren Zeugen sie gewesen waren. In der Versuchskammer schrie Dean durch seine Maske und hämmerte mit den Fäusten gegen die Tür.
Sebastian Ulric wartete, bis der letzte Diluvianer den Raum verlassen hatte und schloss persönlich die Tür. Nun waren nur noch der Laborant, Dan Cutter, Svetlana Petrova und er selbst anwesend.
»Was wird aus ihm?«, wollte sein Sicherheitschef wissen. »Soll ich ihn rauslassen?«
Der Laborant hob die Brauen. Feierlich schüttelte sein Boss den Kopf. »Ich fürchte, das wird nicht gehen. Gavin trägt zwar eine Maske, aber er war dem Gas ausgesetzt. Arkon-B wird auch über die Haut aufgenommen, wenngleich sehr viel langsamer als durch die Lunge. Wir können ihn nicht aus der Kammer lassen. Er ist infiziert und würde unser aller Tod bedeuten. Wir können nur noch eines für ihn tun.«
Er warf dem Laboranten einen kurzen Blick zu. Der murmelte lautlos etwas vor sich hin. Dann klappte der Mann ein geschütztes Bedienungsfeld auf und legte seinen Finger auf den Schalter mit der Beschriftung »Sterilisieren«.
19. KAPITEL
Der Flug von Las Vegas nach Seattle hatte nicht viel länger gedauert als die Autofahrt von der Absturzstelle zurück zum Flughafen. Es war früher Nachmittag, als Tyler und Dilara landeten. Er brachte sie vom Flugzeug zum Terminal seiner Firma, denn Gordian hatte ein eigenes Vorfeld auf dem Flughafen südlich des Zentrums.
Der Oktobertag war ungewöhnlich hell und warm. Die Wolken, von denen die Stadt während des Winters normalerweise belagert wurde, ließen sich noch nicht blicken, und so konnte man in der Ferne die Berge der Olympics und Mount Rainier glitzern sehen.
Tyler blieb bei einem schnittigen roten Sportwagen stehen und öffnete den Kofferraum. Er stellte seine Tasche hinein, zog ein Kabel aus der Wand und ließ es in das Auto gleiten.
»Was ist das?«
»Um die Batterie aufzuladen.« Er nahm auf dem Fahrersitz Platz, Dilara setzte sich neben ihn. »Das ist ein Tesla. Voll elektrisch. In vier Stunden ist er geladen.«
Er drückte auf einen Knopf, um das Auto zu starten. Ein höfliches
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