Arche
dass er in Yale auf die Idee gekommen war, die Kirche der heiligen Wasser zu gründen. Zuerst ließ ich ihn höflich abblitzen. Dann lud er mich jedoch nach Hawaii ein, angeblich um Laborfragen zu besprechen. Kaum war ich dort, hielt er mir Vorträge über den Zustand der Welt und dass die Menschheit ein Schandfleck der Schöpfung
sei. Allein seine ›Kirche‹ könne daran etwas ändern, indem sie nämlich die hellsten Köpfe der Welt zusammenrufe, denen die Notwendigkeit einer besseren Zukunft einleuchte.
Er gab mir zu verstehen, ich sei genau der Typ, nach dem er Ausschau halte. Ich war der Meinung, dass er eingesperrt gehörte, denn er machte keinen Hehl aus seiner Verachtung für Menschen, die ihm intellektuell unterlegen waren. Und obwohl ich mit einigen seiner Überlegungen übereinstimmte, stieß mich der Fanatismus seiner Tiraden ab. Ich habe kein Blatt vor den Mund genommen und mich klipp und klar von seiner Organisation distanziert. Zurück nach Seattle bin ich auf eigene Kosten geflogen.
Einige Tage später fiel mir auf, dass versäumt worden war, bestimmte Baugenehmigungen für das Labor einzuholen, und dass man sich auch über erforderliche Umweltschutzmaßnahmen hinweggesetzt hatte. Ich machte Ulric darauf aufmerksam – und die Firma verlor prompt den Auftrag. Darüber hinaus drohte er mir, seine Anwälte würden nicht mit sich spaßen lassen, sollte ich die Angelegenheit weiter verfolgen.
Zwei Wochen später entzog man uns auch das Projekt Whirlwind. Der Doppelschlag war für die Firma schwer zu verkraften, aber einen Zusammenhang sah ich damals nicht.«
»Hinter dem Biowirkstoff steckt also Sebastian Ulric?«, fragte Dilara.
»Ich hoffe nicht, aber ich fürchte, das bleibt nur ein frommer Wunsch. Und nun müssen wir noch einmal einkaufen gehen. Allerdings gibt es ein Problem: Wo bekommen wir ein Abendkleid für dich?«
»Abendkleid?«
Tyler nickte. »Hast du Lust, mit mir auf eine Party zu gehen?«
GENESIS DAWN
34. KAPITEL
Durch die offene Tür seiner Suite konnte Tyler das leise Brummen eines Boots hören, das am Kreuzfahrtkai von Dodge Island vorbeifuhr. Die Sonne war bereits untergegangen, und in der Ferne strahlten die Wolkenkratzer von Miami. Er sah auf die Uhr. Halb acht. Die Gala hatte vor einer halben Stunde begonnen. Aber er wollte nicht zu früh erscheinen und seinen Auftritt verpatzen.
Er taxierte sich im Spiegel des Salons. Nicht übel für einen Ingenieur, den man noch vor zwei Tagen zu Brei zerquetschen wollte. Jemand war so nett gewesen, seine Glock aufzuheben, die er bei der Verfolgungsjagd verloren hatte. Sie hatte gelitten, aber nach einer kurzen Überholung funktionierte sie wieder. Da in Florida das Tragen versteckter Waffen erlaubt war, hatte er sich seine Smokingjacke eine Nummer größer gekauft. Nach dem Abenteuer in Phoenix schwante ihm, dass er seine Pistole wieder brauchen würde. Das verlässliche Leatherman hatte er in seinem Gürteletui verstaut.
Er war nun felsenfest davon überzeugt, dass sein einstiger Auftraggeber Sebastian Ulric hinter den jüngsten Ereignissen steckte. Das Problem war nur, wie konnte er das beweisen? Er hatte sich in den vergangenen vierundzwanzig Stunden vergeblich den Kopf darüber zerbrochen. Niemand würde die Aussage eines der reichsten Männer des Landes in Frage stellen, selbst wenn er der Gründer einer lichtscheuen religiösen Sekte war.
Er wusste, dass Ulrics Mischung aus Reichtum und Selbstgerechtigkeit brisant war. Da das FBI bereits das Schiff und das Gepäck durchsuchte, würde er sich etwas anderes einfallen lassen. Wenn er seinen Gegner auf der Gala überrumpelte, gelang es ihm vielleicht, ihn für einen Moment aus der Fassung zu bringen und zu einem Fehler zu verleiten.
»Wie läuft es da drinnen?«, fragte er.
»Fast fertig«, antwortete Dilara durch die Zimmertür. »Es ist nicht einfach, das Kleid anzuziehen. Es sitzt etwas knapp.«
»Brauchst du Hilfe?«
»Ich sag Bescheid, falls nötig.«
Einen Moment später schob sie die Türen zur Seite. Tyler holte tief Luft.
Sie hatten einen Ausflug gemacht und einen exklusiven Laden in Phoenix aufgesucht, wo Dilara ein schlichtes schwarzes Abendkleid mit passenden Stöckelschuhen gekauft hatte. Tyler hatte es nicht gesehen, als sie es anprobierte, und war nun sehr überrascht. Bisher kannte er sie nur in Arbeitskleidung und ohne Make-up, das Haar zum Knoten oder Pferdeschwanz gebunden.
Dilara war wie verwandelt. Ihr ebenholzschwarzes Haar fiel bis über die
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