Archer Jeffrey
Mr. Reynolds.«
»Ja, Sir.« Reynolds stand vor einem Rätsel; er hatte seinen Chef nie für einen unvernünftigen Mann gehalten. Hätte er sich umgedreht, er wäre noch mehr verwundert gewesen über das Lächeln, das sich auf Charles Seymours ganzem Gesicht ausbreitete.
»Man hat uns den Boden unter den Füßen weggezogen«, sagte Ronnie Nethercote wütend. »Wer?« fragte Simon, der eben eintrat. »Die Midland Bank.« »Warum tun sie so etwas?« »Irgendein Aktienbesitzer hat sein Aktienpaket ohne Vorwarnung auf den Markt geworfen, und Midland macht sich Sorgen. Allein übernehmen sie keine so große Kreditüberschreitung.«
»Haben Sie mit dem Direktor gesprochen?« fragte Simon und
konnte seine Angst nicht verbergen.
»Ja, er kann nichts tun. Seine Hände sind durch eine Direktive
des Vorstands gebunden.« Ronnie ließ sich noch tiefer in seinen
Fauteuil fallen.
»Wie gefährlich ist unsere Lage?«
»Sie haben mir einen Monat Zeit gegeben, eine andere Bank
zu finden. Sonst muß ich unsere Immobilien verkaufen.« »Was geschieht, wenn wir keine andere Bank finden?« fragte
Simon verzweifelt.
»Dann kann die Gesellschaft binnen weniger Wochen den
Bankrott anmelden. Kennen Sie eine Bank, die eine gute
Investition sucht?«
»Nur eine, und die hilft uns bestimmt nicht.«
Befriedigt legte Charles den Hörer auf. Er fragte sich, ob es überhaupt noch etwas gab, das man geheimhalten konnte. Er hatte kaum eine Stunde gebraucht, um festzustellen, wie hoch Kerslakes Kreditüberschreitung war. »Ganz vertraulich von Bank zu Bank«, hatte er versichert. Als Reynolds klopfte, lächelte er noch immer.
»Midland war nicht erfreut«, berichtete er sofort.
»Sie werden es verwinden«, antwortete der Vorsitzende. »Wie steht es mit Nethercote?«
»Nur Gerüchte, aber jeder weiß, daß sie in Schwierigkeiten sind, und der Vorsitzende sucht nach einem neuen Geldgeber«, sagte Reynolds gelassen. »Sein größtes Problem ist, daß im Moment niemand etwas von Immobilienfirmen wissen will.«
»Was hindert uns, die Scherben einzusammeln und ein gutes Geschäft zu machen, wenn sie bankrott gegangen sind?«
»Eine Klausel im Finanzgesetz, das Ihre Regierung vor drei Jahren beschlossen hat. Die Strafen reichen von hohen Geldbeträgen bis zum Entzug der Banklizenz.«
»Ach, ich erinnere mich«, sagte Charles. »Schade. Wie lang werden sie noch aushalten?«
»Wenn sie nicht bis Monatsende einen Geldgeber finden«, sagte Reynolds und strich sich über das glattrasierte Kinn, »werden die Gläubiger über sie herfallen wie ein Schwarm Heuschrecken.«
»Sind die Anteile gar nichts wert?« fragte Charles unschuldig.
»Im Augenblick nicht einmal das Papier, auf dem sie gedruckt sind«, sagte Reynolds und beobachtete den Vorsitzenden scharf.
Wieder sah er Charles’ zufriedenes Lächeln. Charles dachte an Simon Kerslake und seinen Kredit von hundertachttausend Pfund, der jetzt nur durch wertlose Aktien gedeckt war. Pucklebridge würde sich bald nach einem neuen Abgeordneten umsehen müssen.
Als sich am Monatsende keine Bank gefunden hatte, gab Ronnie Nethercote auf, bestellte einen Liquidator und erklärte den Bankrott. Er hoffte immer noch, alle Gläubiger auszahlen zu können, obwohl die Aktien, die er und seine anderen Direktoren besaßen, wertlos waren. Über Simons Problem war er ebenso unglücklich wie über seine eigene Lage, aber er wußte, daß der Liquidator keine Ausnahme machte.
Als Simon Elizabeth den Stand der Dinge mitteilte, beklagte sie sich nicht. Seit ihr Mann in den Aufsichtsrat von Nethercote eingetreten war, hatte sie immer gefürchtet, es könne etwas Derartiges geschehen.
»Kann dir Ronnie nicht helfen?« fragte sie. »Schließlich hast du ihm in der Vergangenheit oft genug geholfen.«
»Nein«, erwiderte Simon und vermied es, ihr zu sagen, wo die wahre Schuld für die Katastrophe lag.
»Muß man, wenn man Pleite macht, auf alle Fälle aus dem Parlament ausscheiden?« war Elizabeths nächste Frage.
»Nein, aber ich werde es tun, denn man würde mich nie befördern – das Odium ›fehlende Urteilskraft‹ würde immer an mir haften bleiben.«
»Es scheint so ungerecht, da du persönlich keine Schuld trägst.«
»Für jene, die im Rampenlicht stehen, gelten andere Regeln«, sagte Simon schlicht.
»Aber mit der Zeit -« begann Elizabeth.
»Ich bin nicht bereit, weitere zwanzig Jahre auf den Hinterbänken zu verbringen, damit ich dann im Rauchsalon das Getuschel höre, - er wäre nicht im Kabinett, wenn nicht
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