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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kain und Abel
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Schweigend
schauten die Freunde einander an.
»Du weißt es, nicht wahr?« sagte Matthew schließlich.
»Ja«, sagte William, »ich war ein Narr, und ich hoffe, daß du mir
verzeihst.«
»Wein nicht, William, ich hab dich nicht weinen gesehen, seit du
zwölf warst; damals, als Covington dich verprügelte und ich ihn
wegziehen mußte. Erinnerst du dich? Was Covington jetzt wohl
macht? Vermutlich führt er ein Bordell in Tijuana; das ist so ungefähr
das einzige, zu dem er taugt. Übrigens, wenn Covington ein solches
Etablissement führt, wird er es sehr gut führen. Du könntest mich
hinbringen. Wein nicht, William. Erwachsene Männer weinen nicht.
Es ist nichts zu machen. Ich habe alle Spezialisten aufgesucht, von
New York über Zürich bis Los Angeles. Sie wissen nichts. Macht es
dir etwas, wenn ich heute vormittag nicht in die Bank komme? Mir ist
immer noch ziemlich schlecht. Weck mich auf, wenn ich zu lang
bleibe oder im Weg bin, dann geh nach Hause.«
»Dein Zuhause ist hier.«
Matthews Gesichtsausdruck veränderte sich. »Wirst du es meinem Vater sagen, William? Ich kann es einfach nicht. Du bist auch ein
einziger Sohn; du verstehst das Problem.«
»Ja«, sagte William. »Ich fahre morgen nach New York und sag es
ihm, wenn du versprichst, hier bei uns zu bleiben. Ich werde dich
nicht davon abhalten, dich zu betrinken, wenn es das ist, was du willst,
oder so viele Frauen zu haben, wie du möchtest, aber du mußt
hierbleiben.«
»Das schönste Angebot seit Wochen, William. Aber jetzt werde ich
noch ein wenig schlafen. Ich werde in letzter Zeit so leicht müde.« William blieb, bis Matthew in tiefen Schlaf versunken war, dann
nahm er das halbvolle Glas aus seiner Hand. Auf der Decke bildete
sich ein Tomatenfleck.
»Stirb nicht«, sagte er leise, »bitte, stirb nicht, Matthew. Hast du
vergessen, daß wir beide die größte Bank Amerikas führen wollen?«
    Am nächsten Morgen fuhr William nach New York und besuchte Charles Lester. Der große Mann schien mit einem Schlag gealtert, nachdem er die Nachricht erfahren hatte; er sah aus, als schrumpfe er in seinem Lehnsessel zusammen.
    »Danke, daß du gekommen bist, um es mir persönlich zu sagen, William. Ich wußte, daß etwas nicht in Ordnung ist, als Matthew aufhörte, mich jeden Monat zu besuchen. Ich werde jedes Wochenende zu euch kommen. Er ist bestimmt am liebsten bei dir und Kate, und ich will mich bemühen, nicht zu zeigen, wie mich die Nachricht getroffen hat. Weiß Gott, was er getan hat, ein solches Schicksal zu verdienen. Seit dem Tod meiner Frau plante ich nur mehr für Matthew, und jetzt gibt es niemanden, dem ich die Bank überlassen kann. Susan interessiert sich nicht dafür.«
    »Kommen Sie, wann immer Sie wollen, nach Boston, Sir. Sie sind stets willkommen.«
     
    »Danke, William. Danke auch für alles, was du für Matthew tust.«
    Der alte Mann schaute ihn an. »Ich wollte, dein Vater hätte erlebt, wie würdig du dich des Namens Kane erweist. Wenn ich nur mit Matthew tauschen und ihn leben lassen könnte…«
    »Ich sollte wieder zu ihm zurückfahren, Sir.«
    »Ja, natürlich. Sag ihm, ich hätte die Nachricht mit stoischer Ruhe aufgenommen. Sag ihm nichts anderes.«
»Ja, Sir.«
William fuhr am selben Abend nach Boston zurück. Matthew war mit Kate zu Hause geblieben; er saß auf der Veranda und hatte begonnen, den neuesten Bestseller, »Vom Winde verweht«, zu lesen. Als William durch die Glastür kam, schaute er auf.
»Wie hat es mein Vater aufgenommen?«
»Er hat geweint«, sagte William.
»Der Präsident der Lester Bank hat geweint?« fragte Matthew. »Das dürfen die Aktionäre nie erfahren.«
Matthew hörte zu trinken auf und arbeitete, soviel er konnte. William war erstaunt über seine Ausdauer und mußte ihn fortwährend ermahnen, sich nicht zu überarbeiten. Matthew erledigte alles, was in der Abteilung zu erledigen war, und zog William auf, indem er jeden Abend dessen Post kontrollierte. Vor dem Abendessen spielten sie zusammen Tennis oder ruderten gegeneinander auf dem Fluß. »Wenn ich dich nicht mehr schlagen kann, werde ich wissen, daß ich tot bin«, spottete Matthew. Er ging nicht ins Krankenhaus, sondern zog es vor, im Red House zu bleiben. Für William vergingen die Wochen langsam und doch zu schnell. Jeden Morgen, wenn er erwachte, fragte er sich, ob sein Freund noch lebte.
Matthew starb an einem Donnerstag. Vierzig Seiten von »Vom Winde verweht« blieben ungelesen.
    Das Begräbnis fand in New York statt, und William und Kate

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