Archer Jeffrey
die Abänderung von drei Bestimmungen vorgeschlagen hatte, hörten die Vorderbänke beider Parteien aufmerksam zu, wann immer er etwas zu sagen hatte. Als die Regierung bei einer der Bankkredite betreffenden Bestimmung nachgeben mußte, erhielt er sogar einen schriftlichen Glückwunsch von Margaret Thatcher.
Die Bestimmung, an deren Abschaffung Charles am meisten interessiert war, betraf das Recht des Kunden auf Geheimhaltung, wenn er mit einer Wirtschaftsbank zu tun hatte. Der Schattenfinanzminister, der wußte, wie gut beschlagen Charles in diesem Bereich war, lud ihn ein, Bestimmung 110 zu attackieren. Wenn es ihm gelänge, die Regierung in dieser Frage zu schlagen, würde man ihn wahrscheinlich vor den nächsten Wahlen in das Schattenteam für Finanzfragen einladen, vermutete Charles.
Am Morgen des Donnerstag, an dem diese Bestimmung zur Sprache kommen sollte, ging Charles mit Reynolds nochmals seine Argumente durch; Reynolds schlug ein, zwei kleine Abänderungen vor, bevor Charles zum Unterhaus fuhr. Bei seiner Ankunft fand er eine Nachricht vor, er möge sofort den Schattenfinanzminister anrufen.
»Die Regierung wird eine Neufassung der Liberalen annehmen, die gestern abend eingereicht wurde«, sagte ihm der Schattenminister.
»Warum?« fragte Charles.
»Sie wollen nur minimale Änderungen; damit haben sie ihre Pflicht getan und sich gleichzeitig die Stimmen der Liberalen
gesichert. Es wurde nichts Wesentliches verändert, aber du mußt den Wortlaut genau studieren. Kann ich dir das überlassen?«
»Natürlich«, sagte Charles, erfreut über die Verantwortung, die man ihm übertrug.
Er ging zum Abstimmungsbüro und holte das Blatt mit Bestimmung 110 und die von den Liberalen vorgeschlagene Neufassung. Beides las er ein halbes dutzendmal durch, bevor er Notizen machte. Erfahrene Parlamentarier hatten hier eine geschickte Neufassung ausgearbeitet. Charles lief zum nächsten Telefon und rief Reynolds an. Er gab ihm die Neufassung durch und wartete.
»Gerissene Gauner. Es ist natürlich nur eine kosmetische Veränderung und wird die Regierung in keiner Weise beeinträchtigen. Kommen Sie in die Bank zurück? Das gäbe mir Zeit, die Sache zu überlegen.«
»Nein«, sagte Charles, »haben Sie zu Mittag Zeit?«
Reynolds sah auf den Terminkalender; ein belgischer Bankier kam zum Lunch in die Bank, aber den konnten seine Kollegen übernehmen.
»Ja, ich habe Zeit.«
»Gut. Warum treffen wir uns nicht gegen ein Uhr bei White’s?«
»Gern. Bis dahin werde ich eine glaubhafte Alternative ausgearbeitet haben.«
Charles verbrachte den Vormittag damit, seine Rede abzuändern, um auf die Argumente der Liberalen einzugehen und sie vielleicht zu einer anderen Meinung bekehren zu können. Noch war nichts verloren. Er las die Bestimmung noch einmal durch und war überzeugt, einen Ausweg gefunden zu haben, den die Beamten nicht blockieren konnten. Mit der Rede und der abgeänderten Klausel in der Tasche stieg er in ein wartendes Taxi ein.
Als das Taxi St. James entlangfuhr, glaubte er seine Frau auf der anderen Straßenseite zu sehen. Er kurbelte das Fenster herunter, aber sie war bereits bei Prunier verschwunden. Mit welcher ihrer Freundinnen sie wohl dort zu Mittag aß?
Das Taxi blieb vor dem Restaurant stehen. Charles war etwas verfrüht und beschloß, zu Prunier zu gehen und Fiona zu fragen, ob sie ins Unterhaus kommen wolle, um seine Rede zu hören. Er blickte durch die Fensterscheibe in das Restaurant und erstarrte. Fiona unterhielt sich an der Bar mit einem Mann, dessen Rücken Charles zu erkennen glaubte, obwohl er nicht sicher war. Sie trug ein Kleid, das er nicht kannte. Ein Kellner kam und führte das Paar zu einem Ecktisch, wo man es nicht sehen konnte. Charles erster Impuls war, hineinzumarschieren und die beiden zur Rede zu stellen. Aber er blieb draußen stehen, unendlich lang, wie ihm schien, und wußte nicht, was er tun sollte. Schließlich ging er über die Straße zum Eingang des EconomistGebäudes und legte sich verschiedene Pläne zurecht. Schließlich entschied er sich, nur zu warten. So wütend und aufgebracht war er, daß er seine Verabredung mit Reynolds völlig vergaß.
Eine Stunde und zwanzig Minuten später verließ der Mann allein Prunier und ging St. James’s Street hinauf. Charles fühlte Erleichterung, bis er ihn zum St. James’s Place einbiegen sah. Charles sah auf die Uhr: Reynolds wartete sicher nicht mehr, aber zur Debatte über die Bestimmung 110 würde er noch rechtzeitig kommen. Ein
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