Archer Jeffrey
in der gleichen skandalösen Art geführt werden. Wenn Sie wollen, daß sich die Dinge in Chikago ändern, müssen Sie jetzt sofort eine Entscheidung über Pacey treffen, oder Sie können allein in Konkurs gehen. Entweder - oder.«
»Wir Texaner haben den Ruf, zu sagen, was wir denken, Abel, aber an Sie reichen wir nicht heran. Okay, okay, ich gebe Ihnen die Vollmacht. Jetzt. Sofort. Ich gratuliere Ihnen. Sie sind der neue Direktor des Richmond Hotels von Chikago. Warten Sie, bis Al Capone hört, daß Sie in Chikago angekommen sind. Er wird sofort zu mir nach Texas flüchten, in den Frieden und die Ruhe des großen Südwestens. Abel, mein Junge«, fuhr Leroy fort, stand auf und klopfte seinem neuen Direktor auf die Schulter, »glauben Sie nicht, daß ich undankbar bin. Sie haben in Chikago ausgezeichnete Arbeit geleistet, und von nun an betrachte ich Sie als meine rechte Hand. Um ehrlich zu sein, Abel, ich habe an der Börse so gut verdient, daß ich den Verlust gar nicht bemerkte. Gott sei Dank habe ich einen ehrlichen Freund. Bleiben Sie doch über Nacht, und essen Sie einen Bissen mit mir.«
»Das wäre mir ein großes Vergnügen, Mr. Leroy, aber ich möchte aus persönlichen Gründen im Richmond Hotel von Dallas übernachten.«
»Sie werden doch niemanden laufenlassen, Abel, oder?« »Nicht, wenn es sich vermeiden läßt.«
Am Abend lud Davis Leroy Abel zu einem köstlichen Essen ein und flößte ihm etwas zuviel Whisky zu trinken ein, was er mit südstaatlicher Gastfreundschaft erklärte. Er gestand auch, daß er auf der Suche nach einem Leiter für die ganze Gruppe der Richmond Hotels sei, um ein geruhsameres Leben führen zu können.
»Sind Sie sicher, daß Sie einen dummen Polacken wollen?« lallte Abel.
»Abel, ich bin dumm gewesen. Wenn Sie nicht so klug gewesen wären, diesen Gaunern auf die Schliche zu kommen, hätte ich Bankrott gemacht. Aber jetzt, da ich die Wahrheit weiß, wollen wir die Gauner gemeinsam erledigen. Und ich biete Ihnen die Möglichkeit, die Richmond-Gruppe wieder in die Höhe zu bringen.«
Mit unsicherer Hand hob Abel das Glas. »Darauf trinke ich, und auf eine gute Zusammenarbeit.«
»Mach sie fertig, mein Junge.«
Abel verbrachte die Nacht im Richmond Hotel von Dallas. Er gab einen falschen Namen an und sagte, daß er nur eine Nacht bleiben wolle. Als er am Morgen beobachtete, wie das einzige Exemplar seiner bar bezahlten Rechnung im Papierkorb verschwand, war sein Verdacht bestätigt. Es gab also nicht nur in Chikago Probleme. Er beschloß, Chikago zuerst in Ordnung zu bringen; die übrigen Hotels mußten bis später warten. Er rief Davis Leroy an und berichtete ihm, daß die Krankheit auf die ganze Gruppe übergegriffen habe.
Abel fuhr auf demselben Weg zurück, auf dem er gekommen war. Das Mississippital zog düster an den Waggonfenstern vorbei, verwüstet von den Überschwemmungen des Vorjahres. Abel dachte an die Verwüstungen, die er im Richmond Hotel von Chikago anrichten würde.
Als er ankam, war kein Nachtportier im Dienst und nur ein einziger Angestellter zu finden. Abel beschloß, ihnen allen eine gute Nachtruhe zu gönnen, bevor er sie hinauswarf. Ein junger Page öffnete ihm das Haupttor, als er zur Dependance ging.
»Haben Sie eine gute Reise gehabt, Mr. Rosnovski?« fragte er.
»Ja, danke. Was war hier los?«
»Oh, es war sehr ruhig.«
Kann sein, dachte Abel, daß du es morgen noch ruhiger finden wirst, wenn du als einziger von der ganzen Belegschaft übriggeblieben bist.
Abel packte aus und rief das Zimmerservice an, um eine Kleinigkeit zu essen zu bestellen. Der Imbiß wurde erst nach mehr als einer Stunde gebracht. Nachdem er den Kaffee getrunken hatte, nahm er eine kalte Dusche und legte sich einen Plan für den kommenden Tag zurecht. Er hatte einen guten Zeitpunkt für das Gemetzel gewählt; es war Anfang Februar und das Hotel nur zu fünfundzwanzig Prozent belegt. Abel war sicher, daß er das Hotel mit ungefähr der Hälfte der Angestellten führen konnte. Er stieg ins Bett, warf das Kissen auf den Boden und schlief so ruhig wie sein argloses Personal.
Desmond Pacey, der bei der Belegschaft nur »der Faulpelz« hieß, war zweiundsechzig Jahre alt. Er hatte beträchtliches Übergewicht und bewegte sich daher eher langsam auf seinen kurzen Beinen. Im Lauf der Zeit hatte er im Richmond sieben oder acht Direktor-Stellvertreter kommen und gehen sehen. Einige waren geldgierig geworden und hatten mehr von seinen Einnahmen verlangt, andere hatten einfach nicht begriffen,
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