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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verbrechen lohnt sich
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auf einen Drink zu treffen, kann sie unmöglich überrascht gewesen sein, dass meine Antwort ziemlich eisig ausfiel. Immerhin waren meine Erinnerungen an unsere letzte Begegnung nicht gerade erfreulich.
    Ich war bei den Keswicks zum Dinner eingeladen gewesen, und wie alle guten Gastgeberinnen hielt Kathy Keswick es für ihre Pflicht, alle unverheirateten Männer über dreißig neben einer ihrer – jedenfalls zurzeit – ledigen Freundinnen Platz nehmen zu lassen. Deshalb war ich enttäuscht, dass Kathy mich ausgerechnet neben Mrs. Ruby Collier gesetzt hatte, der Gattin eines Abgeordneten der Konservativen. Kaum hatte ich mich vorgestellt, sagte sie auch schon: »Sie kennen meinen Mann doch bestimmt aus den Medien.« Dann erklärte sie mir lang und breit, dass ihre Freundinnen es einfach nicht verstehen konnten, weshalb ihr Gatte noch nicht im Kabinett war. Ich sah mich außerstande, ihr meine ehrliche Meinung über dieses Thema zu sagen, weil ich bis zu diesem Augenblick noch nie von einem Mr. Collier gehört hatte.
    Auf der Platzkarte an meiner anderen Seite stand »Susie«, und die betreffende Dame sah so attraktiv aus, wie man sich eine Tischnachbarin an einem Tisch für zwei nur wünschen kann. Nach einem heimlichen Blick auf das lange blonde Haar, die blauen Augen, das bezaubernde Lächeln und die schlanke Figur hätte ich mich nicht gewundert, hätte sie als Model gearbeitet. Aber dem war nicht so, wie ich bereits wenige Minuten später von ihr selbst erfuhr.
    Ich stellte mich vor und erklärte ihr, dass ich mit unserem Gastgeber in Cambridge studiert hatte. »Und woher kennen Sie die Keswicks?«, fragte ich.
    »Ich saß im gleichen Büro wie Kathy, als wir beide für Vogue in New York gearbeitet haben.«
    Ich war enttäuscht, dass sie in den Staaten lebte. Auf die Dauer?, fragte ich mich. »Und wo arbeiten Sie jetzt?«, erkundigte ich mich hoffnungsvoll.
    »Immer noch in New York. Ich bin seit kurzem Redakteurin für das Ressort bildende Kunst bei Art Quarterly .«
»Ich habe gerade vorige Woche mein Abo verlängert«, erzählte ich ihr nicht ohne Stolz. Sie lächelte, offenbar erstaunt darüber, dass ich überhaupt je von dieser Zeitschrift gehört hatte.
»Wie lange bleiben Sie in London?« Ich blickte verstohlen auf ihre Hände und stellte fest, dass sie weder einen Ehering noch einen Verlobungsring trug.
»Nur ein paar Tage. Ich bin vergangene Woche zur Rubinhochzeit meiner Eltern herübergeflogen und möchte mir noch die Lucian-Freud-Ausstellung in der Tate-Galerie anschauen, bevor ich nach New York zurückkehre. – Und was machen Sie beruflich?«
»Mir gehört ein kleines Hotel in der Jeremy Street«, antwortete ich.
Ich hätte gern den Rest des Abends mit Susie geplaudert, und nicht nur, weil Kunst mein Hobby ist, doch meine Mutter hatte mich von früh auf gelehrt, dass man einer Tischnachbarin nicht mehr Aufmerksamkeit widmen darf als der anderen, auch wenn man nur von einer fasziniert ist.
Deshalb wandte ich mich wieder Mrs. Collier zu, die mich sofort fragte: »Haben Sie die Rede gelesen, die mein Mann gestern im Unterhaus gehalten hat?«
Ich gestand, dass ich diese Rede nicht kannte, was ein großer Fehler war, denn Mrs. Collier zitierte sie sofort.
Nach Beendigung ihres einschläfernden Monologs über den Entwurf zum Thema Nationale Konventionen wusste ich, weshalb ihr Gatte nicht im Kabinett saß. Ich nahm mir vor, dem Burschen möglichst aus dem Weg zu gehen, sobald wir uns zum Kaffee in den Salon zurückzogen.
»Ich freue mich, Ihren Gatten nach dem Dinner kennen zu lernen«, behauptete ich jedoch höflichkeitshalber, ehe ich mich wieder Susie zuwandte. Ihre Aufmerksamkeit galt jetzt einem Mann auf der anderen Seite des Tisches, doch ich sah, dass der Betreffende in ein Gespräch mit seiner Tischnachbarin Mary Ellen Yarc vertieft war, einer Amerikanerin, und von Susies Bewunderung offenbar nichts bemerkte.
Ich erinnerte mich, dass er Richard hieß und mit dem Mädchen am anderen Ende der Tafel gekommen war. Auch sie blickte in Richards Richtung, und ich musste zugeben, dass er ein gut geschnittenes Gesicht und dichtes welliges Haar hatte und deshalb nicht unbedingt einen Doktortitel in Quantenphysik brauchte, um auf Frauen zu wirken.
»Was tut sich zurzeit Aufregendes in New York?«, fragte ich, um Susie wieder auf mich aufmerksam zu machen.
Sie wandte sich wieder mir zu und lächelte. »Wir bekommen bald einen neuen Oberbürgermeister«, ließ sie mich wissen. »Zur Abwechslung könnte es

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