Archer Jeffrey
Tische und Bänke leer. Er befahl seinen beiden Küchenchefs, die Mahlzeiten zuzubereiten, und den Ordonnanzen, tausend Kartoffeln zu schälen, während er sich auf die Suche nach dem diensthabenden Offizier machte.
Abel ging direkt zum Zelt von Brigadekommandant John Leonard, um zu erfahren, was vorging. Fortwährend wurden Bahren mit Toten oder - noch schlimmer - sterbenden Soldaten vorübergetragen, deren Anblick unter normalen Umständen jeden krank gemacht hätte; in Remagen schienen sie zum Alltag zu gehören. Als Abel das Zelt betreten wollte, stürzte General Leonard, begleitet von seinem
Adjutanten, heraus. Im Weitergehen unterhielt er sich mit Abel. »Was kann ich für Sie tun, Oberst?«
»Ich ließ eben die Mahlzeiten für Ihr Bataillon zubereiten, wie es
der gestrige Befehl verlangt, Sir. Was…?«
»Kümmern Sie sich nicht um die Mahlzeiten, Oberst. Lieutenant Burrows von der 9. Division entdeckte heute bei Tagesanbruch nördlich von Remagen eine unbeschädigte Eisenbahnbrücke; ich gab Befehl, sie sofort zu überqueren und am Ostufer des Rheins einen Brückenkopf zu errichten. Bis jetzt war es den Deutschen gelungen, jede Rheinbrücke zu sprengen, lange vor unserer Ankunft; wir können nicht warten, bis sie diese auch vernichten.«
»Ist die 9. hinübergekommen?« fragte Abel erregt.
»Natürlich«, erwiderte der General, »aber sie sind auf heftigen Widerstand gestoßen, als sie den Wald am anderen Flußufer erreichten. Die ersten Abteilungen wurden in einen Hinterhalt gelockt und weiß Gott, wie hoch unsere Verluste sind. Sie müssen also Ihre Mahlzeiten selbst essen, Oberst, denn mein einziges Interesse ist es, möglichst viele Leute lebendig zurückzubekommen.«
»Kann ich irgend etwas tun?« fragte Abel.
Der Kommandant blieb einen Moment stehen und schaute den fetten Oberst an. »Wie viele Leute haben Sie unter Ihrem direkten Befehl?«
»Einen Leutnant, einen Feldwebel, zwei Obergefreite und achtundzwanzig Mann; zweiunddreißig, mich selbst eingeschlossen.« »Gut. Melden Sie sich mit Ihren Leuten beim Feldlazarett und bringen Sie so viele Verwundete und Tote zurück, wie Sie können.«
»Ja, Sir«, sagte Abel und lief den ganzen Weg zurück zur Feldküche, wo seine Leute in einer Ecke saßen und Zigaretten rauchten. Niemand bemerkte ihn, als er das Zelt betrat.
»Auf, ihr Faulpelze. Wir haben zur Abwechslung etwas Wirkliches zu tun.«
Zweiunddreißig Mann standen Habtacht.
»Mir nach«, rief Abel, »in Zweierreihen.«
Er drehte sich um und lief, diesmal zum Feldlazarett. Ein junger Arzt instruierte eben fünfzehn Sanitäter, als Abel und seine atemlosen, ungeübten Leute den Eingang erreichten.
»Kann ich etwas für Sie tun, Sir?« fragte der Arzt.
»Nein, ich möchte etwas für Sie tun«, antwortete Abel. »Ich habe zweiunddreißig Mann, die von General Leonard abkommandiert wurden, um sich Ihrer Gruppe anzuschließen« - seine Leute hörten es zum erstenmal.
Erstaunt starrte der Arzt den Oberst an. »Ja, Sir.«
»Nennen Sie mich nicht Sir«, sagte Abel. »Wir sind hier, um Ihnen zu helfen.«
»Ja, Sir«, wiederholte der Arzt.
Er gab Abel einen Pappkarton mit Armbinden des Roten Kreuzes, die die Köche, die Küchenhelfer und die Kartoffelschäler überstreiften, während der Arzt mit seinen Instruktionen fortfuhr und Einzelheiten von den Kämpfen im Wald jenseits des Rheins bekanntgab.
»Die 9. hat schwere Verluste erlitten«, fuhr er fort. »Soldaten mit medizinischer Ausbildung bleiben in der Kampfzone, während alle anderen möglichst viele Verwundete in dieses Feldlazarett zurückbringen sollen.«
Abel war glücklich, zur Abwechslung einmal etwas Positives tun zu können. Der Arzt, der jetzt eine Truppe von neunundvierzig Leuten um sich versammelt hatte, gab achtzehn Bahren aus, und jeder Soldat erhielt eine Erste-Hilfe-Ausrüstung. Dann führte er sein Trüppchen zur Ludendorff-Brücke. Abel ging knapp einen Meter hinter ihm. Als sie durch Schlamm und Regen marschierten, begannen sie zu singen; sobald sie die Brücke erreichten, hörten sie auf zu singen; Bahre um Bahre wurde an ihnen vorbeigetragen. Schweigend marschierten sie im Gänsemarsch den Eisenbahngleisen entlang und sahen die Folgen der Sprengung durch die Deutschen, die die Fundamente der Brücke nicht zerstört hatte. Sie näherten sich dem Wald und dem Feuerlärm; Abel war aufgeregt, dem Feind so nahe zu sein, und gleichzeitig zutiefst entsetzt über die Erkenntnis, was für furchtbare Wunden der Feind seinen
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