Archer Jeffrey
das Telefon wieder klingelte, stieg Andrew eben aus dem Bad.
»Kannst du rangehen, Louise?« Einen Augenblick später hörte er sie die Treppe hinauflaufen.
»Andrew, es ist das Büro des Premiers.«
Nackt und naß lief er zum Telefon im Schlafzimmer.
»Hier Andrew Fraser.«
»Hier spricht Nr. 10«, sagte eine förmlich klingende Stimme. »Der Premierminister versucht seit Freitag morgens Sie zu erreichen.«
»Das tut mir leid. Ich war mit meiner Frau über das Wochenende in der Provence.«
»Tatsächlich?« sagte die Stimme völlig desinteressiert. »Kann ich dem Premierminister mitteilen, daß Sie jetzt Zeit für ihn haben?«
»Natürlich«, sagte Andrew und sah stirnrunzelnd seine nackte Erscheinung im Spiegel an. Er mußte zwei Kilo zugenommen haben. Diese Woche wollte er viermal Sqash spielen und mittags keinen Wein trinken.
»Andrew.«
»Guten Morgen, Premierminister.«
»Traurige Nachricht, die Sache mit Hugh McKenzie.«
»Ja, Sir«, sagte Andrew automatisch.
»Ich wußte schon vor der letzten Wahl, daß mit seinem Herzen etwas nicht stimmte, aber er wollte unbedingt weitermachen. Ich habe Bruce aufgefordert, der nächste Staatsssekretär zu sein; seinen Platz als Minister wird Angus übernehmen. Beide wollen Sie als neuen Unterstaatssekretär – was denken Sie darüber?«
»Ich wäre glücklich«, stammelte Andrew und versuchte die Nachricht zu verdauen.
»Gut. Übrigens, Andrew, wenn Sie die erste rote Portefeuille öffnen, werden Sie keine Flugtickets in die Provence darin finden. Ich hoffe also, daß Louise sich völlig erholt hat.« Das Gespräch war zu Ende.
Sie hatten ihn aufgespürt, aber der Premier hatte ihn in Ruhe gelassen.
Der erste offizielle Anlaß, den Andrew Fraser als Unterstaatssekretär seiner Majestät im Schottischen Büro wahrnahm, war das Begräbnis von Hugh McKenzie.
»Überlegen Sie, Simon«, sagte Ronnie vor der Tür zum Sitzungszimmer. »Zweitausend Pfund sind eine gute Sache, wenn Sie jedoch Aktien meiner Realitätenfirma kaufen, hätten
Sie die Chance, ein Kapital aufzubauen.«
»Woran haben Sie gedacht?« fragte Simon, knöpfte seinen
Blazer zu und versuchte, nicht aufgeregt zu wirken.
»Nun, Sie waren mir verdammt nützlich. Einige der Leute, die
Sie zum Lunch mitbrachten, hätten mich nicht über die Türschwelle gelassen. Ich würde Sie billig einsteigen lassen … Sie können fünfzigtausend Aktien zu einem Pfund kaufen. Wenn wir in ein paar Jahren offiziell an die Börse gehen, wäre das ein Riesenprofit für Sie.«
»Fünfzigtausend Pfund aufzubringen ist nicht einfach, Ronnie.«
»Wenn Ihr Bankdirektor meine Bücher kontrolliert hat, wird er Ihnen gern das Geld leihen.«
Nachdem die Midland Bank die Buchhaltung von Nethercote und Co. geprüft und der Filialdirektor mit Simon gesprochen hatte, bewilligten sie ihm den Kredit unter der Bedingung, daß Simon die Aktien in der Bank deponierte.
Wie sehr hat Elizabeth sich doch geirrt, dachte Simon; als Nethercote und Co. ihren Gewinn für das laufende Jahr verdoppelte, brachte er seiner Frau eine Kopie des Jahresberichtes mit.
»Schaut gut aus«, mußte sie zugeben. »Aber deshalb brauche ich Ronnie Nethercote immer noch nicht zu vertrauen.«
Als Charles Seymour wegen Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges im alkoholisiertem Zustand angeklagt wurde, gab er seinen Namen als C. G. Seymour an, ohne »Parlamentsmitglied« zu erwähnen. Sein Fall war der sechste an diesem Morgen; sein Anwalt Jan Kimmins entschuldigte sich im Namen seines abwesenden Klienten beim Magistrat von Reading und versicherte, daß sich der Vorfall nicht wiederholen werden. Charles erhielt eine Geldstrafe von fünfzig Pfund, der Führerschein wurde ihm für ein halbes Jahr entzogen. Der Fall war in vier Minuten erledigt.
Als Charles später von seinem Anwalt telefonisch verständigt wurde, nahm er sich Kimmins vernünftigen Rat zu Herzen und war froh, so glimpflich davongekommen zu sein. George Brown, der Außenminister der Labour-Partei, hatte nach einem ähnlichen Vorfall vor dem Hilton Hotel endlose Zeitungskommentare über sich ergehen lassen müssen.
Fiona behielt ihre Ansicht für sich.
Es war gerade die Saure-Gurken-Zeit, und die Presse suchte verzweifelt nach Neuigkeiten. Als Charles Fall abgehandelt wurde, saß nur ein junger Reporter im Gerichtssaal, und selbst der war erstaunt über das Interesse, das sein Bericht hervorrief. Die Fotos, die man von Charles vor seinem Landhaus diskret gemacht hatte, prangten am nächsten Morgen in allen
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