Archer Jeffrey
übersprungen, Harry«, sagte Charles und hob den Jungen hoch. »Aber ohne Zweifel bist du ein richtiger Seymour.«
Amanda seufzte unhörbar, aber erleichtert auf. Die hundert Antworten schienen überflüssig.
»Der kleine Kerl hat nicht nur ein paar Generationen übersprungen, sondern einen ganzen Kontinent«, bemerkte Pimkin und nahm einen Schluck Champagner, bevor er weitersprach. »Dieses arme kleine Wesen hingegen«, er deutete auf Fionas Erstgeborenes, »ist Alexanders Ebenbild. Das kleine Mädchen hätte etwas Besseres verdient als die Ähnlichkeit mit seinem Vater.«
»Sie ist schön«, sagte Fiona und nahm Lucy auf, um die
Windeln zu kontrollieren.
»Jetzt wissen wir, warum ihr so rasch geheiratet habt«, fügte
Pimkin zwischen zwei Schlucken hinzu. »Aber wenigstens hat es das Kind mit knapper Not geschafft, ehelich geboren zu sein.«
Fiona ignorierte seine Worte. »Hast du Charles’ Sohn gesehen?«
»Ich glaube, wir sollten von Amandas Kind sprechen, das wäre präziser.«
»Los, Alec, hast du Harry gesehen?« fragte sie, sein leeres Glas geflissentlich übersehend.
»Ja, und er ist seinem wahren Vater so ähnlich, daß man es im Verlauf seines Lebens kaum übersehen wird.«
»Jemand, den wir kennen?«
»Ich liebe keine Skandalgeschichten«, Pimkin entfernte eine Brotkrume von seiner Weste, »wie du weißt. Aber ein bestimmter brasilianischer faszendeiro, der im Sommer gern Ascot besucht, ist offenbar an englischen Stutfohlen sehr interessiert.«
Erwartungsvoll hielt Pimkin das leere Glas hoch.
27
James Callaghans Rücktritt als Parteiführer der Labour Party im Oktober 1980 verwunderte keinen der politischen Kommentatoren. Er war fast fünfundsechzig, ein Alter, das seine Partei für den Ruhestand empfohlen hatte. Dieselben Kommentatoren waren jedoch überrascht, als der altgediente Vertreter des linken Flügels, Michael Foot, neuer Führer der Labour-Partei wurde; er schlug Denis Healey mit 139 zu 129 Stimmen. Sofort sagten die Auguren eine lange Oppositionszeit für die Sozialisten voraus.
Die Konservativen genossen es, zur Abwechslung einmal einem Kampf um die Parteiführung als Unbeteiligte zuzusehen. Als Seymour das Resultat erfuhr, amüsierte es ihn, daß die Labour Party einen Sechzigjährigen durch einen Vierundsechzigjährigen ersetzt hatte, der jetzt seinerseits von einem Siebenundsechzigjährigen abgelöst wurde. Lord Shinwell, mit sechsundneunzig der älteste ehemalige Kabinettsminister der Sozialisten, erklärte, er würde als Parteiführer kandidieren, sobald Foot sich zurückziehe.
Die Wahl für das Schattenkabinett erfolgte eine Woche später, und Andrew beschloß, sich nicht zu bewerben. Wie viele seiner Kollegen mochte er zwar den Parteiführer persönlich, war aber nur selten mit ihm über innenpolitische Fragen einer Meinung, und vertrat, was die Verteidigungs- und Europapolitik betraf, einen völlig anderen Standpunkt. Andrew wurde statt dessen Vorsitzender des Sonderausschusses für Schottische Fragen.
Raymond hingegen hielt Foot nur für eine Zwischenlösung und war es daher zufrieden, unter ihm zu arbeiten. Bei der Wahl zum Schattenkabinett kam Raymond an die achte Stelle; Foot bot ihm an, weiter das Wirtschaftsressort zu betreuen.
Als Andrew am Tag nach der Wahl ins Unterhaus kam, suchte er sich zum ersten Mal nach vierzehn Jahren einen Platz auf den Hinterbänken. Er sah Raymond in der ersten Bankreihe und dachte an seine eigenen Worte: »Der Tag wird kommen, an dem ich auf den hinteren Bänken sitze und dich beneide.«
Andrew war nicht erstaunt, als ihn sein Komitee in Edinburgh aufforderte, sich im Lauf des Jahres zur Wiederwahl zu stellen. Als der Labour-Parteitag im Oktober die Wiederwahl der Abgeordneten obligatorisch machte, wußte er, daß ihm hier der größte Kampf bevorstand. Frank Boyle war es sogar gelungen, einen weiteren von Andrews Anhängern durch einen seiner eigenen Gefolgsleute zu ersetzen.
Roy Jenkins, ehemaliger stellvertretender Parteiführer der Sozialisten, kehrte, sobald seine Amtsperiode als Präsident der EG vorbei war, aus Brüssel zurück und machte kein Hehl daraus, daß er die Gründung einer neuen Partei erwog, die jene ansprechen sollte, für die die Labour-Partei zu weit nach links gerückt war. Der Parteitag hatte den Parlamentsabgeordneten die Möglichkeit genommen, ihren Führer zu wählen; das war für viele der Anfang vom Ende, und verschiedene LabourAbgeordnete versicherten Jenkins, sie seien bereit, die Partei zu verlassen.
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