Arche
Stimme wiedererkennen?«
»Vielleicht. Die Frau im Flughafen sprach mit Akzent.«
Tyler rückte noch näher, so dass sie der Unterhaltung folgen konnten. Ulric war gerade fertig, und einer der Zuhörer stellte ihm eine Frage.
»Ich verstehe, was Sie sagen wollen«, begann der korpulente Mann, »aber finden Sie nicht, dass Geschäft und Umweltschutz in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen müssen?«
»Was heißt in diesem Fall Ausgewogenheit?«, antwortete Ulric. Sein Bariton klang in den Ohren seiner Zuhörer wahrscheinlich imposant, aber auf Tyler wirkte er abschreckend. »Die Menschen sind die habgierigsten, zerstörerischsten Geschöpfe, die je die Erde bewohnten. Sie löschen mehr Arten aus als jedes andere Lebewesen in der Geschichte des Planeten. Ich räume ein, dass es viele Individuen gibt, denen es sehr zu Herzen geht, was wir unserer Welt antun, aber im Großen und Ganzen … Nein, ich glaube nicht, dass die Verwüstung der
Erde zum Stillstand kommen wird, es sei denn, es geschieht etwas Drastisches.«
»Etwas Drastisches? Wie die globale Erwärmung?«
»Ich fürchte, die Klimakatastrophe ist nur ein Symptom unserer Bemühungen, andere Arten auszulöschen, absichtlich oder unabsichtlich. Es kann sein, dass wir uns eine Weile besinnen, aber gewiss nur kurz. Dann werden wir wieder alles ausradieren, was nicht in einem Zoo lebt. Nein, ich stelle mir vor, dass es noch extremer sein muss.«
»Gott sah sich die Erde an«, unterbrach ihn da Tyler, »sie war verdorben, denn alle Wesen aus Fleisch auf der Erde lebten verdorben.« Er hatte auf dem Flug nach Miami Noahs Geschichte noch einmal gelesen.
Ulric drehte den Kopf, um zu sehen, wer in das Gespräch platzte. Tyler hielt den Blick auf seine Augen gerichtet. Für den Bruchteil einer Sekunde sah er eine Mischung aus Überraschung und Furcht. Dann gewann der unübertreffliche Schauspieler seine Contenance zurück. Sein Gesicht wurde ausdruckslos, schließlich strahlte er.
»Tyler Locke, ich habe ja gar nicht gewusst, dass Sie zu den Bibelgelehrten gehören.« Er machte keine Anstalten, ihm die Hand zu reichen, und auch Tyler bewegte den Arm nicht.
»Ich bin nur ein Dilettant. Ich sehe allerdings mit Überraschung, dass sich ein Milliardär, der sich mehrere eigene Yachten leisten kann, so weit erniedrigt, in Gesellschaft von uns Kulis zu reisen.«
Die anderen Passagiere folgten neugierig dem Schlagabtausch.
»Mir gehört zufällig ein größeres Aktienpaket dieser Kreuzfahrtgesellschaft«, konterte Ulric, »und ich dachte, ich leiste bei diesem historischen Anlass meinen Beistand.«
»Bei was für einem Anlass?«
Er wartete einen Moment mit der Antwort, dann wurde sein Lächeln breiter, als hätte er begriffen, was Tyler sagen wollte.
»Das Auslaufen des größten Passagierdampfers der Welt natürlich. Die Dame zu meiner Linken ist übrigens Svetlana Petrova. Und wer ist wohl Ihre reizende Begleiterin?« Er warf verstohlen einen Blick auf das Medaillon. Er wusste sehr wohl, wen er vor sich hatte.
»Ich bin Dilara Kenner.« Sie durchbohrte Svetlana mit ihrem Blick. »Stammen Sie ursprünglich aus Russland?«
»Aus einem Moskauer Vorort«, erwiderte sie mit leicht slawischem Akzent. »Ich bin mit dreizehn Jahren nach Amerika gekommen.«
Dilara nickte. Sie drückte Tylers Arm ein wenig stärker. Er verstand, was sie sagen wollte.
»Sind Sie geschäftlich hier oder zum Vergnügen?«, erkundigte sich Ulric.
»Sowohl als auch. Die Kreuzfahrtgesellschaft hat mich gebeten, sie bei der Planung ihres nächsten Schiffs zu beraten, und man hat mir als Teil des Geschäfts eine Kabine auf diesem hier angeboten.«
»Machen Sie die ganze Kreuzfahrt mit?«
»Nur bis New York. Vierzig Tage sind zu lang für mich. Und Sie? Was werden Ihnen die nächsten vierzig Tage bringen?«
»Oh, ich bleibe nur über Nacht an Bord, dann muss ich das Schiff verlassen. Ich habe einen vollen Terminkalender.«
»Was halten Sie von Rex Haydens Flugzeugabsturz? Wie ich hörte, war sein Bruder ein Mitglied Ihrer Kirche?«
»Es ist tragisch, dass beide Brüder so jung verstorben sind. Die Medien waren bisher sehr zurückhaltend in ihren Meldungen über die Absturzursache.«
»Ich gehöre zum Ermittlungsteam.«
Ulrics Augen glitzerten boshaft: »Ach ja? Und was haben Sie festgestellt?«
»Darüber kann ich nicht sprechen. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.«
»Natürlich. Ich weiß doch, wie sehr Ingenieure sich an feststehende Verfahrensweisen
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