Archer Jeffrey
könnte Parlamentsmitglieder in ihren ruhigen Augenblicken sehen, nicht nur in den stürmischen.«
Andrew dankte Sir Alec und ging nachdenklich ins Unterhaus zurück. Sein Blick fiel auf den Evening Standard, der auf einem Zeitungsständer auflag: »O’Halloran wieder verhaftet.« Er kaufte die Zeitung und las sie, an ein Geländer gelehnt. Paddy O’Halloran wurde auf einem Polizeirevier in Glasgow festgehalten: man beschuldigte ihn, die Bank of Scotland ausgeraubt zu haben. Andrew fragte sich, ob O’Hallorans Freunde das wieder als abgekartetes Spiel der Polizei bezeichnen würden, bis er den nächsten Absatz las. »O’Halloran wurde verhaftet, als er die Bank im Besitz eines Gewehrs und fünfundzwanzigtausend Pfund in gebrauchten Noten verließ. Als ihn die Polizei festnahm, erklärte er: ›Ich habe eben mein Konto aufgelöst‹.«
Zu Hause sagte Louise, Ricky Hodge habe ihm eine Gefälligkeit erwiesen.
»Wieso?« fragte Andrew erstaunt.
»In Zukunft wirst du dich nicht mehr so ernst nehmen«, erwiderte sie lächelnd.
Als Andrew zwei Wochen später in Edinburgh wieder eine Sprechstunde abhielt, war er erstaunt, als Mrs. Bloxham auftauchte.
Als er sie begrüßte, war er noch verblüffter. Sie trug ein helles Kleid und neue quietschende braune Lederschuhe und sah aus, als müsse »Unsere liebe Frau« doch noch ein paar Jahre warten, um sie aufzunehmen.
»Ich kam, um Ihnen zu danken, Mr. Fraser«, erklärte sie, als sie sich gesetzt hatte.
»Wofür?«
»Daß Sie mir diesen netten Mann von Christie’s geschickt haben. Er hat den Tisch meiner Urgroßmutter für mich versteigert. Ich konnte mein Glück gar nicht fassen – tausendvierhundert Pfund!« Andrew lächelte. »Der Fleck auf meinem Kleid ist jetzt nicht mehr wichtig.« Dann: »Es hat mir auch nichts ausgemacht, daß ich drei Monate lang meinen Tee auf dem Fußboden trinken mußte.«
Simon brachte die Empfehlung des neuen Grenzausschusses ohne Schwierigkeiten durch, und plötzlich hatte er seinen Wahlkreis verloren. Seine Kollegen in Coventry zeigten Verständnis für seine Lage und kümmerten sich um seine Wähler, die bei der nächsten Wahl die ihren sein würden, so daß er mehr Zeit hatte, einen neuen Sitz zu suchen.
Im Lauf des Jahres wurden sieben Sitze frei, doch wurde Simon nur von zwei Wahlkreisen eingeladen. Beide lagen nahe der schottischen Grenze, und beide reihten ihn als zweiten. Allmählich wußte er, wie sich ein Favorit bei Olympischen Spielen fühlt, wenn er eine Silbermedaille gewinnt.
Ronnie Nethercotes Monatsberichte wurden immer trübseliger; sie spiegelten eine Situation wider, die auch den Politikern im Parlament zu schaffen machte. Ronnie hatte beschlossen, erst an die Börse zu gehen, wenn das Klima wieder besser wäre. Simon mußte ihm recht geben, doch als er seinen Kontostand sah, stellte er fest, daß seine Bankschulden mit den Kreditzinsen sich jetzt auf mehr als neunzigtausend Pfund beliefen.
Als die Arbeitslosenzahl die Millionengrenze überschritt und Heath einen Lohn- und Preisstopp anordnete, brachen im ganzen Land Streiks aus.
Die neue Sitzungsperiode des Parlaments stand unter dem Zeichen der Preis- und Einkommenspolitik. Charles Seymour hatte den Standpunkt der Regierung zu vertreten. Obwohl er nicht jede Debatte gewann, war er jetzt über sein Arbeitsgebiet so gut informiert, daß er nicht mehr fürchten mußte, sich am Rednerpult lächerlich zu machen. Sowohl Raymond Gould wie Andrew Fraser hielten leidenschaftliche Reden zur Verteidigung der Gewerkschaften, wurden jedoch wieder und wieder von der konservativen Mehrheit niedergestimmt.
Auf den Premier aber kamen unausweichlich die Auseinandersetzungen mit den Gewerkschaften und vorgezogenen Wahlen zu.
Als die drei Parteitage vorüber waren und die Mitglieder ins Unterhaus zurückkehrten, wußten sie, daß dies wahrscheinlich die letzte Sitzungsperiode vor einer Neuwahl war. In den Couloirs wurde offen darüber gesprochen, daß der Premier nur auf ein auslösendes Moment warte. Die Bergleute sorgten dafür. In Mißachtung der neuen Regierungsgesetze riefen sie mitten in einem rauhen Winter einen Generalstreik für höhere Löhne aus.
In einem Fernsehinterview erklärte der Premierminister der Nation, daß er, bei einer noch nie dagewesenen Arbeitslosenziffer von 2,294.448 und einer Drei-TageArbeitswoche Neuwahlen ausschreiben müsse, damit die Einhaltung der Gesetze garantiert werden könne. Das Kabinett riet Heath, den 28. Februar 1974 anzuvisieren.
»Wer
Weitere Kostenlose Bücher