Archer Jeffrey
Erfolg von dieser Größenordnung; und obwohl sie sich jetzt die teuersten Kleider leisten konnte, war sie geschmacklos und unbeholfen angezogen. Sie wußte, daß Abel das ärgerte. Als er sich mit Henry Osborne unterhielt, stand sie daneben.
»Das muß der Höhepunkt Ihrer Karriere sein«, bemerkte Henry und klopfte Abel auf die Schulter.
»Der Höhepunkt? Ich war eben dreißig«, erwiderte Abel. Ein Blitzlicht flammte auf, als er einen Arm um Henrys Schulter legte. Abel strahlte und merkte zum erstenmal, wie wohl es tat, als bekannte Persönlichkeit behandelt zu werden. »Ich werde Baron-Hotels rund um den Erdball errichten«, sagte er gerade so laut, daß es die umstehenden Reporter hören konnten. »Ich beabsichtige in Amerika das zu werden, was Cesar Ritz für Europa war; halten Sie sich an mich, Henry, und es wird Ihnen Spaß machen.«
23
Am nächsten Morgen beim Frühstück wies Kate auf eine kleine Notiz auf Seite 17 des Globe; darin wurde von der Eröffnung des Chikago Baron berichtet.
William lächelte, als er den Artikel las. Schade, daß Kane and Cabot nicht auf seinen Rat gehört hatte, die Richmond-Gruppe zu unterstützen. Er war zufrieden, daß seine Einschätzung von Rosnovski sich als richtig erwiesen hatte, selbst wenn die Bank an dem Erfolg nicht partizipierte. Sein Lächeln vertiefte sich, als er den Spitznamen The Chikago Baron las. Und dann wurde ihm plötzlich übel. Er schaute das Foto nochmals an; es war kein Irrtum, und der Begleittext bestätigte es: »Abel Rosnovski, Präsident der Baron-Gruppe, im Gespräch mit Mieczyslaw Szymczak, einem leitenden Beamten des Federal Reserve Board, und Stadtrat Henry Osborne.«
William legte die Zeitung auf den Tisch und dachte einen Augenblick lang nach. Sobald er im Büro war, rief er Thomas Cohen von Cohen and Yablons an.
»Ich habe lange nichts von Ihnen gehört, Mr. Kane«, waren Thomas Cohens erste Worte. »Mit Bedauern habe ich vom Tod Ihres Freundes Matthew Lester gehört. Wie geht es Ihrer Gattin und Ihrem Sohn - Richard heißt er, nicht wahr?«
Wie immer bewunderte William Thomas Cohens fabelhaftes Gedächtnis für Namen und Verwandtschaftsbeziehungen.
»Ja, richtig. Es geht beiden gut, danke, Mr. Cohen.«
»Nun, was kann ich diesmal für Sie tun, Mr. Kane?«
Thomas Cohen hatte nicht vergessen, daß William nach einem Satz
genug von persönlicher Konversation hatte.
»Ich möchte mit Ihrer Hilfe einen verläßlichen Detektiv finden. Mein Name darf mit den Nachforschungen nicht in Verbindung stehen, aber ich brauche wieder eine Auskunft über Henry Osborne. Alles, was er tat, seit er Boston verlassen hat, und insbesondere, ob eine Verbindung zwischen ihm und Abel Rosnovski von der BaronGruppe besteht.«
Es trat eine kurze Pause ein, bevor der Anwalt »gut« sagte. »Können Sie mir in einer Woche berichten?«
»Zwei Wochen, Mr. Kane, zwei«, sagte Mr. Cohen.
»Ein ausführlicher Bericht auf meinem Schreibtisch in zwei
Wochen, Mr. Cohen?«
»Zwei Wochen, Mr. Kane.«
Thomas Cohen war verläßlich wie immer, und am Morgen des 15.
lag ein ausführlicher Bericht auf Williams Schreibtisch. Offenbar gab es keine Geschäftsverbindung zwischen Abel Rosnovski und Henry Osborne. Rosnovski sah in Osborne einen nützlichen politischen Kontakt, aber nicht mehr. Osborne selbst hatte einen Job nach dem anderen gehabt und war schließlich in der Zentrale der Great Western Casualty Company gelandet. Vermutlich hatte er dort Abel Rosnovski kennengelernt, da das alte Chikago Richmond bei der Great Western versichert war. Als das Hotel niederbrannte, hatte sich die Versicherung anfangs geweigert auszuzahlen. Ein gewisser Desmond Pacey, ehemaliger Direktor des Hotels, wurde wegen Brandstiftung zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt; es kam der Verdacht auf, Abel Rosnovski hätte eventuell etwas damit zu tun gehabt. Da nichts bewiesen werden konnte, erklärte sich die Versicherung bereit, eine dreiviertel Million Dollar zu zahlen. Osborne, so fuhr der Bericht fort, war jetzt Stadtrat und Berufspolitiker im Rathaus. Man wußte, daß er eines Tages Kongreßabgeordneter von Chikago zu werden hoffte. Er hatte vor kurzem eine gewisse Marie Axton, Tochter eines wohlhabenden Arzneimittelherstellers, geheiratet. Bis jetzt keine Kinder.
William las den Bericht ein zweitesmal, um ganz sicherzugehen, daß ihm auch nicht das kleinste und unwichtigste Detail entgangen war. Obwohl die beiden Männer anscheinend nicht viel miteinander zu tun hatten, konnte er das Gefühl
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