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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kain und Abel
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wohnten bei Charles Lester. In sechs Monaten war Matthews Vater beinahe ein Greis geworden, und als er an den Gräbern seiner Frau und seines Sohnes stand, sagte er zu William, daß sein Leben jeden Sinn verloren habe. William schwieg; es gab keine Worte, die den gramgebeugten Mann hätten trösten können. Am nächsten Tag fuhren Kate und William nach Boston zurück. Das Red House schien seltsam leer ohne Matthew. Die letzten Monate hatten zu den glücklichsten und gleichzeitig zu den unglücklichsten in Williams Leben gehört. Der Tod hatte ihm Matthew und auch Kate so nahegebracht, wie es das Alltagsleben nie vermocht hätte.
    Als William nach Matthews Tod wieder in die Bank zurückkehrte, fiel es ihm schwer, sich wieder in der normalen Routine zurechtzufinden. Wieder und wieder stand er auf und wollte in Matthews Zimmer gehen, um etwas zu besprechen, um sich zu unterhalten oder auch nur, um sich seiner Gegenwart zu vergewissern; aber er war nicht mehr da. Es dauerte Wochen, bevor William sich das abgewöhnte.
    Tony Simmons zeigte sich sehr verständnisvoll, aber auch das half nicht. Während er monatelang seinen Freund betrauerte, verlor William jedes Interesse am Bankgeschäft, sogar an Kane and Cabot. Er hatte es immer als gegeben hingenommen, daß er und Matthew gemeinsam alt werden und ein gemeinsames Schicksal teilen würden. Niemand sagte etwas, als Williams Arbeit nicht den gewohnten hohen Standard zeigte. Aber selbst Kate begann sich Sorgen zu machen, als William Stunden um Stunden allein verbrachte.
    Dann erwachte sie eines Morgens, und William saß an ihrem Bett und starrte auf sie herab. Sie blinzelte zu ihm auf. »Was ist los, Liebling?«
    »Nichts, ich betrachte nur einfach meinen kostbarsten Besitz und vergewissere mich, daß ich ihn nicht als gegeben hinnehme.«

22
    Als sich Amerika Ende 1932 immer noch in einer Wirtschaftskrise befand, begann Abel sich um die Zukunft der Baron-Hotels Sorgen zu machen. Zweitausend Banken hatten in den vergangenen zwei Jahren schließen müssen, und jede Woche sperrte eine andere zu. Neun Millionen Menschen waren arbeitslos, was allerdings den Vorteil bot, daß Abel in seinen Hotels ausgezeichnetes Personal hatte. Dennoch verlor die Baron-Gruppe in dem Jahr, in dem Abel ohne Verlust aussteigen wollte, zweiundsiebzigtausend Dollar, und er fragte sich, ob Geld und Geduld seines Gönners ausreichen würden, bis die Dinge wieder besser wurden.
    Während Anton Cermaks erfolgreichem Wahlkampf um das Amt des Bürgermeisters von Chikago hatte Abel sich für amerikanische Politik zu interessieren begonnen. Cermak überredete Abel, der Demokratischen Partei beizutreten, die eben einen energischen Feldzug gegen die Prohibition führte. Abel unterstützte Cermak mit Begeisterung, da die Prohibition dem Hotelgewerbe sehr geschadet hatte. Daß Cermak auch Einwanderer war, und zwar aus der Tschechoslowakei, brachte die beiden Männer einander näher, und Abel war beglückt, als er bei dem Parteitag der Demokraten in Chikago zum Abgeordneten gewählt wurde. Alle Anwesenden brachen in eine stehende Ovation aus, als Cermak rief:
    »Es stimmt, ich bin nicht mit der Mayflower gekommen, aber ich kam, sobald ich konnte.«
Auf dem Parteitag wurde Abel auch Franklin D. Roosevelt vorgestellt, der auf ihn einen tiefen Eindruck machte. Roosevelt gewann mühelos den Wahlkampf, und im ganzen Land bekamen demokratische Kandidaten Posten und Stellungen. Einer der neu gewählten Stadträte in der City Hall von Chikago war Henry Osborne. Als Anton Cermak einige Wochen später in Miami Opfer eines Attentats wurde, das Roosevelt gegolten hatte, beschloß Abel, einen guten Teil seiner Zeit und seines Geldes der Sache der polnischen Demokraten in Chikago zu widmen.
    1933 verlor die Gruppe nur dreiundzwanzigtausend Dollar, und eines der Hotels, dasjenige in St. Louis, warf sogar einen Gewinn ab. Als der Präsident am 12. März sein erstes Kamingespräch hielt und seine Landsleute aufforderte, »wieder an Amerika zu glauben«, hatte Abel genug Vertrauen in die Zukunft, um die beiden Hotels, die er ein Jahr zuvor geschlossen hatte, wieder zu eröffnen.
    Zaphia war ärgerlich über seinen langen Aufenthalt in Charleston und Mobile, wo er die zwei Hotels wieder in Schwung brachte. Stellvertretender Direktor des Stevens war der Posten, den sie für Abel erträumt hatte; damit hatte sie Schritt halten können. Doch jetzt geschah jeden Monat etwas Neues; sie spürte, wie sie hinten nachblieb, und hatte Angst,

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