Archer Jeffrey
wurde. »Ein reizender Mensch.« »Sei nicht beleidigt, Liebling, er meinte mich, nicht dich.« »Wie wirst du seinen Namen markieren?«
»Mit einem Fragezeichen. Schwer zu sagen, wie er wählen
wird. Vermutlich gar nicht.«
Sie versuchten ihr Glück bei der nächsten Tür.
»Hallo, Andrew«, sagte eine Dame, bevor er den Mund öffnen
konnte. »Vergeuden Sie nicht Ihre Zeit, ich wähle Sie immer.« »Danke, Mrs. Irvine«, sagte Andrew und sah auf seine
Namensliste. »Wie steht es mit Ihrem Nachbarn?« fragte er und
wies nach hinten.
»Ach, das ist ein griesgrämiges altes Haus, aber ich achte
schon darauf, daß er ins Wahllokal kommt und sein Kreuz an
der richtigen Stelle macht. Er muß wohl, sonst hüte ich nicht
mehr seinen Windhund, wenn er ausgeht.«
»Vielen Dank, Mrs. Irvine«, Andrew lachte.
»Wieder ein roter Strich«, sagte er zu Louise, als sie auf der
Straße waren.
»Und vielleicht bekommst du sogar die Stimme des
Windhundes.«
Während der folgenden drei Stunden erledigten sie vier Straßen. Andrew markierte nur die Namen derer rot, die ihn mit
Sicherheit wählen würden.
»Warum mußt du es so sicher wissen?« fragte Louise. »Weil wir, wenn wir die Leute am Wahltag abholen, nicht die
Opposition aufmerksam machen wollen, geschweige denn
jemanden transportieren wollen, der dann genüßlich konservativ
wählt.«
Louise lachte. »Politik ist ein unehrenhaftes Geschäft.« »Sei froh, daß du nicht mit einem amerikanischen Senator
verheiratet bist.« Andrew strich den letzten Namen rot durch.
»Wenigstens brauchen wir keine Millionäre zu sein. Höchste
Zeit, vor der abendlichen Versammlung etwas zu essen«, fügte
er hinzu und nahm die Hand seiner Frau. Auf dem Weg zur
Parteizentrale trafen sie den konservativen Kandidaten: Hector
McGregor versuchte Andrew in ein Gespräch zu ziehen, aber
Andrew ließ sich nicht aufhalten.
Louise begleitete ihren Mann nicht mehr bei dieser
Wahlwerbung und fand, sie könne sich in den Parteiräumen
nützlich machen.
Bei den abendlichen Versammlungen hielt Andrew in
vierundzwanzig Tagen zweiunddreißigmal mehr oder minder
die gleiche Rede und variierte sie nur, um nationalen Trends
Rechnung zu tragen. Getreulich hörte Louise Tag für Tag zu,
lachte jedesmal, wenn er einen Witz machte, und klatschte
Beifall, wenn er eine ernste Frage behandelte. Irgendwie gelang
es ihr, sogar abends, wenn sie ihren Mann nach Hause fuhr,
noch frisch und lebhaft zu wirken.
Am Vorabend der Wahl sagte die Presse einen klaren LabourSieg voraus, doch Andrew sah ein Leuchten in den Augen seines
Vaters, als er ihn bei der Stimmwerbung für McGregor auf der
Straße traf.
Am Morgen der Wahl weckte Louise ihren Mann um halb
sechs mit einer Tasse Tee. Es war die letzte Tasse, die er an diesem Tag bekam. Zu seiner Erleichterung schien die Sonne, als er die Vorhänge zur Seite schob; schlechtes Wetter half immer den Konservativen mit ihren unzähligen Autos, die die
Wähler zu den Wahllokalen brachten.
Als er ins Schlafzimmer kam, heftete seine Frau eben eine
große Rosette mit der Aufforderung »Schickt Fraser zurück
nach Westminster« an das Revers seines Anzugs.
Andrew schlenderte durch die Straßen von Edinburgh,
schüttelte Hände, schwatzte mit Bekannten und versuchte immer
noch, Unentschiedene in letzter Minute zu bekehren, als er
seinen Vater auf sich zukommen sah. Schließlich standen sie
einander mitten auf der Straße gegenüber.
»Es wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen werden«, sagte Sir
Duncan.
»Dann weiß ich, wer schuld ist, wenn ich um eine Stimme zu
wenig habe«, erwiderte Andrew.
Sir Duncan sah sich mit Verschwörerblicken um, dann
flüsterte er: »Wenn du mit einer Stimme gewinnst, hast du es
mir zu verdanken, mein Junge.« Er entfernte sich, um die Bürger
von Edinburgh zu beschwören, nicht den abtrünnigen Fraser zu
wählen.
Das nächstemal trafen sich Vater und Sohn abends bei der
Auszählung. Als die kleinen Stapel der Stimmzettel wuchsen,
blieb kein Zweifel, daß Andrew wieder ins Parlament
zurückkehren würde. McGregor schüttelte enttäuscht den Kopf. Als jedoch die ersten Resultate von Guildford konservative
Gewinne von vier Prozent zeigten, erwiesen sich alle
Vorhersagen eines klaren Labour-Sieges als peinlich, und je
mehr Ergebnisse eintrafen, desto deutlicher zeichnete sich eine
konservative Mehrheit ab, die für die Regierungsbildung
genügen würde.
»Ich dachte mir«, sagte Sir Duncan zu seinem Sohn, als das
Resultat feststand, »daß du eine winzig kleine Weile in
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