Archer Jeffrey
Regieren vorzubereiten und über grundsätzliche Fragen nachzudenken. Als Minister konnte ich mir einen solchen Luxus nie leisten.«
»Aber es ist doch ganz anders als im Amt zu sein, nein?« Archie nahm eine Zigarre.
»Richtig. In der Regierung ist man von Sekretären umgeben, die nicht erlauben, daß man einen Finger rührt oder etwas überlegt, während man in der Opposition seine Politik durchdenken kann, auch wenn man seine Briefe oft selbst schreiben muß.«
Archie schob Simon den Portwein zu. »Ich bin froh, daß sich die Damen zurückgezogen haben«, sagte er verschwörerisch, »weil ich dir sagen wollte, daß ich mit Jahresende als Vorsitzender zurücktrete.«
»Warum?« fragte Simon erstaunt.
»Ich bin froh, daß du gewählt wurdest und dich zurechtfindest.
Jetzt ist es an der Zeit, daß ein jüngerer Mann übernimmt.« »Aber du bist genauso alt wie ich.«
»Das stimmt, der wahre Grund ist, daß mir zuwenig Zeit für meine Firma bleibt, und der Vorstand erinnert mich fortwährend daran. Du weißt am besten, daß die Zeiten nicht rosig sind.«
»Wie traurig«, sagte Simon, »kaum lernt man in der Politik jemanden näher kennen, schon entfernt er sich wieder.«
»Keine Angst«, sagte Archie, »ich beabsichtige nicht, von hier fortzugehen, und ich bin sicher, daß du die nächsten zwanzig Jahre mein Abgeordneter sein wirst. Dann werde ich mit Vergnügen annehmen, wenn du mich zum Dinner in die Downing Street einlädst.«
»Vermutlich wird dann Charles Seymour in der Downing Street residieren«, sagte Simon und zündete seine Zigarre an.
»Dann werde ich keine Einladung erhalten.« Archie lächelte.
Was Charles entdeckt hatte, raubte ihm den Schlaf; ruhelos wälzte er sich im Bett herum und hinderte auch Fiona am Einschlafen. Während er auf das Abendessen wartete, hatte er die Mappe über Nethercote geöffnet. Es war seine Gewohnheit, zuerst die Namen der Direktoren durchzulesen, um zu sehen, ob er jemanden kannte. Sein Blick blieb an »S.J. Kerslake, MP« hängen. Die Köchin war überzeugt, daß Mr. Seymour das Essen nicht geschmeckt hatte, denn die Hauptspeise berührte er kaum.
Als er kurz nach Clive Reynolds in die Bank kam, ließ er diesen sofort rufen. Erstaunt, den Vorsitzenden so früh zu sehen, erschien er wie üblich mit einem Stoß Unterlagen. Charles öffnete die vor ihm liegende Mappe. »Was wissen Sie über Nethercote und Co?«
»Eine Privatfirma. Nettoanlagevermögen fast zehn Millionen Pfund, laufende Kreditüberschreitungen sieben Millionen Pfund, die Hälfte von uns beigestellt. Gut geführt, mit einem tüchtigen Aufsichtsrat, wird nach meiner Ansicht die momentanen Probleme überleben, und wenn die Aktien an der Börse notieren, werden sie sofort vergriffen sein.«
»Wieviel Prozent Anteil an der Firma haben wir?«
»Siebeneinhalb. Wie Sie wissen, übernimmt die Bank nie acht Prozent. Es war immer unsere Politik zu investieren, ohne in die Gebarung einer Gesellschaft involviert zu sein.«
»Wer ist die wesentliche Bank von Nethercote?«
»The Midland.«
»Was würde geschehen, wenn wir unsere siebeneinhalb Prozent verkaufen und die Kreditüberschreitung nicht mehr verlängern?«
»Sie müßten eine andere Finanzierungsquelle suchen.«
»Und wenn sie keine finden?«
»Dann müssen sie ihre Immobilien verkaufen, und das wäre in der heutigen Situation sehr unvorteilhaft, wenn nicht unmöglich.«
»Und dann?«
»Ich müßte meine Unterlagen prüfen und …«
Charles gab ihm die Mappe, und Reynolds studierte sie sorgfältig. »Sie haben bereits ein Cash-Flow-Problem wegen schlechter Schuldner. Wenn die Kreditüberschreitung gekündigt wird, könnten sie untergehen. Davon würde ich sehr abraten; Nethercote war jahrelang verläßlich, und ich glaube, wir werden einen hübschen Gewinn machen, wenn sie an die Börse gehen.«
»Aus Gründen, die ich Ihnen nicht mitteilen kann«, sagte Charles, »fürchte ich, daß unsere weitere Verbindung mit Nethercote unserer Bank zum Schaden gereichen würde.« Reynolds sah ihn überrascht an. »Bitte informieren Sie Midland,
daß wir im nächsten Vierteljahr die Kreditüberschreitung nicht erneuern werden.«
»Dann müssen sie sich nach einer anderen Bank umsehen.
Midland wird nie den ganzen Betrag allein riskieren.« »Versuchen Sie sofort, unsere siebeneinhalb Prozent
loszuwerden.«
»Das könnte zu einer Vertrauenskrise in der Firma führen.« »Möglich«, sagte Charles und schloß die Mappe.
»Aber ich glaube -«
»Das ist alles,
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