Archer Jeffrey
war schon da. Sie standen näher beisammen als üblich – ein elegantes Paar. Charles wußte, daß dieses Bild auf der ersten Seite der Sussex Gazette prangen würde, während der Labour-Kandidat bloß mit einer kurzen Notiz im Blattinneren, nicht weit von den Todesanzeigen, rechnen konnte.
In ländlichen Gegenden wird die Stimmenzählung am Morgen nach der Wahl vorgenommen und verläuft weniger hektisch als in den Städten. Charles erwartete daher, daß die konservative Mehrheit im Unterhaus schon gesichert sein würde, wenn er ins Rathaus kam. Doch diesmal war es anders, und am Freitagmorgen war das Resultat immer noch ungewiß.
Edward Heath gab sich nicht geschlagen, als man voraussagte, daß er nicht die notwendige Mehrheit bekommen werde. Charles marschierte den ganzen Tag mit besorgter Miene im Rathaus auf und ab. Die Stapel der Stimmzettel wurden größer, und es war klar, daß er seinen Sitz mit der üblichen Mehrheit von 21.000 – oder waren es 22.000? – behalten würde. Die genaue Zahl konnte er sich nie merken. Aber im Laufe des Tages wurde es immer schwieriger, den Urteilsspruch der Nation festzustellen.
Kurz nach vier Uhr nachmittags traf das letzte Resultat aus Nordirland ein, und der Radiosprecher verkündete:
Labour 301
Konservative 296
Liberale 14
Ulster Unionists 11
Schottische Nationalisten 7
Übrige 4
Ted Heath lud den Führer der Liberalen nach Downing Street ein, in der Hoffnung, eine Koalition bilden zu können. Die Liberalen verlangten jedoch die feste Zusage einer Wahlreform. Heath wußte, daß seine Hinterbänkler das nie zugestehen würden. Am Montag morgen teilte er der Königin im Buckingham Palace mit, daß er außerstande sei, eine Regierung zu bilden. Sie ließ Harold Wilson rufen. Er nahm den Auftrag an und fuhr nach Downing Street zurück, um beim Haupteingang hineinzugehen. Heath verließ das Haus durch die hintere Tür.
Dienstag nachmittag kehrten alle Parlamentsmitglieder nach London zurück. Raymond hatte seine Mehrheit vergrößert und hoffte, der Premier werde seinen Rücktritt vergessen und ihm einen Posten anbieten.
Andrew hatte, wie von seinem Vater vorhergesagt, einen harten, unangenehmen Kampf mit Jock McPherson ausgefochten. Er behielt seinen Sitz mit knappen 2.229 Stimmen.
Charles fuhr im unklaren, wie hoch er gewonnen hatte und resigniert über die Oppositionsrolle, nach London zurück. Immerhin, er würde in den Aufsichtsrat der Seymour Bank eintreten, wo seine Erfahrung als Minister für Handel und Industrie nur wertvoll sein konnte.
Simon verließ am 1. März 1974 das Innenministerium. Ein leeres rotes Portefeuille war alles, was ihm von neun Jahren als Parlamentarier verblieb.
DRITTES BUCH 1974-1977 STAATSMINISTER
16
»Sein Terminkalender ist im Moment sehr voll, Mr. Charles.« »Gut, also sobald es ihm paßt«, erwiderte Charles am Telefon. Er hörte, wie geblättert wurde.
»Am 12. März um halb elf, Mr. Charles?«
»Aber das sind ja noch fast zwei Wochen«, erwiderte er irritiert.
»Mr. Spencer ist eben erst aus den Staaten zurückgekehrt und«
»Und wie wäre es mit einem Lunch – in meinem Club?« unterbrach Charles.
»Das wäre erst nach dem 19. März möglich.«
»Also gut«, sagte Charles, »bleiben wir beim 12. um halb elf.«
Während der vierzehn Tage hatte Charles genügend Zeit, über seine offenbar sinnlose Rolle in der Opposition frustriert zu sein. Kein Auto kam, um ihn rasch zu einem Büro zu bringen, wo es wirklich Arbeit zu tun gab. Noch schlimmer, niemand fragte nach seiner Meinung über Angelegenheiten von nationaler Bedeutung. Als der Tag der Verabredung mit Derek Spencer endlich kam, war er erleichtert. Doch obwohl er pünktlich eintraf, mußte er zehn Minuten warten, bevor die Sekretärin ihn hineinführte.
»Nett, Sie nach so langer Zeit wiederzusehen«, sagte Spencer und stand auf, um ihn zu begrüßen. »Ich glaube, es ist sechs Jahre her, seit Sie die Bank zum letzten Mal besucht haben.«
»Ja, vermutlich. Aber wenn ich mich so umsehe, scheint es gestern gewesen zu sein. Sie waren ohne Zweifel sehr beschäftigt?«
»Wie ein Kabinettsminister. Aber ich hoffe, mit besseren Resultaten.«
Beide lachten.
»Natürlich war ich über das, was in der Bank geschah, immer informiert.«
»Tatsächlich?« fragte Spencer.
»Ja, ich habe alle Ihre Aussendungen und natürlich die Berichte in der Financial Times gelesen.«
»Ich hoffe, Sie konnten feststellen, daß wir in Ihrer Abwesenheit einige Fortschritte gemacht haben.«
»Oh ja«, sagte
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