Arche
weiterlaufen lassen, bis ich wusste, was werden würde.« Sie sah Tylers überraschten Blick. »Es wäre meinem Vater nicht recht gewesen, wenn ich meinen Beruf aufgegeben hätte«, fügte sie hinzu.
Tyler nickte nur. Was ihn frappierte, war das Auftragsvolumen, nicht Julia Colemans Entscheidung, in ihrem Beruf zu bleiben. Colemans Firma war erfolgreich, aber klein. Dreißig Millionen waren da eine gewaltige Summe.
»Dr. Locke«, unterbrach Julia Coleman seine Überlegungen, »ich muss nach Hause und ins Bett.« Sie reichte ihm den Büroschlüssel. »Schließen Sie ab, wenn Sie gehen.«
»Das ist sehr entgegenkommend von Ihnen«, bedankte sich Tyler.
»Nur noch eine Frage. Besteht Aussicht, dass Sie den Kerl schnappen, der meinen Vater umgebracht hat?«
»Wir werden unser Möglichstes tun.«
»Gut. Denn auch wenn ich Ärztin bin, würde ich den Menschen,
der für den Tod meines Vaters verantwortlich ist, am liebsten auf kleiner Flamme brutzeln sehen.«
Sie ging.
»Ich kann nachvollziehen, was sie empfindet«, sagte Dilara. »Sie glauben also, dass die Oasis-Akten entfernt wurden?«
»Mir sieht das Ganze gewaltig nach einer Vertuschungsaktion aus. Erst kommen alle Ingenieure, die an Oasis gearbeitet haben, durch einen Fehler ums Leben, der einem so erfahrenen Mann wie Coleman nie und nimmer unterlaufen würde. Dann verschwinden alle Unterlagen. Und um allem die Krone aufzusetzen, erhält seine Firma ein maßlos überzogenes Honorar, das aller Wahrscheinlichkeit nach dazu dienen sollte, die Überlebenden zum Schweigen zu bringen. Jemand muss jeden Fetzen Papier über Oasis gestohlen haben. Vermutlich haben sie das Büro nur deshalb nicht in die Luft gejagt, weil dann unnötig Staub aufgewirbelt worden wäre.«
»Und was ist mit den Computerdateien?«
»Wenn noch etwas vorhanden sein sollte, findet Aiden es.«
Sie suchten noch eine Stunde vergeblich weiter. Wer immer es gewesen war, er hatte gründliche Arbeit geleistet. Tyler war niedergeschlagen. Sein Datenspürhund Aiden war ihre letzte Hoffnung.
»Die Typen verstehen ihr Geschäft, Tyler«, waren dessen erste Worte, als er sich endlich meldete. »Nirgendwo findet sich ein Hinweis auf Oasis. Ordner, Powerpoint, Word, E-Mail. Null. Um andere Vorgänge haben sie sich nicht gekümmert. Wahrscheinlich, weil es sonst zu verdächtig ausgesehen hätte.«
Tyler hatte das Gefühl, Aiden habe einen Hintergedanken.
»Das heißt, du hast doch etwas entdeckt«, sagte er, plötzlich wieder hoffnungsvoll.
»Ich habe gesagt, dass deine geheimnisvollen Gegner ihr
Geschäft verstehen, aber ich bin nicht so leicht zu schlagen. Ich habe ein paar Suchläufe am Rande durchgeführt. Da dieser Watson deinen Namen kannte, habe ich Tyler und Locke als Suchparameter verwendet. Ich bin auf ein paar allgemeine E-Mails zwischen dir und Coleman gestoßen. Ein paar Bitten um Literaturhinweise und Ähnliches. Eine E-Mail hat mich stutzig gemacht.«
»An mich oder von mir?«
»Weder noch. Es geht darin um dich.«
»Lies vor!«
»Coleman hat sie einem seiner Mitarbeiter geschickt. Zitatanfang: Jim, das neue Projekt macht uns alle reich. Ich kann einfach nicht glauben, dass Locke es abgelehnt hat. Es klingt wie maßgeschneidert für ihn. Aber umso besser für uns. Das Projekt heißt Whirlwind. Albern, was? Diese Militärs haben eine lächerliche Schwäche für kodierte Namen. Der Auftraggeber will ihn noch ändern, hat mir den neuen Namen aber noch nicht geschickt. Ich sage Bescheid, wenn er da ist, und dann kurbeln wir die Sache an. Lass mich wissen, wen Du von Deinem Team mit dabeihaben willst. Denk dran, es ist ein schwarzes Projekt. John. Zitatende. Liege ich richtig? Hat das etwas mit deinen Ermittlungen zu tun?«
Tyler war sprachlos. Whirlwind! Seit drei Jahren hatte er den Namen nicht mehr gehört. Er hatte damals den Vertrag über das Projekt unterschrieben. Zwei Monate später hatte der Kunde seine Meinung geändert und die Zusammenarbeit aufgekündigt.
»Tyler, bist du noch dran?«
Tyler schluckte. »Ja, Aiden. Versuch noch weitere Hinweise auf Whirlwind zu finden. Ich melde mich wieder.«
Er legte den Hörer auf. Der Schock stand ihm wohl ins Gesicht geschrieben, denn Dilara fragte: »Was ist los?«
Er berichtete von der E-Mail.
»Sie denken also, Whirlwind und Oasis sind dasselbe Projekt?«
»Ich kann nur hoffen, dass das nicht der Fall ist.«
»Warum?«
»Weil der, der hinter Whirlwind steckt, sich auf das Ende der Welt vorbereitet.«
25. KAPITEL
Auf Dilaras
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