Archer Jeffrey
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»Heißt das, daß wir die Kinder aus der Schule nehmen müssen?«
»Ja, leider.« Simons Hände zitterten. »Ich kann vom Liquidator nicht erwarten, daß er die Kosten für die Erziehung meiner Söhne als dringende Notwendigkeit einstuft, selbst wenn es mir gelänge, das Geld aufzutreiben.«
»Und das Kindermädchen müssen wir auch entlassen?«
»Nicht unbedingt, aber wir werden beide Opfer bringen müssen, damit wir sie wenigstens halbtägig behalten können.«
»Aber meine Arbeit im Krankenhaus …« begann Elizabeth, beendete den Satz jedoch nicht. »Was geschieht als nächstes?«
»Ich muß heute abend Archie Millburn verständigen. Den entsprechenden Brief habe ich schon geschrieben. Am Montag werde ich mich beim Fraktionsvorsitzenden ansagen und ihm erklären, warum ich mich um Chiltern Hundreds bewerben muß.«
»Was heißt das?«
»Es ist die einzige Möglichkeit, das Unterhaus während der Legislaturperiode zu verlassen – außer man stirbt. Offiziell ist es ein Kronamt und schließt daher eine Mitgliedschaft im Unterhaus aus.«
»Das klingt alles sehr formell.«
»Leider muß es auch zu einer peinlichen Nachwahl in Pucklebridge kommen«, gab Simon zu.
»Kann dir niemand helfen?«
»Es gibt nicht viele Leute, die hundertachttausend Pfund für ein wertloses Aktienbündel ausgeben wollen.«
»Soll ich dich begleiten, wenn du Archie aufsuchst?« Elizabeth stand auf.
»Nein, mein Schatz. Es ist lieb von dir zu fragen, aber ich bin derjenige, der an allem schuld ist.«
Elizabeth beugte sich vor und strich ihm die Haare aus der Stirn. Sie bemerkte ein paar graue Strähnen. »Wir werden eben von meinem Gehalt leben, während du dich um einen Job umsiehst.«
Langsam fuhr Simon nach Pucklebridge, um den Parteivorsitzenden zu treffen. Archie Millburn hörte ihm, in seinem Garten stehend, mit traurigem Gesicht zu. »Ähnliches ist in letzter Zeit vielen anständigen Leuten in der City zugestoßen. Aber eines verstehe ich nicht: Warum will niemand übernehmen, wenn die Gesellschaft so gute Objekte besitzt? Klingt doch nach einem glänzenden Geschäft?«
»Es scheint eine Sache des Vertrauens zu sein«, sagte Simon.
»Ein heiliges Wort in der City«, stimmte Archie zu und wandte sich wieder seinen Rosen zu.
Simon übergab ihm sein Rücktrittsschreiben. Millburn las es und nahm es widerwillig an.
»Ich werde schweigen, bis du Montag mit dem Fraktionsvorsitzenden gesprochen hast. Dienstag abend werde ich eine Vollversammlung einberufen und deinen Entschluß bekanntgeben. Mach dich Dienstag abend auf viele unangenehme Anrufe von der Presse gefaßt.«
Die beiden Männer schüttelten einander die Hand. »Dein Pech ist unser Pech«, sagte Archie. »Du hast in kurzer Zeit das Vertrauen und die Zuneigung deiner Wähler gewonnen. Sie werden dich vermissen.«
Simon fuhr nach London zurück. Obwohl er das Radio angedreht hatte, hörte er die Nachricht nicht, die jede halbe Stunde wiederholt wurde.
20
Raymond war einer der ersten, der die Nachricht hörte, und er war sprachlos. Harold Wilson beabsichtigte, mitten in seiner fünfjährigen Amtsperiode zurückzutreten, und er gab keinen anderen Grund dafür an, als daß er sechzig Jahre alt geworden sei. Er wollte nur so lange Premier bleiben, bis die LabourPartei einen neuen Führer gewählt hatte. Wie angewurzelt saßen Raymond und Kate vor dem Fernsehschirm, um auch nicht das kleinste Detail zu versäumen. Bis spät in der Nacht besprachen sie die Folgen dieser neuen Entwicklung.
»Nun, Karottenkopf, könnte das die Rehabilitierung unseres vergessenen Helden bedeuten?«
»Wer weiß?«
»Wenn du es nicht weißt, wer sonst?«
»Der nächste Parteiführer«, sagte Raymond.
Der Kampf um die Parteiführung war eine Schlacht zwischen dem rechten und dem linken Flügel – James Callaghan rechts, Michael Foot links. Andrew und Raymond wollten beide denselben Mann und waren erleichtert, als Callaghan, obwohl er die erste Abstimmung verlor, zum Führer gewählt wurde. Die Königin forderte ihn auf, eine neue Regierung zu bilden. Wie es die Tradition verlangte, gaben Andrew und mit ihm alle anderen Regierungsmitglieder ihren Rücktritt bekannt, damit der Premier eine neue Regierung bilden konnte.
Raymond war im Gerichtssaal und hörte der Belehrung des Richters zu, als er eine Nachricht erhielt. »Bitte so, rasch wie möglich Downing Street anrufen.« Der Richter benötigte weitere dreißig Minuten, um die Geschworenen über die Bedeutung eines Totschlages zu belehren, dann
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