Archer Jeffrey
Aktien anlegen werde. Zu dieser Zeit hatte William so disponiert, daß nur noch fünfundzwanzig Prozent seines Kapitals in Aktien angelegt waren, ein Vorgehen, das ihn bereits über zwei Millionen Dollar gekostet hatte und ihm einen berunruhigenden Verweis von Alan Lloyd eintrug.
»Ich hoffe zu Gott, daß du weißt, was du tust, William.«
»Alan, ich kenne den Aktienmarkt seit meinem vierzehnten Lebensjahr, und ich habe immer gewonnen, indem ich gegen den Strom schwamm.«
Als die Aufwärtsbewegung der Aktien im Lauf des Sommers 1929 jedoch weiter anhielt, hörte selbst William auf zu verkaufen und frage sich, ob Tony Simmons vielleicht doch recht hatte.
Als der Zeitpunkt des Ausscheidens von Alan Lloyd aus der Bank näherrückte, begann Tony Simmons’ Absicht, seine Nachfolge anzutreten, zu einem fait accompli zu werden. Die Aussicht beunruhigte William, der Simmons’ Ideen viel zu konventionell fand. Er war immer ein Stück hinter dem Markt zurück, was in Jahren der Hochkonjunktur, wenn alles gutging, in Ordnung war, aber in schlechten Zeiten, wenn die Konkurrenz härter wurde, gefährlich sein konnte. Ein kluger Geldanleger sollte nach Williams Ansicht nicht ständig mit der Herde gehen, sondern mußte sich im voraus Gedanken darüber machen, in welche Richtung sich die Herde demnächst wenden würde. William war bereits sicher, daß weitere Investitionen auf dem Aktienmarkt riskant waren, während Tony Simmons überzeugt war, daß Amerika einem goldenen Zeitalter entgegen gehe. Williams zweites Problem bestand einfach darin, daß Tony Simmons erst neununddreißig Jahre alt war, was bedeutete, daß William mindestens sechsundzwanzig Jahre warten mußte, bis er Präsident von Kane and Cabot werden konnte. Das paßte schlecht in das Schema, das man in Harvard als »Karrieremodell« bezeichnete.
Inzwischen stand ihm das Bild Katherine Brookes’ ständig vor Augen. Sooft er konnte, schrieb er ihr über die Verkäufe ihrer Aktien und Obligationen. Es waren formelle maschinengeschriebene Briefe, die nichts weiter als formelle handschriftliche Antworten erforderten. Sie mußte ihn für den gewissenhaftesten Bankier der Welt halten. Wäre sie sich bewußt gewesen, daß ihre Aktenmappe zu einer der umfangreichsten in Williams Geschäftsbereich zu werden begann, sie hätte darüber - oder vielleicht über ihn gründlicher nachgedacht. Zu Herbstbeginn teilte sie ihm mit, daß sie einen festen Käufer für den Besitz in Florida gefunden habe. In seiner Antwort bat William, sie möge ihm erlauben, die Verkaufsbedingungen im Namen der Bank auszuhandeln; sie war einverstanden.
Anfang September fuhr er nach Florida. Mrs. Brookes erwartete ihn auf dem Bahnhof. Er war überwältigt von ihrem Anblick: sie erschien ihm noch schöner als in seiner Erinnerung. Sie stand auf dem Bahnsteig, und ein leichter Wind preßte das schwarze Kleid an ihren Körper. William wandte keinen Blick von ihr.
Sie trug noch Trauer und benahm sich ihm gegenüber so reserviert und korrekt, daß William zunächst verzweifelt war, weil er fürchtete, überhaupt keinen Eindruck auf sie zu machen. Er zog die Verhandlungen mit dem Farmer, der Buckhurst Park kaufen wollte, soweit wie möglich in die Länge und überredete Katherine Brookes, ein Drittel des vereinbarten Kaufpreises anzunehmen, während die Bank zwei Drittel erhalten sollte. Als die Papiere schließlich unterzeichnet waren, konnte er keinen Vorwand mehr finden, nicht nach Boston zurückzukehren. Er lud sie in ein Hotel zum Abendessen ein, entschlossen, ihr seine Gefühle zumindest anzudeuten. Nicht zum erstenmal überraschte sie ihn. Bevor er das Thema angeschnitten hatte, fragte sie ihn, ihr Glas zwischen den Fingern drehend, um ihn nicht ansehen zu müssen, ob er ein paar Tage in Buckhurst Park bleiben wolle.
»Eine Art Ferien für uns beide.«
Sie errötete. William blieb stumm.
Endlich fand sie den Mut fortzufahren. »Ich weiß, das klingt
verrückt. Aber Sie müssen begreifen - ich bin sehr einsam gewesen. Das Merkwürdige ist, daß ich die letzte Woche mit Ihnen mehr genossen habe als irgendeine Zeit, an die ich mich erinnere.«
Sie errötete von neuem. »Ich habe mich schlecht ausgedrückt, und Sie werden das Schlimmste von mir denken.«
Williams Herz schlug schneller. »Kate, ich habe mir seit neun Monaten gewünscht, etwas mindestens ebenso Schlimmes zu sagen.«
»Dann werden Sie ein paar Tage bleiben, William?«
»Ja, Kate, bestimmt.«
An diesem Abend brachte sie ihn im
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