Archer Jeffrey
Wähler gegrüßt hätte. Ihr Herz schlug wieder normal, und sie ging zu ihrem Auto zurück.
Als Raymond vor dem Zimmer stand, in dem sich das Kabinett für gewöhnlich traf, beglückwünschten ihn seine Kollegen. Um punkt zehn kam der Premier, sagte jedem Guten Morgen und nahm an der Längsseite des rechteckigen Tisches Platz; die einundzwanzig Kabinettsmitglieder folgten ihm. Michael Foot saß zu seiner Linken, während der Außenminister und der Finanzminister ihm gegenüber Platz nahmen. Raymond wurde ein Stuhl am Tischende zwischen dem Minister für Wales und jenem für Erziehung zugewiesen.
»Bevor ich die Sitzung eröffne«, sagte der Premier, »möchte
ich David Owen als Außenminister und Raymond Gould als Staatssekretär des Handelsministeriums begrüßen.« Die neunzehn Kabinettsmitglieder murmelten auf diskret konservative Art »hört, hört.« David Owen lächelte, während Raymond spürte, wie er rot wurde.
»Das erste, was wir zu besprechen haben, ist das vorgeschlagene Bündnis mit den Liberalen …«
Raymond lehnte sich zurück und beschloß, heute nur zuzuhören.
Andrew saß in der kleinen Praxis und hörte aufmerksam zu, was der Arzt ihm zu sagen hatte. Louise war jetzt völlig gesund, aber sie sprach immer noch nicht. Sie las regelmäßig, und wenn Andrew sie etwas fragte, schrieb sie kurze Antworten. Der Facharzt war der Ansicht, daß sie jetzt eine intensive Ablenkung brauchte, um nicht fortwährend an Robert zu denken. Ein Jahr war vergangen, und sie verbrachte immer noch Stunden damit, sein Bild anzuschauen.
»Ich habe Dr. Kerslake zu Hause erreicht«, sagte der Arzt, »und sie stimmte mit mir überein, daß Ihre Frau keine weitere Schwangerschaft verkraften würde. Aber sie teilt meine Meinung, daß Sie beide eine Adoption ins Auge fassen sollten.«
»Ich habe mich viel mit der Idee beschäftigt und sie sogar mit meinem Vater besprochen«, erwiderte Andrew, »aber wir glauben beide, daß Louise niemals einverstanden wäre.«
»Unter den gegebenen Umständen ist es ein geringes Risiko«, sagte der Arzt. »Vergessen wir nicht, es ist ein Jahr vergangen. Und wir wissen, daß Mrs. Fraser Kinder liebt. Sollte sie dagegen sein, so ist sie heute durchaus imstande, Ihnen das mitzuteilen.«
»Wenn Louise positiv reagiert, wäre ich sofort bereit, es zu versuchen. Letztlich hängt alles von ihr ab.«
»Gut. Stellen Sie fest, was sie meint«, sagte der Arzt, »und wenn Sie beide einverstanden sind, werde ich eine Zusammenkunft mit den lokalen Behörden arrangieren.« Er stand vom Schreibtisch auf. »Ich bin überzeugt, daß wir ein passendes Kind finden.«
»Wenn es aus einem schottischen Waisenhaus käme, wäre ich froh.«
Der Arzt nickte. »Sobald ich etwas weiß, hören Sie von mir.«
Als Charles nach Hause zurückkehrte, wußte er, daß Fiona fort war. Sofort verspürte er Erleichterung. Nach einer Woche im Klub war er froh, daß das Theater vorüber war: ein sauberer, unwiderruflicher Bruch. Er schlenderte ins Wohnzimmer und blieb stehen. Etwas war nicht in Ordnung. Er brauchte einen Moment, bis ihm klar wurde, was sie getan hatte.
Fiona hatte alle Gemälde entfernt.
Kein Wellington über dem Kamin, keine Victoria hinter dem Sofa. Wo früher die zwei Landseers und der Constable hingen, waren jetzt nur noch staubige Umrisse an der Wand zu sehen. Er
ging in die Bibliothek: der Van Dyck, der Murillo und die zwei kleinen Rembrandts fehlten. Charles lief durch die Halle und riß die Tür zum Eßzimmer auf. Das ist nicht möglich, dachte er. Es war möglich. Er starrte auf die leere Wand, von der noch vor einer Woche der erste Earl of Bridgwater, von Holbein porträtiert, herabgeblickt hatte.
Charles suchte in seinem Notizbuch nach der Telefonnummer. Mr. Cruddick hörte ihm schweigend zu.
»Wenn wir im Auge behalten, daß Sie keine Publizität wünschen, Mr. Seymour, bleiben nur zwei Wege offen«, begann er ungerührt. »Sie können die Zähne zusammenbeißen und es hinnehmen oder die andere Möglichkeit wählen.«
Sein neuer Aufgabenkreis beschäftigte Raymond so sehr, daß er Kate selten und Joyce fast nie sah, außer wenn er zweimal im Monat nach Leeds kam. Er arbeitete von acht Uhr morgens bis spätnachts.
»Und du genießt jede Minute«, erinnerte ihn Kate, wann immer er sich beklagte. Raymond merkte auch die kleinen Veränderungen in seinem Leben, seit er Kabinettsmitglied war: Wie er von anderen Menschen behandelt wurde, wie rasch man ihm jeden Wunsch erfüllte, wie fast jeder ihm
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