Archer Jeffrey
»Kommunistenschweinen« verfahren wäre, hätte man ihm die Chance gegeben. »Alle ins Gefängnis, bis sie lernen, ordentlich zu arbeiten.«
»Man hätte Sie höchstens eine Woche im Unterhaus behalten«, sagte Simon zu ihm.
»Nach einer Woche mit diesen Windbeuteln wäre ich auch glücklich gewesen, wieder in die Realität zurückzukehren.«
Simon lächelte. Ronnie war so wie viele andere auch – sie hielten alle Parlamentsmitglieder für unbrauchbar, außer das eine, das sie zufällig kannten.
Raymond wartete, bis die Regierung den letzten Posten vergeben hatte, dann machte er sich keine Hoffnung mehr. Ein paar führende politische Kommentatoren wiesen darauf hin, daß man ihn auf den Hinterbänken belassen hatte, während weniger bewährte Männer Ämter bekamen, aber das war ein schwacher Trost. Widerwillig nahm er seine Tätigkeit bei Gericht wieder auf.
Harold Wilson, zum drittenmal an der Macht, ließ keinen Zweifel daran, daß er so lange wie möglich regieren wollte, bevor er Neuwahlen ausschrieb. Da er jedoch keine absolute Mehrheit im Unterhaus hatte, glaubte kaum jemand, daß er länger als ein paar Monate aushalten würde.
Fiona kehrte vom Lunch mit Miss Trubshaw zurück. Sie lächelte wie eine Sphinx. Das Lächeln blieb, bis Charles nach der letzten Abstimmung aus dem Unterhaus kam.
»Du siehst sehr zufrieden aus«, bemerkte er und schüttelte seinen Schirm aus, bevor er die Tür schloß. Seine Frau stand mit gekreuzten Armen in der Halle.
»Wie war’s bei dir?« fragte sie.
»Nicht aufregend«, erwiderte Charles, begierig, Neuigkeiten zu hören. »Und du?«
»Ach, es war ein netter Tag. Ich habe mit deiner Mutter Kaffee getrunken. Es scheint ihr gut zu gehen. Eine kleine Erkältung, aber sonst -«
»Zum Teufel mit meiner Mutter. Wie war der Lunch mit Miss Trubshaw?«
»Ich habe mich schon gefragt, wie lang es dauern wird, bis du darauf zu sprechen kommst.«
Sie wartete, bis sie sich im Wohnzimmer hingesetzt hatten. »Nach siebzehn Jahren als Sekretärin deines Vaters und zwölf Jahren als Sekretärin des Vorstands gibt es wenig, was sie nicht über die Bank oder ihren Vorsitzenden weiß«, begann Fiona.
»Und was hast du erfahren?«
»Was willst du zuerst hören? Den Namen seiner Mätresse oder die Nummer seines Schweizer Bankkontos?«
Fiona berichtete alles, was sie im Lauf eines zweistündigen Lunches erfahren hatte. Miss Trubshaw trinke für gewöhnlich nur Wein, erklärte sie, aber diesmal habe sie fast eine Flasche Pommard geleert. Charles’ Grinsen wurde immer breiter, als eine Neuigkeit nach der anderen vor ihm ausgebreitet wurde. Er sah aus, dachte Fiona, wie ein kleiner Junge, der eine Schachtel Bonbons bekommt und immer wieder eine neue Lage darunter entdeckt.
»Gut gemacht, altes Mädchen«, sagte er, als sie geendet hatte. »Aber wie bekomme ich die Beweise?«
»Ich habe ein Abkommen mit Miss Trubshaw geschlossen.«
»Was?«
»Eine Vereinbarung. Du bekommst alle Beweise, wenn sie fünf weitere Jahre Sekretärin bleibt und keine Pensionsbezüge verliert.«
»Das ist alles, was sie will?« fragte Charles vorsichtig.
»Und wieder einen Lunch im Savoy Grill, wenn man dich in den Aufsichtsrat holt.«
Anders als viele seiner Parteifreunde, genoß es Raymond, einen Frack zu tragen und in der Londoner Gesellschaft zu verkehren. Eine Einladung zum jährlichen Bankett der Bankiers in der Guildhall bildete keine Ausnahme. Der Premier war Ehrengast, und Raymond hoffte, er werde eine Andeutung machen, wie lange es dauern würde, bis man wieder zu den Urnen schritt.
Vor dem Essen wechselte Raymond ein paar Worte mit dem Lord Mayor, bevor er mit einem Kreisrichter die Probleme der Parität von Richtsprüchen diskutierte. Beim Dinner saß Raymond an einem der langen Seitentische. »Raymond Gould QC.MP«, stand auf seiner Tischkarte. Der Tischnachbar zu seiner Rechten war der Vorsitzende von Cloride, Michael Edwardes, und zu seiner Linken saß eine Amerikanerin, die eben einen Posten in der City angenommen hatte.
Raymond war von Michael Edwardes Ansichten, wie der Premier die verstaatlichte Industrie managen sollte, fasziniert, aber noch mehr interessierte ihn die Beauftragte für Eurobonds der Chase Manhattan Bank. Sie muß um die dreißig sein, entschied Raymond, nicht nur wegen ihrer hohen Position bei der Bank, sondern auch weil sie erzählte, sie sei bei Kennedys Tod Studentin in Wellesley gewesen. Er hätte Kate Garthwaite für wesentlich jünger gehalten und war nicht erstaunt zu
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