Archer Jeffrey
Stier bei den Hörnern zu packen, auch wenn dabei etwas Blut fließen sollte.«
Bei der Vorstellung, wertvolle Stunden im Unterhaus zu verschwenden, sahen die beiden Männer einander verzweifelt an.
»Charles, bereiten Sie sich darauf vor, die Debatte für die Regierung zu eröffnen, und Sie, Simon, sprechen die Schlußworte. Wenigstens findet die Debatte am Donnerstag nachmittag statt; vielleicht sind da ein paar Kollegen schon für das Weekend nach Hause gefahren. Obwohl ich es bezweifle. Aber mit etwas Glück werden wir bei den Vereinten Nationen einen moralischen Sieg verbuchen, und darauf soll sich die Opposition konzentrieren. Wenn Sie zusammenfassen, Simon, beantworten Sie nur die während der Debatte aufgeworfenen Fragen, ohne neue Vorschläge zu machen. Und berichten Sie mir sofort, wenn es etwas Neues gibt. Ich werde heute nicht schlafen gehen«, fügte sie hinzu.
Charles begab sich ins Außenamt zurück und war zumindest dankbar dafür, daß Amanda sich irgendwo in Südamerika aufhielt.
Simon kehrte zu den Stabschefs zurück; eine große Karte der libyschen Hoheitsgewässer war an eine Tafel geheftet worden. Generäle und Admiräle studierten die Küstenlinien und Meerestiefen wie Kinder, die für eine Geographieprüfung lernen.
Alle standen auf, als Simon hereinkam – diese Männer, die lieber handelten und Worten mißtrauten, sahen ihn erwartungsvoll an. Als Simon ihnen die Entscheidung des Kabinetts, den Vorschlag des Verteidigungsministeriums anzunehmen, mitteilte, huschte die Andeutung eines Lächelns über Sir Johns Gesicht. »Vielleicht war dieser Kampf unser schwerster«, sagte er so laut, daß es alle hören konnten.
»Erklären Sie mir nochmals den Plan«, bat Simon, Sir Johns Bemerkung ignorierend. »Morgen um zehn Uhr muß ich ihn der Premierministerin unterbreiten.«
Sir John legte die Spitze eines langen Holzstabes auf ein Modell der Broadsword in der Mitte einer gut geschützten Bucht.
Als Charles in sein Büro kam, türmten sich Telegramme und Fernschreiben auf seinem Schreibtisch, alle unterstützten eine diplomatische Lösung. Der Unterstaatssekretär berichtete, die UNO-Debatte sei so einseitig gewesen, daß er bei der Abstimmung einen überwältigenden Sieg erwarte. Charles Hände waren gebunden; obwohl er die Hoffnung, Simons Plan zu untergraben, noch nicht aufgegeben hatte, mußte er vorläufig auch vor seinem eigenen Stab so tun, als ginge alles weiter wie bisher. Seine Absicht war es, die Episode zu einem Triumph des Außenamtes zu machen und nicht zu einem Erfolg der »Kriegshetzer« im Verteidigungsministerium. Nach Rücksprache mit seinem Unterstaatssekretär stellte er einen kleinen Ausschuß zusammen, bestehend aus einigen älteren Beamten mit Erfahrung in Libyen und vier vielversprechenden Aufsteigern aus seinem Ressort.
Mr. Oliver Miles, ehemaliger Botschafter in Libyen, mußte seinen Urlaub absagen und sich in einem kleinen Büro des Außenamtes einquartieren, so daß er während der Krise Tag und Nacht für Charles erreichbar war.
Charles bat den Unterstaatssekretär, ihn mit dem britischen Botschafter bei den Vereinten Nationen zu verbinden.
»Und versuchen Sie, endlich Gaddafi zu erreichen.«
Simon hörte aufmerksam zu, als ihm Sir John die letzte Version der Operation »Ladendieb« erklärte. Siebenunddreißig Mann des Special Boat Service befanden sich jetzt in Rosyth an der schottischen Küste und bereiteten sich darauf vor, HMS Brillant, ein Schwesterschiff der Broadsword, zu kapern. Sie sollten von einem eineinhalb Meilen von Rosyth Hafen entfernten U-Boot unter Wasser bis zum Schiff schwimmen. Dann würden sie an Bord der Brillant gehen und innerhalb von ungefähr zwölf Minuten das Schiff »zurückerobern«. Hierauf werde man bis auf eine nautische Meile an die schottische Küste heranfahren. Laut Plan sollte die Operation in fünfundsechzig Minuten abgeschlossen sein. Das Special Boat Service wollte das Manöver in der Nacht dreimal wiederholen; dann, so hoffte man, werde die Operation in einer Stunde abgewickelt werden können.
Simon hatte bereits den Befehl bestätigt, zwei U-Boote aus dem Mittelmeer so rasch wie möglich in Richtung libysche Küste zu schicken. Die übrige Flotte sollte ihre normale Routine auffällig genau einhalten, während das Außenamt scheinbar weiter nach einer diplomatischen Lösung suchte.
Simons Ersuchen überraschte die Stabschefs nicht und wurde sofort bewilligt. Er rief Elizabeth an und erklärte ihr, warum er abends nicht
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