Archer Jeffrey
auf.
»Ich will dich nicht mehr sehen. Wir bleiben zwei Jahre getrennt, dann werden wir, ohne Aufsehen, die Scheidung einreichen. Solltest du mir igendwelche Ungelegenheiten bereiten, dann ziehe ich euch beide durch den Dreck, darauf kannst du dich verlassen.«
»Du wirst deinen Entschluß noch bereuen, Charles. Das verspreche ich dir. So einfach lasse ich mich nicht abschieben.«
» Was haben sie gemacht?« fragte Joyce.
»Zwei Kommunisten bewerben sich um Aufnahme in das Parteikomitee«, wiederholte Fred Padgett.
»Nur über meine Leiche.« Joyces Stimme war ungewöhnlich scharf.
»Das dachte ich mir«, sagte Fred.
Joyce suchte nach Bleistift und Notizblock, die für gewöhnlich neben dem Telefon lagen.
»Wann ist die Versammlung?«
»Nächsten Donnerstag.«
»Haben wir verläßliche Leute, die sich gegen die beiden wehren können?«
»Natürlich«, sagte Fred, »Stadtrat Reg Illingworth und Jenny Simpkins von der Genossenschaft.«
»Die sind beide sehr vernünftig, aber leider nicht energisch.«
»Soll ich Raymond anrufen und fragen, ob er zu der Versammlung kommen kann?«
»Nein. Seit er im Kabinett ist, hat er genug am Hals, da braucht er nicht auch noch das dazu. Überlaß es mir.«
Sie legte auf und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Dann ging sie zu ihrem Schreibtisch und suchte die Namensliste des Komitees. Sorgfältig kontrollierte sie die sechzehn Namen; wenn es den zwei Kommunisten gelang, jetzt gewählt zu werden, dann hatten sie in fünf Jahren das Komitee in der Hand
– und könnten sogar Raymond ausbooten. Sie wußte, wie diese Leute arbeiteten. Aber wenn sie jetzt eine aufs Dach bekamen, dann würden sie sich vielleicht einen anderen Wahlkreis aussuchen.
Während der folgenden vier Tage besuchte sie verschiedene Häuser in der Umgebung. »Ich komme nur so vorbei«, erklärte sie neun Frauen, deren Männer im Komitee saßen. Die vier Männer, die nie auf ihre Frauen hörten, suchte Joyce selbst nach der Arbeit auf. Um die drei, die Raymond nicht mochten, kümmerte sie sich nicht.
Donnerstag nachmittag wußten dreizehn Leute sehr genau, was man von ihnen erwartete. Joyce saß allein zu Hause und hoffte auf einen Anruf von Raymond. Sie kochte ein Ragout, aß jedoch kaum einen Bissen. Dann schlief sie vor dem Fernsehen ein. Fünf nach elf weckte sie das Telefon.
»Raymond?«
»Hoffentlich habe ich dich nicht geweckt«, sagt Fred.
»Nein, nein.« Jetzt war Joyce begierig, den Ausgang der Sitzung zu erfahren. »Wie war es?«
»Reg und Jenny haben es geschafft. Die zwei verdammten Kommunisten bekamen zusammen nur drei Stimmen.«
»Gut gemacht«, sagte Joyce.
»Ich habe nichts getan, außer die Stimmen zu zählen. Soll ich Raymond mitteilen, was los war?«
»Nein. Er braucht gar nicht zu wissen, daß wir Probleme hatten.«
Joyce ließ sich auf den Stuhl neben dem Telefon fallen, zog die Schuhe aus und schlief wieder ein.
Sie mußte die ganze Operation so planen, daß ihr Mann nie etwas erfahren konnte. Sie überlegte die verschiedenen Möglichkeiten, ihn zu täuschen. Nach stundenlangem ergebnislosem Nachdenken kam ihr die Erleuchtung. Sie dachte alle Details und deren Auswirkungen durch, bis sie überzeugt war, daß nichts schiefgehen konnte. Dann blätterte sie im Branchenverzeichnis und vereinbarte für den folgenden Morgen einen Termin.
Die Verkäuferin half ihr, verschiedene Perücken zu probieren, aber nur eine schien erträglich.
»Madam sieht sehr elegant aus, muß ich sagen.«
Sie wußte, daß das nicht der Fall war – Madam sah schrecklich aus –, aber die Perücke würde hoffentlich ihren Zweck erfüllen.
Sie trug das bei Harrods gekaufte Make-up auf und zog ein geblümtes Kleid aus dem Schrank, das sie nie gemocht hatte. Vor dem Spiegel stehend, sah sie sich prüfend an. In Sussex würde sie bestimmt niemand erkennen, und sie betete, daß er, wenn er sie erkannte, ihr verzeihen werde.
Langsam fuhr sie durch die Vororte von London. Was sollte sie sagen, wenn man sie ertappte? Würde er Verständnis zeigen, wenn er die Wahrheit erfuhr? Als sie den Wahlkreis erreichte, parkte sie in einer Nebenstraße und ging die Hauptstraße entlang. Niemand schien sie zu erkennen, und das gab ihr das Selbstvertrauen, den Plan auszuführen. Dann sah sie ihn.
Sie hatte gehofft, daß er an diesem Morgen in der City sein würde. Als er auf sie zukam, hielt sie den Atem an. Er ging an ihr vorüber, und sie sagte: »Guten Morgen.« Er drehte sich um, lächelte und erwiderte ihren Gruß, wie er jeden seiner
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